Land-Rover-Defender-, Toyota-HZJ- und Iveco-Massif-Besitzer werden an
dieser Stelle eifrig den Kopf schütteln. Das ist auch okay, stellen
sie doch eine überschaubare Minderheit im Lager der Pickup-Käufer
dar.
All jene, die den kleinen Laster als Alltagsauto nutzen, schwere
Anhänger quer durch Europa schleppen und in den Ferien bestenfalls
die Huckepack-Kabine aufbauen, kaufen in erster Linie diejapanischen
Standardmodelle oder die, die einen deutschen Namen tragen. Der
Meistverkaufte stammt dabei von der Marke, die als letzte auf den
Pickup-Zug aufgesprungen ist. Zwar hat man bei VW im Zuge der
Entwicklung auch auf jene Kunden, die ab und zu ins echte Gelände
müssen, Rücksicht genommenund bietet den Amarok mit manuellem
Sechsgang-Getriebe, Untersetzung, zuschaltbarem Allradantrieb und
Differenzialsperre in der Hinterachse an, doch auch bei diesem Modell
ist spätestens dann, wenn das Gelände richtig schwierig wird, Schluss
mit Vortrieb.
Es wäre nicht Volkswagen, hätte man sich nicht auch hier um eine
entsprechende Lösung bemüht. Richtig geländetaugliche Amarok-Modelle
wurden schon bisher vom deutschen Offroad-Tuner Seikel angeboten, im
Extremfall gar mit Portalachsenumbau zum Preis des Basisfahrzeuges.
Ganz neu ist jedoch der Offroad-Amarok aus dem Hause Taubenreuther.
Im Gegensatz zu Seikel auch mit einer echten Österreich-Niederlassung
in Anthering bei Salzburg ausgestattet, hat das heimische
Taubenreuther-Team im Auftrag von Porsche Austria einen Amarok
aufgebaut, wie ihn sich all jene wünschen, die bei uneingeschränkter
Alltagstauglichkeit auch auf echte Geländetauglichkeit angewiesen
sind und nicht über ein uneingeschränktes Budget verfügen.
Jäger, Förster, Bauunternehmer oder Rettungsorganisationen sind es,
die hier angesprochen werden und damit echte Nutzanwender, die ihren
Pickup als Werkzeug sehen, das immer und überall funktionieren muss.
Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, hat Taubenreuther nicht nur
das Reifenprofil optimiert, auch wenn das Allterrain-Profil aus dem
Hause BF Goodrich gleich einmal ins Auge sticht. Darum, dass sich die
17-Zoll-Räder innerhalb der Radkästen frei bewegen können, sorgt ein
OME-Fahrwerk, das die Bodenfreiheit an der niedrigsten Stelle auf
echte 25 Zentimeter erhöht und sowohl auf derStraße, als auch im
Gelände den Komfort in die Höhe schraubt, ganz speziell bei
entsprechender Beladung. Um auch bei höheren Spurrillen keine Schäden
am Fahrzeug zu verzeichnen, hat Taubenreuther mehrere fingerdicke
Schutzplatten am Unterboden montiert, die zusätzlich auch den Gatsch
von Motor, Getriebe und Auspuff fernhalten. Dem Thema Selbstbergung
widmet sich dieser Amarok mit einer großen Warn-Seilwinde an der
Front und einer Hilfswinde auf der Ladefläche. Von vorn ist dabei nur
das Seilfenster zu sehen, der Rest verschwindet hinter der
Stoßstange, wodurch auch der TÜV hier seinen Segen gibt. Die Winde
auf der Ladefläche ist jene, die im Alltag vermutlich öfter zum
Einsatz kommt. Mit ihr kann ein Quad oder der Rasenmäher-Traktor auf
die Ladefläche gehievt werden oder natürlich das frisch erlegte
Wildschwein.
Während letzteres vermutlich nicht zusätzlich gesichert werden will,
bieten die speziellen Zurrschienen am Ladeflächenboden die
Möglichkeit, alle anderen Gegenstände sicher zu transportieren. Bei
Nutzung der Ladeflächenwinde bei Nacht kommen auch die
LED-Arbeitsscheinwerfer zum Tragen. Sie leuchten die Ladefläche
souverän aus und blenden den nachfolgenden Verkehr, wenn man
vergisst, sie nach dem Ladevorgang auszuschalten. Dass das in der
Praxis passiert, erscheint dank der roten Warnleuchte am
Armaturenbrett aber ziemlich ausgeschlossen. Eine weitere Warnleuchte
informiert am Fahrerplatz über die Arbeitsbereitschaft der
Seilwinden, deren Bedienung wahlweise über eine Fernbedienung mit
oder ohne Kabel erfolgen kann. Weitere Unterschiede zum
Standardmodell sind im Innenraum, dessen Komfortausstattung sich ganz
nach der Investitionsbereitschaft des Kunden richtet, nicht zu
entdecken.
Die paar Zentimeter mehr Bodenfreiheit sind auch beim Zustieg zu
bemerken, eine Leiter ist aber dennoch nicht notwendig. Als Belohnung
dafür, diese Stufe gemeistert zu haben, wird im Taubenreuther-Modell
auch höher und damit noch besser gesessen. Die Übersicht nach allen
Seiten ist perfekt, auf hinter der Ladeklappe versteckte Kleinwagen
weist die Einparkhilfe verlässlich hin. Das durch das Zubehör
bedingte Mehrgewicht kann die 180-Diesel-PS bis Tempo 100 nicht
beeindrucken, darüber wird die Beschleunigung jedoch zäher, als man
dies vom Serienmodell her kennt. Dabei liegt der Taubenreuther-Amarok
auf der Landstraße überraschend besser als das Serienmodell mit
Straßenreifen, ein Verdienst des OME-Fahrwerks. Das Plus anHöhe und
das grobe Profil wollen aber in jedem Fall mit gut einem Liter mehr
Treibstoff auf 100 Kilometer bezahlt werden.
So richtig in seinem Element ist der kleine Offroad-Truck dort, wo
man mit dem Serien-Pickup nicht oder zumindest nicht ohne Schäden an
Karosserie und Unterboden hinkommt. Auf spitzen Kuppen darf er da,
bedingt durch den langen Radstand, schon Mal aufsitzen. Im
verworfenen Gelände halten die Räder deutlich länger Bodenkontakt und
wenn dann wirklich nichts mehr geht, hilft immer noch die Seilwinde
weiter. Für die einen ist es der zusätzliche Fahrspaß, für die
anderen das Plus an Sicherheit, die der Umbau zur Verfügung stellt.
Schon serienmäßig mit verhältnismäßig viel Offroad-Talent
ausgestattet, kann die Taubenreuther-Version alles noch ein Stück
besser und das im Prinzip fast frei von Nachteilen. Auch der Preis
für den Komplettumbau geht mit rund 9.000 Euro exkl. MwSt. völlig in
Ordnung, auch wenn abhängig vom Einsatzzweck sicher noch das eine
oder andere Extra weggelassen werden kann.