Am Steuer des Turbo S gilt es, sich nur vor sich selbst zu fürchten. Im Alltag ein braver und überraschend bequemer Begleiter mit ausreichend Kofferraum und zumindest der Möglichkeit, eine dritte Person quer zur Fahrtrichtung sitzend in der zweiten Reihe unterzubringen. Gesetzeskonform gefahren findet dieser Porsche mit weniger als 10 Liter Superbenzin auf 100 Kilometer das Auslangen. Unter diesen Bedingungen bleibt auch jede Menge Zeit, all die elektronischen Spielereien zu testen, dem Frühling durch das Schiebedach Zutritt zu gewähren und die neidvollen Blicke der Passanten zu genießen.

Frühmorgens am Gelände des ÖAMTC Fahrtechnikzentrums in Melk dann eine völlig andere Situation. In der aufgehenden Sonne stellt der Turbo S jeden einzelnen seiner zahlreichen Muskel zur Schau. Die erstmals verbaute und auf Knopfdruck ausfahrbare Frontlippe, der sich andächtig aufbäumende Heckflügel, die weit geschwungenen hinteren Kotflügel und die zahlreichen Öffnungen für die nötige Frischluftzufuhr ergeben gemeinsam ein unvergleichliches Bild. Perfektioniert, wohin der Blick auch schweift, gefertigt, als wäre er aus einem Stück gefräst und gleichzeitig modern wie klassisch, das bekommt nur dieses Auto auf die Reihe.

Die Fassade zum Zittern bringt nur, wer die Chance hat, das Ding nicht nur zu fahren, sondern auch artgerecht zu bewegen. Es donnert, es brabbelt, das ist klar zu hören und doch ist von einer Aufdringlichkeit nichts zu merken. Erst jenseits der 4.000 Umdrehungen pro Minute kommt der Racer auch akustisch durch und beglückt damit Fahrer und Umwelt gleichermaßen. Die entsprechende Kraftverteilung beginnt schon deutlich früher und findet bei 6.500 Umdrehungenihren Höhepunkt in Form von 560 Pferden. Porsche ist es dabei gelungen, die Leistung in einer äußerst harmonischen Art und Weise zu liefern und sofern alle Sicherheitssysteme aktiviert sind, kann zumindest auf langen Geraden nichts passieren.

Dass das Fahrtechnikzentrum Melk in erster Linie der Fahrsicherheit dient, gilt es dann auszublenden, wenn alle Hilfen und Fangnetze deaktiviert sind und die Sport+-Taste gedrückt ist. Aus jeder Ecke zieht der Turbo S mit einer derartigen Kraft heraus, dass nur ein kurzer Zupfer am Lenkrad reicht, um das Heck zur Seite zu schwingen. Danke an die hecklastige Auslegung des Allradantriebs. Weite Kurven, enge Kurven, Senken, Kuppen, dieses Auto ist der Beweis dafür, dass es sie noch gibt, die Rennwagen aus der Auslage. Mindestens genauso beeindruckend wie die Beschleunigung ist die Verzögerung. Die Keramikbremsanlage ist ein Genuss, Fading auch unter maximaler Beanspruchung nie ein Thema. Selbst im absoluten Grenzbereich bleibt der Turbo S gut kontrollierbar, das ist Fahrvergnügen in seiner höchsten Form und stellt alle früheren Turbo-Generationen in den Schatten. Schlimmer noch, dieses Auto degradiert alle anderen 911er-Modelle, egal, ob aktuell oder bereits abgelöst, zu subjektiv betrachtet untermotorisierten Spielzeugen.

PORSCHE 911 TURBO S

MOTOR Biturbo-Benzin-Boxermotor

Zylinder: 6

Hubraum: 3.800 cme

Leistung: 412/560 kW/PS

Drehmoment: 700 Nm bei 2.100-4.250 U

KRAFTÜBERTRAGUNG Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe/permanenter Allradantrieb

FAHRZEUGAUFBAU selbsttragende Karosserie/2 Türen/4 Sitzplätze

FAHRWERK (VORDER-/HINTERACHSE) VA McPherson/HA Mehrlenker (aktive Hinterachslenkung)

BREMSEN innenbelüftete Scheiben (Keramik)

LENKUNG (ZAHNSTANGE) servounterstützt

FELGEN/REIFEN VA 245/35 ZR 20; HA 305/30 ZR 20

ABMESSUNGEN; GEWICHTE

Länge/Breite/Höhe: 4.506/1.880/1.296 mm

Radstand: 2.450 mm

Kofferraumvolumen: 115 l

Leergewicht: 1.605 kg

zul. Gesamtgewicht: 1.990 kg

Anhängelast: keine

FAHRLEISTUNGEN

0-100 km/h: 3,1s

V-max: 318 km/h

VERBRAUCH

Stadt/Land/gesamt: 13,2/7,7/9,7 l

Testverbrauch: 11,9 l Super Plus

CO2-AUSSTOSS 227 g/km

PREIS E: ab 243.266,-inkl. NoVA&MwSt

Testwagenpreis E: 253.868,-inkl. aller Abgaben