Die Branchenexperten warnen seit vielen Jahren: Der vom Motoröl
gelieferte Ertrag ist gefährdet. Das Überleben der Kfz-Betriebe kann
das Öl ohnehin nicht sicherstellen.
Der Rohertrag des Motoröls muss für die Werkstätte erhalten bleiben",
so lautet seit Jahrzehnten das Motto in der Kfz-Branche. Und ebenso
lange wird vor dem Verlust des Deckungsbeitrages gewarnt.
Zwischenzeitlich hat dieser Beitrag am Ergebnis eines Autohauses eine
ungesunde Dimension erreicht. Ungesund deshalb, weil das schwarze
Gold überdurchschnittlich viel zum Deckungsbeitrag eines
Kfz-Betriebes beiträgt. Zieht man die Verluste in Betracht, die aus
dem Neuwagengeschäft kommen, hält das Öl -überspitzt formuliert -so
manches Autohaus am Leben. Bei aller Dankbarkeit dem Schmierstoff
gegenüber: Das ist nicht seine Aufgabe und es ist gefährlich.
Natürlich freuen wir uns, wenn diese Situation noch lange erhalten
bleibt, aber es ist leider nicht realistisch. Geringere
Kilometer-Leistungen, höhere Serviceintervalle, kleinere Motoren mit
weniger Öl sowie die langsame Entwicklung der Elektromobilität sind
die natürlichen Feinde des Schmierstoff-Umsatzes. Internet,
Supermarkt und Baumarkt sind die unnatürlichen Gegner, weil hier
Äpfel mit Birnen verglichen werden. Nicht zuletzt ist der
(Verdrängungs-)Wettbewerb das logische Ende eines Übergewinns, der
durch das Motoröl ohne Zweifel entsteht.
Wie aus unserer Umfrage unter den wichtigstenÖllieferanten (ab Seite
6) zu entnehmen ist, unternehmen die Öl-Firmen alle Anstrengungen und
leisten bestmögliche Unterstützung für die Werkstätte, um den Preis
zu rechtfertigen und zu argumentieren. Aber speziell in
wirtschaftlich schlechteren Zeiten wird es immer schwieriger, dem
Autofahrerden Preis abzuverlangen. Der Kunde verliert an Kaufkraft,
ist mündig und weiß mittlerweile bestens Bescheid über das
Preisgefüge. Die Argumentation, dass die Stundensätze zu gering sind,
die Investitionen wegen Herstellervorgaben so hoch und deshalb das Öl
so teuer ist, sind zwar richtig, gehen beim sparenden Kunden aber ins
Leere. Denn wer würde akzeptieren, dass beim Friseur das Haarewaschen
so teuer ist, weil der Friseur sein Überleben mit dem Ertrag am
Shampoo sichert?
Die realistische Frage muss erlaubt sein: Wie lange kann man dem
Kunden denÖl-Preis noch zumuten? Treibt man ihn damit nicht immer
mehr zum Supermarkt und zum Pfuscher oder akzeptiert er das Angebot
aus Vertrauen zu seiner Werkstätte und aus Liebe zu seinem Auto? Wäre
ein Mittelweg nicht langfristig die fairere Lösung?
Eine schwierige Frage. Vermutlich wird die Entscheidung -zumindest
den Markenbetrieben -wieder einmal von ihren Importeuren abgenommen.
Denn die Marken haben den Preiskampf um den Servicekunden längst
eröffnet. Sonderangebote inklusive Ölwechsel werden zukünftig
Realität sein, dabei ist gefälligst das "Original"-Öl des Herstellers
zu verwenden, woher es auch immer kommt. Damit wandert einmal mehr
eine Ertragsmöglichkeit vom Händler zum Hersteller.
Der Unternehmer muss -in Absprache mit seinemÖllieferanten
entscheiden, welche Strategie er gegenüber seinem Kunden fährt. Aber
er muss sich auch auf eine Zukunft ohne überdurchschnittlichen Ertrag
aus dem Ölverkauf einstellen. Denn das Öl allein kann das Autohaus
nicht retten.