Als Ansammlung der weltbesten Motorenentwickler bezeichnete Prof. Dr. Martin Winterkorn, oberster VW-Konzern-Boss, das 35. Wiener Motorensymposium. Gemeinsam mit seinem Vorgänger und jetzigem VW-Aufsichtsratschef Dipl.-Ing. Dr. h.c. Ferdinand Piëch bewies er mit seinem Besuch einmal mehr: Die Auto-Welt oder zumindest deren Techniker treffen sich jährlich in der Wiener Hofburg. Mit 1.000 Teilnehmern war die Veranstaltung in kurzer Zeit ausgebucht. Jährlich reisen zahlreiche Konzernchefs sowie die obersten Entwicklungschefs und Cheftechniker der Automobilkonzerne nach Wien, um sich auszutauschen. Und es findet ein wichtiger Austausch mit der Wissenschaft statt, die eine gewisse Kontrollinstanz darstellt.

Im Gespräch erklärte Prof. Hans-Peter Lenz: "Unsere Aufgabe ist es, die Entwicklungen kritisch und vor allem rechtzeitig zu beobachten." Im Vorjahr und heuer habe man bei eingefleischten Fans der Verbrennungstechnologie eine Erleichterung feststellen können, dass der Elektro-Hype wieder abgeklungen sei.Lenz: "Jetzt treten endlich Elektro-Serienfahrzeuge gegen die bestehenden Modelle an, nicht mehr Prototypen." Er sei gespannt auf den direkten Wettbewerb.

Hersteller offen für alle Technologien

Ein klarer Trend war in der Hofburg trotzdem zu erkennen: nämlich dass es keinen Trend gibt. Die meisten Hersteller präsentieren sich offen für alle realistischen Technologien. Am deutlichsten tut dies der Volkswagen-Konzern. VW wird kein eigenes Modell mit alternativem Antrieb auf den Markt bringen, sondern alle Antriebstechnologien mittels Modularen Querbaukastens (MQB) in bestehende Modelle integrieren. So sollen in den Fabriken alle Technologien Stoßstange an Stoßstange vom Band laufen, je nach Bedarf. Diese Entscheidung ist richtungsweisend für die gesamte Branche. In Wahrheit kann niemand den künftigen Bedarf prognostizieren. Dr. Heinz-Jakob Neußer, VW-Entwicklungsvorstand, sagte sogar, man brauche keine Prognosen, weil man so flexibel auf die Entwicklung reagieren könne. Den "richtigen" Antrieb gebe es momentan nicht, zu unsicher seien die Parameter, deren Entwicklung und deren Preis: Öl, Strom, nachhaltige Energieerzeugung (Energiewende), Stromspeicherung, synthetische Kraftstoffe, Förderungen und natürlich generell die Entwicklung der Mobilität. Denn letztlich hänge es auch vom Einsatzgebiet und von den Anforderungen ab: SUV-Hybrid für Stadt und Land, Kleinwagen für die Stadt oder der Langstreckendiesel für den Außendienst. Aus diesem Grund würden die verschiedenen Antriebe, der Blumenstrauß an Technologien, noch lange parallel zum Einsatz kommen und weiterentwickelt werden: Benzin, Diesel, Gas (Ethanol, CNG), Plug-in-Hybrid, Elektro und bald Wasserstoff.

Potenzial bei Motor und Antriebsstrang

Die "Verbrennerfans" des Motorensymposiums haben noch ansehnliche Effizienzverbesserungen für Benzin und Diesel in der Entwicklung. Bei der Veranstaltung wurden zahlreiche Dreizylinder mit Turboaufladung vorgestellt. Der Powertrain, also der Antriebsstrang, bietet noch Optimierungspotenzial, nachdem das Getriebe in der Vergangenheit nicht im Fokus stand. Und nicht zuletzt wird die Hybridisierung und teilweise Elektrifizierung, wie beispielsweise der E-Lader als Ergänzung zum Turbo, dem Verbrennungsmotor noch ein langes Leben ermöglichen. (GEW)