Auf das Reifenhandelsgeschäft warten gewaltige Herausforderungen,
die, um zu überleben, zwischen Lieferanten-und Handelsseite
einvernehmlich gelöst werden müssen.
Ganz schön die Leviten gelesen
Der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e. V. (BRV)
las im Vorfeld der Fachmesse REIFEN in Essen, vorgetragen mit den
Worten des auf weitere drei Jahre einstimmig wiedergewählten
Vorsitzenden Peter Hülzer, seinen Mitgliedern aus Industrie und
Handel ordentlich die Leviten. Das Gesagte trifft ohne große
Unterschiede auch auf die Gemütslage des Verbands der
Reifenspezialisten Österreichs (VRÖ) zu, der im BRV assoziiert ist.
Einbrechende Erträge, hervorgerufen durch Marktrückgang,
Warenüberdruck und internetverursachte Preistransparenz, machen es
dem Reifen(fach)handel schwer, geordnet in die Zukunft zu planen.
Irgendwie kopflos ist das alles!
Wieder fordern die Verbände die Industrie auf, gemeinsam mit dem
Handel Zukunftssicherung zu betreiben. "Oder geht es den Herstellern
nur um die Produktion und die kontrollierte Distribution ihrer
Reifen?", stellte Hülzer diese Frage in den Raum, um weitere
Argumente zu ergreifen: "Nicht zu realisierende Absatzpläne und die
mangelnde Bereitschaft zur Lagerhaltung seitens der Industrie -bei
gleichzeitiger Kürzung der Zahlungsziele -drängen den
Reifen(fach)handel weiter ins Abseits."
Absatzpläne dem Sell-out-Realismus anpassen
Auch unter dem Aspekt, dass aus fertigungstechnischen Gründen es auch
die Industrie nicht immer leicht hat, müssen Absatzpläne laufend den
Sell-out-Gegebenheiten angepasst werden. "Die Strategie der möglichst
geringen Lagerbestände am Ende einer Saison bedarf des Überdenkens",
schreit es aus Hülzers Vortragspapier. "Die Ware sucht sich ihre
Ventile", zeigen Aktionen wie von Lidl ihre Auswirkungen. An die
Industrie gewendet, fordert der Verband deren Verantwortung ein, dass
Absatzkanäle gesteuert, überwacht und verpflichtet werden,
qualitative Vermarktung zu betreiben. Darob kartellrechtliche Gründe
einzuwenden, um sich dieser Verantwortung insbesondere gegenüber dem
Großhandel zu entziehen, haben für Hülzer eher die Anmutung eines
Alibis für "die Dinge geschehen lassen".
Drohgespenst Internet
Auch wenn der Onlinehandel weiter stark wachsen wird, so wird der
stationäre Handel nicht gänzlich verschwinden. Denn Service kann das
Internet nicht leisten. Nichtsdestotrotz bedrängen die neuen
Onlinevertriebsformen vor allem die klassischen Handelsformate. Ergo
fordern die Verbandsgewaltigen, gemeinsam mit der Industrie
tragfähige Vermarktungskonzepte zu entwickeln. Bislang sei die
Bereitschaft dazu enden wollend, kritisiert Hülzer.
Verharren in alten Strukturen gefährlich
Wir steigen in den Onlinezug, ohne zu wissen, wohin er fährt. Aber
wir müssen dabei sein. Viel Geld und langer Atem sind gefordert und
es gibt keine Alternative dazu. AUTO&Wirtschaft bringt in der
nächsten Ausgabe ein "REIFEN EXTRA", wo -unter Betonung auf die
heimische Sicht der Marktlage -neben dem Tagesgeschäft der im vollen
Gang befindliche Strukturwandel im Zentrum steht. Nicht zuletzt das
Thema RDKS wird den Wandel zu innovativen Dienstleistungen bestimmen.
Der Verbraucher wird die Modifikation des Geschäftsmodells
Reifen(fach)handel auf seine Weise würdigen. (LUS)