Der Anlass war trivial: Der steirische Jungwinzer Philipp Kainz hat am 15. März 2012 einem Nachbarn um 9.000 Euro seinen BMW 330d abgekauft. Nach dessen Angaben hatte der 203 PS starke Bolide 169.900 Kilometer am Buckel und war "unfallfrei ". Ein Ankaufstest schien aufgrund des nachbarschaftlichen Vertrauens nicht erforderlich.

Erster Verdacht

Eine Woche später wurde das Auto bei Toyota Gady in Bad Waltersdorf einer §-57a-Überprüfung unterzogen. Drei Mängel wurden behoben, damit schien alles in Ordnung. Doch dann entwickelte der BMW atypische Mucken. Ein Test am Leistungsprüfstand ergab, dass unter der Motorhaube nicht die typisierten 203 PS, sondern 280 PS schlummerten -was aus fachlicher Sicht einen atypischen Verschleiß erklärlich machte.

Das Testergebnis machte den vertrauensseligen Winzer stutzig. Er besorgte sich bei Gady das Duplikat einer früheren §-57a-Überprüfung. Da hatte der BMW am 19. Februar 2010 erst 129.206 Kilometer am Buckel. Das hieß, dass Auto musste in den zwei vorhergehenden Jahren rund 40.700 Kilometer unterwegs gewesen sein. Weitere Recherchen ergaben, dass der Verkäufer auch Kunde der Helmut Dorn GmbH in Hartbergwar. Dort existierte noch die Kopie des Anmeldegutachtens des BMW vom 18. April 2007 mit 136.218 Kilometern.

Keine Einsicht

Daraufhin riss Kainz die Geduld. Er verlangte vom Verkäufer "tätige Reue": Er möge sich das Auto behalten und die 9.000 Euro wieder herausrücken. Doch der Nachbar winkte kühl ab. Von einem unerlaubten Motortuning könne keine Rede sein. Er habe bei der Firma Korbel in Hartberg lediglich die Abgaswerte prüfen lassen. Und bei den §-57a-Aufzeichnungen müsse es sich um einen Schreibfehler der Werkstätte handeln. Er habe jedenfalls nie am Tacho gedreht.

Klare Indizien

So landete der Akt beim Staatsanwalt, der den Grazer Kfz-Sachverständigen Peter Vyskocil mit der Klärung der verschwundenen Kilometer beauftragte. Dieser ortete bei einer Befundaufnahme bei BMW Harmtodt in Grafendorf einen schlecht reparierten Schaden an der C-Säule des BMW. Eine Rückfrage bei der Firma Korbel förderte einen Kassenzettel vom 30. April 2007 über 350 Euro für "Drehmoment-und Spritoptimierung" zutage. Mit nicht typisierten 281 PS entspreche das Fahrzeug nicht den Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes.

Nur beim Tachostand musste der Sachverständige passen. Den konnte er nur rekonstruieren: Der BMW wurde am 14. April 2007 von Angert Automobile in München mit 135.008 Kilometern an den Beschuldigten verkauft. Am 18. April 2007 ließ dieser bei der Firma Dorn bei 136.218 Kilometern die §-57a-Überprüfung durchführen. Am 19. Februar 2010 hatte dieser BMW bei Toyota Gady aber nur noch 129.206 Kilometer. Dennoch: "Ein direkter Nachweis über eine Manipulation konnte über die Auslesung der Steuergeräte nicht nachgewiesen werden."

Die sachkundige Begründung: "Bei gut ausgeführten Tacho-Manipulationen werden die Aufzeichnungen in den Steuergeräten gelöscht und mit dem "neuen Kilometerstand" überschrieben. Daher ist bei diesem älteren Fahrzeugtyp ein Auslesen in der üblichen Form noch nicht möglich. Bei moderneren Typen ist heute der Kilometerstand auch in anderen Komponenten (zum Beispiel Getriebe, Hinterachse etc.) hinterlegt und kann mit normalen Mitteln nicht manipuliert werden. Möglicherweise könnten die gegenständlichen Steuergeräte im Detail von den Herstellern ausgelesen werden, indem die überschriebenen Daten rekonstruiert werden können."

Eindeutiges Urteil

Doch das Strafgericht ließ nicht locker: Die Einvernahme des Korbel-Geschäftsführers Mike Jelinek ergab, dass der Beschuldigte die 350 Euro für ein Chiptuning bezahlt hatte. Weitere gerichtliche Erhebungen bei den Kfz-Versicherungen des Beschuldigten förderten eine Schadensbesichtigung zutage, in der ebenfalls ein Kilometerstand ausgewiesen war. Und der deckte sich mit dem des §-57a-Gutachtens von Gady. Was der Hartberger Richterin -auch ohne technischen Nachweis der Tachomanipulation -letztlich für eine Betrugsverurteilung ausreichte.