Es ist klar, dass die Standpunkte in dieser Frage auseinanderklaffen: Die Versicherungen pochen auf die "Schadensminderungspflicht" der Geschädigten. In einem Urteil des Landesgerichtes Wien (64 R127/13v) wurde der Generali Versicherung nun "Im Namen der Republik" die aktuelle Rechtslage erläutert.
Die Arbeiterkammer kritisiert, dass die Versicherungen bei der Beurteilung der "Tunlichkeit" einer Reparatur meist die Wünsche des Geschädigten zugunsten einer für sie billigeren Totalschadensabrechnung unberücksichtigt lassen. Ebenso dessen Möglichkeiten, mit der Verwendung von Nachbauteilen und gebrauchten Ersatzteilen und mit einer Selbstreparatur die Kosten erheblich zu mindern. Mit der Folge, dass im Grenzbereich ein Totalschadensfall vermieden werden kann, falls die so reduzierten Reparaturkosten die "Tunlichkeitsgrenze" von 110 Prozent des Zeitwertes nicht überschreiten.
Versicherung lehnte ab, Anwalt klagte
Im konkreten Fall wurde ein Mitsubishi Canter 41 aus dem Jahr 1994 schwer beschädigt. Die Reparatur in einer Fachwerkstätte wurde von der Generali auf rund 15.000 Euro geschätzt, der Zeitwert des Fahrzeugs mit 1.500 Euro und der Restwert mit 200 Euro ermittelt. Der Geschädigte führte die Reparatur in Eigenregie durch und wollte dafür 6.105 Euro erhalten.
Der Kfz-Anwalt Dr. Martin Brenner klagte die Kosten der Zeitwertreparatur ein. Die Generali lehnte ab. Sie habe lediglich den von ihr ermittelten Zeitwert zu ersetzen, da die Kosten der Zeitwertreparatur diesen Betrag um 300 Prozentüberschritten. Der Geschädigte hätte sich ein ähnliches Fahrzeug eines anderen Typs besorgen können, habe daher seine Schadensminderungspflicht verletzt.
Ein unabhängiger Sachverständiger ermittelte aufgrund des relativ niedrigen Tachostandes und des Zustands des Fahrzeuges den Wiederbeschaffungswert des Fahrgestells mit ca. 4.000 Euro. Für den Umbau des Kofferaufbaus samt Typisierung wurden weitere 2.000 Euro veranschlagt, worauf das Bezirksgericht die Generali zur Zahlung verurteilte.
Diese Entscheidung wurde nun vom Berufungsgericht bestätigt. Wie schon zuvor die Arbeiterkammer verwies es auf den §1323 ABGB. Um den verursachten Schaden zu ersetzen, muss alles in den vorigen Stand zurückversetzt werden Wenn dies nicht tunlich ist, muss der Schätzwert vergütet werden. Das Gericht verwies auf das "Primat der Naturalrestitution",weil "dieses dem den Schadenersatz innewohnenden Ersatzgedanken am Besten entspricht." Nur wenn die Naturalherstellung nicht möglich oder nicht tunlich ist, muss Geldersatz geleistet werden.
Altes Urteil aus dem Jahr 1985 herangezogen
Die fiktiven Reparaturkosten von 15.000 Euro würden den vom Gericht ermittelten Zeitwert wesentlich übersteigen. Im konkreten Fall wurde jedoch eine Zeitwertreparatur unter Verwendung gebrauchter Ersatzteile -durchgeführt. Das Berufungsgericht zog daher eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (8Ob82/85) aus dem Jahr 1985 zu Rate. Und kam zu dem Ergebnis, dass "von einer Untunlichkeit der Reparatur, welche die Abrechnung auf Totalschadensbasis rechtfertigen würde, keine Rede sein kann".
Bei diesem alten Streitfall wurde die Reparatur "zwar sparsam, aber dennoch ordnungsgemäß durch eine Werkstätte durchgeführt. Durch Ausrichten beschädigter Teile und Verwendung von gebrauchten Ersatzteilen konnte der Reparaturaufwand mit 100.950,48 Schilling besonders niedrig gehalten werden. Eine Wiederherstellung des vor dem Unfall bestehenden Zustands unter Verwendung von Neuteilen hätte rund 130.000 Schilling erfordert. Der Zeitwert betrug ATS 100.000 Schilling.
Ausgehend von diesen Erwägungen waren für das Berufungsgericht die von Anwalt Brenner eingeklagten Kosten der Zeitwertreparatur durchaus "tunlich". Schließlich lagen sie nur knapp über dem Wiederbeschaffungswert von 6.000 Euro. Generali wurde auch in zweiter Instanz zur Zahlung verurteilt.
Alle Eventualitäten abklären
Dr. Johann Kriegner als Konsumentenschützer der Arbeiterkammer Oberösterreich rät daher allen Geschädigten, sich nicht mit Totalschadensabrechnungen der gegnerischen Versicherung abspeisen zu lassen. Und empfiehlt den Sachverständigen, "mit dem Geschädigten allfällige Reparaturvarianten abzuklären, damit dieser eine für ihn passende Entscheidung treffen kann". Eine derartige konkrete Reparaturvariante sollte anschließend -zusätzlich zur "Standardschätzung" - im SV-Gutachten aufscheinen. (KNÖ)
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