Welche Erwartungen hegen Sie für das Geschäft in der heurigen Sommerreifen-Saison?

Claus-Christian Schramm, Goodyear Dunlop: Laut unseren aktuellen Analysen sind rund 30 Prozent der im Reifenhandel eingelagerten Kundenreifenälter als 6 Jahre und mehr als 20 Prozent der Reifen weisen ein Profil unter 3 mm auf. Hier sehen wir ein großes Potenzial für den Handel. Außerdem gehen wir davon aus, dass das Reifenlabel mittlerweile vermehrt in den Kaufentscheidungsprozess einbezogen wird und wir hier mit unserem Top-Label-Sortiment noch stärker beim Konsumenten punkten werden. Durch die Vielfalt an Fahrzeugmodellen in Österreich erwarten wir eine weiterhin steigende Nachfrage nach "High-End-Produkten", wie ROF-, 4x4-, HP-und UHP-Reifen.

Dominik Schwarz, Michelin: Wir sehen eine Stabilisierung bzw. ein leichtes Wachstum im Sell-out. Aber wir rechnen auch mit größerem Preisdruck, der durch wachsende Transparenz im Internet ausgelöst wird.

Roman Schneider, Cooper Tires: Wir gehen davon aus, dass der Trend zu niedrigen Bevorratungen anhält, speziell im Einzelhandel. Der Einzelhandel ist immer weniger dazu bereit, sich große Posten an Lager zu nehmen. Im Sell-out erwarten wir ähnliche Zahlen wie in der letzten Saison. Beim Großhandel sollte sich die Lagersituation entspannt haben, sodass wir hier höhere Bevorratungsquoten erwarten.

Christian Mielacher, Pirelli: Im letzten Jahr hat es vor allem im 1. Quartal starke Rückläufe im Pool gegeben. Wir gehen davon aus, dass sich die Überlagersituation verbessert hat. Aus diesem Grund wird der Pool ein deutliches Plus im Vergleich zum Vorjahr zeigen. Auch für den Handel erwarten wir eine Steigerung, wobei diese im Vergleich zu Industrie an Handel deutlich niedrigerausfallen wird.

Welche aktuelle Empfehlung können Sie dem Reifenhandel zur Optimierung des Geschäfts geben?

Dr. Andrea Appel, Semperit: Den Stein des Weisen haben auch wir nicht gefunden. Im Konzentrationsprozess werden sich die Besten durchsetzen. Diesen Prozess unterstützen wir nach bestem Wissen und Gewissen und in vielen kleinen Schritten. Der Erfolg hängt letztlich vom gegenseitigen positiv besetzten Willen ab, die Dinge zu bewegen.

Sonja Eckhart, Kumho: Die Stärken des Reifenhandels sind gut ausgebildete Mitarbeiter und persönlicher Service.

Christian Mielacher, Pirelli: Wie auch in den letzten Jahren wird es notwendig sein, stark mit der Industrie zusammenzuarbeiten. Die Marktsituation ist für Handel und Industrie sehr herausfordernd. Um das Geschäft zu optimieren, braucht es einen neuen Zugang. Information über Sicherheit, Qualität, Homologationen gehört dem Endverbraucher auf eindringliche Art und Weise weitergegeben. Das Bewusstsein schaffen, dass bei allen Spargedanken, der Reifen das Bindeglied zur Straße ist und daher der größte Sicherheitsfaktor, hat oberste Priorität.

Dominik Schwarz, Michelin: Die beste Entwicklungsmöglichkeit sehen wir im Bereich der Dienstleistung bzw. Spezialisierung (Mobiles Service, RDKS ) aber auch in der Nischenarbeit wie EModer Industriereifen. Auch eine Konzentration auf das Leben von Qualitätspartnerschaften sehen wir langfristig zielführend. Das von Michelin Ende 2010 eingeführteQualitätspartnerprogramm will seine Vertriebspartner weiter stärken und die Serviceleistung noch besser auf die steigenden Ansprüche der Kunden abstimmen.

Günther Riepl, Falken: Eine solide Grundbevorratung ist die Voraussetzung. Ansonsten sind wie in der Vergangenheit die wichtigen Säulen für eine erfolgreiche Sommersaison: ein motiviertes Serviceund Verkaufsteam sowie verlässliche Lieferanten. Wir von Falken Tyre Europe (FTE) sind bemüht, ein solcher Lieferant zu sein.

Roman Schneider, Cooper: Der Handel sollte sich auf sein eigentliches Geschäft besinnen: den Handel mit Reifen. Das Verschieben von großen Posten zu geringen Margen birgt große Gefahren, ebenso das reine Geschäft auf den Plattformen, wo sich zu viele Anbieter tummeln, die mit zu geringen Margen agieren. Die Konsequenzen daraus liegen auf der Hand. Faire Preise solltenallen Teilnehmern die benötigten Margen garantieren. Im Einzelhandel sollte der Händler Wert darauf legen, sein Sortiment so zusammenzustellen, dass er die verschiedenen Preisstufen abbilden und sich unter Umständen auch von seinen Mitbewerbern abheben kann.

Karl Kühschweiger, Nokian: Die Händler müssen mit Service-Gedanken den Kunden am Hof halten. Der Österreicher ist grundsätzlich ein treuer und bequemer Mensch. Deshalb glaube ich nicht, dass das Internet so stark ist in Österreich. Aber es macht uns große Schwierigkeiten mit den Preisen. Und die Preisentwicklung ist problematisch. Ich sehe es als Aufgabe der Industrie, den Großhandel dazu zu bringen, dass der Reifenhandel wieder Geld verdient.

Claus-Christian Schramm, Goodyear Dunlop: Der Reifenfachhandel kann mit einem umfassenden Leistungspaketüberzeugen, angefangen bei der langjährigen Kundenbeziehung, Fachberatung, Montage, Service, Einlagerung, über die Altreifenentsorgung bis hin zu speziellen Öffnungszeiten und guter telefonischer Erreichbarkeit während der Saison. Hinzu kommt die Möglichkeit der Profilierung im Rahmen der sukzessiven Einführung von RDKS über die Erstausrüstung.

Welche Rolle messen Sie der Onlinevermarktung zu?

Thomas Körpert, Vredestein: Speziell bei der jüngeren Kundschaft wird das Internet immer wichtiger und gängiger. Kunden suchen aber nicht unbedingt den billigsten Preis, sondern nutzen das Medium außerhalb der "normalen" Geschäftszeiten, um in Ruhe und bequem von der Wohnzimmerbank aus den Reifenkauf abzuwickeln. Wichtig ist daher für den österreichischen Fachhandel sicht-und findbar zu sein. Onlinehandel ist sicher das am stärksten wachsende Marktsegment.

Sonja Eckhart, Kumho: Immer mehr Menschen kaufen heutzutage in Onlineshops ein. Nicht nur der Preisvergleich ist im Internet denkbar einfach, eine wichtige Rolle spielen auch die Erfahrungen und Bewertungen anderer Käufer. Auch wenn man nicht gleich online bestellt, nutzen viele das Internet, um sich vor dem Kauf über das Produkt zu informieren. Händler sollten beachten, dass die Kunden wesentlich informierter und zum Teil auch mit einer bereits festgelegten Meinung in den Shop kommen als noch vor einigen Jahren. In den Shops kann man daher mit gut ausgebildeten Mitarbeitern und Fachgesprächen punkten.

Claus-Christian Schramm, Goodyear Dunlop: Wir schätzen den Anteil der Onlinevermarktung in Österreich mit 8 Prozent vergleichsweise niedrig ein. Die Medien empfehlen Konsumenten, Reifen beim Fachhandel zu kaufen. Dort erhält man kompetente Beratung und kann sich z. B. im Falle von Reklamationen an seine Vertrauensperson wenden. Mit POS-Marketingmaßnahmen und unserer Reifengarantie versuchen wir, den Reifenfachhandel zu unterstützen. Diese zusätzliche Garantieleistung gilt für UHP-Reifen der Marken Goodyear und Dunlop, die von Goodyear Dunlop Tires Austria an den österreichischen Reifenhandel geliefert und dort gekauft werden. Die starke Präsenz von Reifenhandels-Fachbetrieben und deren intensiver Kundenkontakt wirken der Konkurrenz aus dem Onlinereifenvertrieb mit kompetenter Beratung entgegen.

Christian Mielacher, Pirelli: Die Onlinevermarktung nimmt stark zu. Nicht nur im B2B-,sondern auch im B2C-Bereich. Dieser Trend setzt sich fort. Dabei ist nicht immer der Preis ausschlaggebend. Das Einkaufsverhalten im Handel, aber auch des Endverbrauchers, hat sich deutlich geändert. Dieses Geschäftsmodell birgt aber auch einige Risken. Reifenalter, Lagerung und damit Qualität der Reifen sind nicht wirklich prüfbar. Diese Erfahrung haben vor allem Endverbraucher gemacht.

RDKS, EU-Labeling: Was ist zu tun?

Günther Riepl, Falken: Aufgrund der EU Verordnung müssen spätestens ab 1.11.2014 alle Neuwagen mit RDKS ausgestattet sein. Der Reifenfachhandel bereitet sich daher bereits seit einiger Zeit auf diese Situation vor. Denn aufgrund des kommenden Montagemehraufwandes macht RDKS Änderungen in puncto Ablauforganisation und auch in puncto Betriebswirtschaftlichkeit notwendig. Ein Räderwechsel kann bis ca. 20 Minuten höheren Zeitaufwand bedeuten, dies muss auch dem Endverbraucher bewusst sein und verständlich gemacht werden.

Christian Mielacher, Pirelli: RDKS ist mit Sicherheit die große Herausforderung für die kommenden Saisonen. Der Handel hat sehr viel Zeit und Anstrengung investiert, um auf dieses Thema gut vorbereitet zu sein. In Bezug auf das EU-Labeling wäre es sicher sinnvoll, diese Möglichkeit als Marketinginstrument zu nutzen.

Thomas Körpert, Vredestein: Bei RDKS ist mit der Schulung der Mitarbeiter und mit der Anschaffung des nötigen Equipments so rasch wie möglich zu beginnen. Die ersten Fahrzeuge mit RDKS-Sensoren sind bereits auf der Straße. Den ersten Kontakt mit diesem Thema erwarten wir mit der nächsten Wintersaison.Natürlich sind alle Arbeitsprozesse und Planungen auf den erhöhten Aufwand hin auszurichten. Auch eine transparente und klare Kalkulation ist notwendig, um den doch erheblichen Mehraufwand auch an den Endkunden verrechnen zu können. Zeitgleich muss aber auch der Endkunde auf den zusätzlichen Mehraufwand und die zusätzlichen Kosten hingewiesen werden. Für das EU-Labeling, denken wir, sind keine weiteren Maßnahmen notwendig! Aus unserer Erfahrung ist dieses Thema am Endkunden spurlos vorbeigegangen. Die gesetzlichen Pflichten sind natürlich einzuhalten, aber besondere Maßnahmen scheinenuns nicht notwendig. (RED)