In der REIFEN-&-Wirtschaft-Umfrage nehmen die Spitzen der
Reifenindustrie Stellung: Leere Lager machen die Industrie
optimistisch für das Reifenjahr 2014. Die Herausforderungen -vor
allem für den Handel -werden mit Internethandel, sinkenden Margen,
RDKS und Reifenlabel nicht weniger.
Welche Erwartungen hegen Sie für das Geschäft in der heurigen
Sommerreifen-Saison?
Claus-Christian Schramm, Goodyear Dunlop: Laut unseren aktuellen
Analysen sind rund 30 Prozent der im Reifenhandel eingelagerten
Kundenreifenälter als 6 Jahre und mehr als 20 Prozent der Reifen
weisen ein Profil unter 3 mm auf. Hier sehen wir ein großes Potenzial
für den Handel. Außerdem gehen wir davon aus, dass das Reifenlabel
mittlerweile vermehrt in den Kaufentscheidungsprozess einbezogen wird
und wir hier mit unserem Top-Label-Sortiment noch stärker beim
Konsumenten punkten werden. Durch die Vielfalt an Fahrzeugmodellen in
Österreich erwarten wir eine weiterhin steigende Nachfrage nach
"High-End-Produkten", wie ROF-, 4x4-, HP-und UHP-Reifen.
Dominik Schwarz, Michelin: Wir sehen eine Stabilisierung bzw. ein
leichtes Wachstum im Sell-out. Aber wir rechnen auch mit größerem
Preisdruck, der durch wachsende Transparenz im Internet ausgelöst
wird.
Roman Schneider, Cooper Tires: Wir gehen davon aus, dass der Trend zu
niedrigen Bevorratungen anhält, speziell im Einzelhandel. Der
Einzelhandel ist immer weniger dazu bereit, sich große Posten an
Lager zu nehmen. Im Sell-out erwarten wir ähnliche Zahlen wie in der
letzten Saison. Beim Großhandel sollte sich die Lagersituation
entspannt haben, sodass wir hier höhere Bevorratungsquoten erwarten.
Christian Mielacher, Pirelli: Im letzten Jahr hat es vor allem im 1.
Quartal starke Rückläufe im Pool gegeben. Wir gehen davon aus, dass
sich die Überlagersituation verbessert hat. Aus diesem Grund wird der
Pool ein deutliches Plus im Vergleich zum Vorjahr zeigen. Auch für
den Handel erwarten wir eine Steigerung, wobei diese im Vergleich zu
Industrie an Handel deutlich niedrigerausfallen wird.
Welche aktuelle Empfehlung können Sie dem Reifenhandel zur
Optimierung des Geschäfts geben?
Dr. Andrea Appel, Semperit: Den Stein des Weisen haben auch wir nicht
gefunden. Im Konzentrationsprozess werden sich die Besten
durchsetzen. Diesen Prozess unterstützen wir nach bestem Wissen und
Gewissen und in vielen kleinen Schritten. Der Erfolg hängt letztlich
vom gegenseitigen positiv besetzten Willen ab, die Dinge zu bewegen.
Sonja Eckhart, Kumho: Die Stärken des Reifenhandels sind gut
ausgebildete Mitarbeiter und persönlicher Service.
Christian Mielacher, Pirelli: Wie auch in den letzten Jahren wird es
notwendig sein, stark mit der Industrie zusammenzuarbeiten. Die
Marktsituation ist für Handel und Industrie sehr herausfordernd. Um
das Geschäft zu optimieren, braucht es einen neuen Zugang.
Information über Sicherheit, Qualität, Homologationen gehört dem
Endverbraucher auf eindringliche Art und Weise weitergegeben. Das
Bewusstsein schaffen, dass bei allen Spargedanken, der Reifen das
Bindeglied zur Straße ist und daher der größte Sicherheitsfaktor, hat
oberste Priorität.
Dominik Schwarz, Michelin: Die beste Entwicklungsmöglichkeit sehen
wir im Bereich der Dienstleistung bzw. Spezialisierung (Mobiles
Service, RDKS ) aber auch in der Nischenarbeit wie EModer
Industriereifen. Auch eine Konzentration auf das Leben von
Qualitätspartnerschaften sehen wir langfristig zielführend. Das von
Michelin Ende 2010 eingeführteQualitätspartnerprogramm will seine
Vertriebspartner weiter stärken und die Serviceleistung noch besser
auf die steigenden Ansprüche der Kunden abstimmen.
Günther Riepl, Falken: Eine solide Grundbevorratung ist die
Voraussetzung. Ansonsten sind wie in der Vergangenheit die wichtigen
Säulen für eine erfolgreiche Sommersaison: ein motiviertes Serviceund
Verkaufsteam sowie verlässliche Lieferanten. Wir von Falken Tyre
Europe (FTE) sind bemüht, ein solcher Lieferant zu sein.
Roman Schneider, Cooper: Der Handel sollte sich auf sein eigentliches
Geschäft besinnen: den Handel mit Reifen. Das Verschieben von großen
Posten zu geringen Margen birgt große Gefahren, ebenso das reine
Geschäft auf den Plattformen, wo sich zu viele Anbieter tummeln, die
mit zu geringen Margen agieren. Die Konsequenzen daraus liegen auf
der Hand. Faire Preise solltenallen Teilnehmern die benötigten
Margen garantieren. Im Einzelhandel sollte der Händler Wert darauf
legen, sein Sortiment so zusammenzustellen, dass er die verschiedenen
Preisstufen abbilden und sich unter Umständen auch von seinen
Mitbewerbern abheben kann.
Karl Kühschweiger, Nokian: Die Händler müssen mit Service-Gedanken
den Kunden am Hof halten. Der Österreicher ist grundsätzlich ein
treuer und bequemer Mensch. Deshalb glaube ich nicht, dass das
Internet so stark ist in Österreich. Aber es macht uns große
Schwierigkeiten mit den Preisen. Und die Preisentwicklung ist
problematisch. Ich sehe es als Aufgabe der Industrie, den Großhandel
dazu zu bringen, dass der Reifenhandel wieder Geld verdient.
Claus-Christian Schramm, Goodyear Dunlop: Der Reifenfachhandel kann
mit einem umfassenden Leistungspaketüberzeugen, angefangen bei der
langjährigen Kundenbeziehung, Fachberatung, Montage, Service,
Einlagerung, über die Altreifenentsorgung bis hin zu speziellen
Öffnungszeiten und guter telefonischer Erreichbarkeit während der
Saison. Hinzu kommt die Möglichkeit der Profilierung im Rahmen der
sukzessiven Einführung von RDKS über die Erstausrüstung.
Welche Rolle messen Sie der Onlinevermarktung zu?
Thomas Körpert, Vredestein: Speziell bei der jüngeren Kundschaft wird
das Internet immer wichtiger und gängiger. Kunden suchen aber nicht
unbedingt den billigsten Preis, sondern nutzen das Medium außerhalb
der "normalen" Geschäftszeiten, um in Ruhe und bequem von der
Wohnzimmerbank aus den Reifenkauf abzuwickeln. Wichtig ist daher für
den österreichischen Fachhandel sicht-und findbar zu sein.
Onlinehandel ist sicher das am stärksten wachsende Marktsegment.
Sonja Eckhart, Kumho: Immer mehr Menschen kaufen heutzutage in
Onlineshops ein. Nicht nur der Preisvergleich ist im Internet denkbar
einfach, eine wichtige Rolle spielen auch die Erfahrungen und
Bewertungen anderer Käufer. Auch wenn man nicht gleich online
bestellt, nutzen viele das Internet, um sich vor dem Kauf über das
Produkt zu informieren. Händler sollten beachten, dass die Kunden
wesentlich informierter und zum Teil auch mit einer bereits
festgelegten Meinung in den Shop kommen als noch vor einigen Jahren.
In den Shops kann man daher mit gut ausgebildeten Mitarbeitern und
Fachgesprächen punkten.
Claus-Christian Schramm, Goodyear Dunlop: Wir schätzen den Anteil der
Onlinevermarktung in Österreich mit 8 Prozent vergleichsweise niedrig
ein. Die Medien empfehlen Konsumenten, Reifen beim Fachhandel zu
kaufen. Dort erhält man kompetente Beratung und kann sich z. B. im
Falle von Reklamationen an seine Vertrauensperson wenden. Mit
POS-Marketingmaßnahmen und unserer Reifengarantie versuchen wir, den
Reifenfachhandel zu unterstützen. Diese zusätzliche Garantieleistung
gilt für UHP-Reifen der Marken Goodyear und Dunlop, die von Goodyear
Dunlop Tires Austria an den österreichischen Reifenhandel geliefert
und dort gekauft werden. Die starke Präsenz von
Reifenhandels-Fachbetrieben und deren intensiver Kundenkontakt wirken
der Konkurrenz aus dem Onlinereifenvertrieb mit kompetenter Beratung
entgegen.
Christian Mielacher, Pirelli: Die Onlinevermarktung nimmt stark zu.
Nicht nur im B2B-,sondern auch im B2C-Bereich. Dieser Trend setzt
sich fort. Dabei ist nicht immer der Preis ausschlaggebend. Das
Einkaufsverhalten im Handel, aber auch des Endverbrauchers, hat sich
deutlich geändert. Dieses Geschäftsmodell birgt aber auch einige
Risken. Reifenalter, Lagerung und damit Qualität der Reifen sind
nicht wirklich prüfbar. Diese Erfahrung haben vor allem
Endverbraucher gemacht.
RDKS, EU-Labeling: Was ist zu tun?
Günther Riepl, Falken: Aufgrund der EU Verordnung müssen spätestens
ab 1.11.2014 alle Neuwagen mit RDKS ausgestattet sein. Der
Reifenfachhandel bereitet sich daher bereits seit einiger Zeit auf
diese Situation vor. Denn aufgrund des kommenden Montagemehraufwandes
macht RDKS Änderungen in puncto Ablauforganisation und auch in puncto
Betriebswirtschaftlichkeit notwendig. Ein Räderwechsel kann bis ca.
20 Minuten höheren Zeitaufwand bedeuten, dies muss auch dem
Endverbraucher bewusst sein und verständlich gemacht werden.
Christian Mielacher, Pirelli: RDKS ist mit Sicherheit die große
Herausforderung für die kommenden Saisonen. Der Handel hat sehr viel
Zeit und Anstrengung investiert, um auf dieses Thema gut vorbereitet
zu sein. In Bezug auf das EU-Labeling wäre es sicher sinnvoll, diese
Möglichkeit als Marketinginstrument zu nutzen.
Thomas Körpert, Vredestein: Bei RDKS ist mit der Schulung der
Mitarbeiter und mit der Anschaffung des nötigen Equipments so rasch
wie möglich zu beginnen. Die ersten Fahrzeuge mit RDKS-Sensoren sind
bereits auf der Straße. Den ersten Kontakt mit diesem Thema erwarten
wir mit der nächsten Wintersaison.Natürlich sind alle
Arbeitsprozesse und Planungen auf den erhöhten Aufwand hin
auszurichten. Auch eine transparente und klare Kalkulation ist
notwendig, um den doch erheblichen Mehraufwand auch an den Endkunden
verrechnen zu können. Zeitgleich muss aber auch der Endkunde auf den
zusätzlichen Mehraufwand und die zusätzlichen Kosten hingewiesen
werden. Für das EU-Labeling, denken wir, sind keine weiteren
Maßnahmen notwendig! Aus unserer Erfahrung ist dieses Thema am
Endkunden spurlos vorbeigegangen. Die gesetzlichen Pflichten sind
natürlich einzuhalten, aber besondere Maßnahmen scheinenuns nicht
notwendig. (RED)