Wie lange ein Reifen als neu bzw. neuwertig verkauft werden darf, haben wir gefragt und dabei unterschiedliche Antworten eingesammelt. Das Prädikat "fabriksneu" verleiht Falken, dazu den BRV (Bundesverband Reifenhandel und Vulkanisierhandwerk) zitierend, einem ungebrauchten Reifen bis zu einem Alter von drei Jahren (gemäß Herstellungsdatum) bei sachgemäßer Lagerung. Für Goodyear-Dunlop, Michelin, Continental, Bridgestone, Pirelli,Vredestein&Co. kann ein unbenutzter Reifen bis zu einem Alter von fünf Jahren bedenkenlos als Neureifen verkauft werden; er behält seine dem Produkt zugeschriebenen Gebrauchseigenschaften. Für Falken gilt das jedoch als maximale Zeitspanne. Diese Regelungen gelten allerdings nicht für Spezialreifen, zum Beispiel für Motorsportzwecke.

"Sachgerechte Lagerung"

Der Schwerpunkt aller Ausführungen zum Reifenalter liegt in der Definition "sachgerechte Lagerung". Neben kühler, trockener und dunkler Lagerung empfiehlt Falken grundsätzlich eine stehende Lagerung der Reifen, eine Kurzzeitlagerung horizontal im Stapel von vier Reifen oder Rädern sollte ein Quartal nicht überschreiten,erläutert Apollo Vredestein. Das außerhalb von Reifenprofis nahezu unkontrollierbare Einlagern lässt im Falle von Reklamationen Spielraum zu Interpretationen.

Warum produktionsseitig Reifen ausgeliefert werden, die schon mehrere Monate oder gar Jahre alt sein können, wird mit der Notwendigkeit der Verfügbarkeit begründet. Marktschwankungen seien, so Pirelli, nie gänzlich zu kompensieren. Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen sei der Saisonverlauf konzentriert und daher eine "Vorproduktion" notwendig. Michelin weist auf den antizyklischen Produktionsverlauf hin: Im Sommer werden Winter-und im Winter die Sommerreifen hergestellt, um eine ausreichende und zeitnahe Versorgung des Handels gewährleisten zu können. Durch Verbundproduktion kann eine Dimension von der einen und die andere von einer anderen Fabrik kommen, weswegen die Reifen nicht "backfrisch" aus der Form in den Handel gelangen können. Die Produktqualität bleibt davon unbeeinflusst. Bei der Reklamation zum Alter des "neuen" Reifens kann am besten die Fachkraft dem Käufer die Produktionsabläufe erklären und dabei auf die fachgerechte Lagerung im Reifenhaus hinweisen. Dazu wird das Personal mit Unterstützung der Reifenindustrie laufend geschult und mit Argumenten versorgt.

Der Rat desÖAMTC zur "4x4x4"-Regel (bis 4 Jahre alt, 4 mm Profiltiefe, 4 gleiche Reifen) wird aufgrund unterschiedlicher Landesgesetze von den Lieferanten differenziert gesehen. In Österreich sei die 4-mm-Profiltiefe gesetzliche Vorschrift bei Winterreifen, in Deutschland 1,6 mm und in Slowenien beispielsweise 3 mm, sagt Michelin. Rechtlich und produktionstechnisch sieht Pirelli auch andere Alternativen.

Fachlicher Rat unentbehrlich

Allerdings gibt es für niemanden eine Belegbarkeit, dass ein Reifen im Sinne von Qualitäts- oder Sicherheitsverlusten nach vier Jahren "gealtert" ist. Der VRÖ (Verband Reifenspezialisten Österreichs) empfiehlt ein maximales Alter von 10 Jahren für Pkw-Reifen und 6 Jahren für Anhänger und Wohnwagen.

Unter der Frage der Garantieabdeckung bei Schäden sind naturgemäß Material- und Produktionsfehler zu verstehen, wobei jeder Produzent aus Marketinggründen im Detail eigenständig argumentiert.

Nun haben wir dieses von Konsumentenschützern gern aufgewärmte Thema in den Grundzügen erörtert und kehren wieder zum Eingang dieser Story zurück. Reifen sind wie das weibliche Geschlecht: unergründlich, schön und gefährlich, wenn man damit nicht rechnet. "Augenzwinkernd" ist und bleibt der Reifen unter Einhaltung aller "Anstandsregeln" ein zeitloses Produkt.