Die Regierung braucht Geld und holt es sich -wieder einmal -von den
Autofahrern. Die Branche muss sich den Vorwurf gefallen lassen, mit
ihrer rücksichtslosen Stückzahlmaximierung die argumentative
Grundlage geliefert zu haben.
Für einen 120 PS starken VW Passat bezahlt man in Deutschland pro
Jahr 72 Euro an Kfz-Steuer. In Österreich waren es bisher 479 Euro
motorbezogene Versicherungssteuer - ein Missverhältnis, das sich
weiter verschärften wird. Bei Redaktionsschluss zeichnete sich
nämlich ab, dass die neue Bundesregierung die Versicherungssteuer um
5 bis 10 Prozent und die NoVA um 10 Prozent erhöhen wird. Außerdem
soll bei der Privatnutzung von Firmenfahrzeugen ein höherer Sachbezug
verrechnet werden.
Dass die alten und neuen Regierenden vor der Wahl versprachen, "keine
neuen Massensteuern" einzuführen (SPÖ) beziehungsweise "die
Wirtschaft entfesseln wollten" (ÖVP), haben sie schnell wieder
vergessen. Die Vertreter von Autofahrern und Automobilwirtschaft
wurden vor vollendete Tatsachen gestellt.
"Reflexartiger Griff in die Geldtasche"
Dass die Regierung ihren Geldbedarf beim Auto deckt, ist keineswegs
neu. "Seit dem Jahr 2000 wurden bundesweite Abgaben für Autofahrer 15
Mal erhöht", rechnet Bernhard Wiesinger vor. Es handle sich um einen
"reflexartigen Griff in die Geldtaschen der Autofahrer", kritisiert
der Chef der ÖAMTC-Interessenvertretung: "Insgesamt haben die
Autofahrer 2013 rund 9,4 Milliarden Euro an Abgaben ins Bundesbudget
eingezahlt,Strafen oder lokale Parkgebühren nicht mitgerechnet." Für
den Bau und den Erhalt von Straßen würden von Bund und Ländern
dagegen nur 3,9 Milliarden Euro ausgegeben: "Damit zahlt jeder
Autofahrer im Jahr 1.200 Euro ein, ohne dafür eine Gegenleistung zu
bekommen."
Kein Anreiz zur Bestandserneuerung
Dass die Autofahrer als "Melkkühe" herhalten müssen, liegt vor allem
daran, dass kaum jemand im beruflichen und privaten Alltag auf die
individuelle Mobilität verzichten kann. Der Fahrzeugkauf lässt sich
dagegen sehr wohl aufschieben. Gleichzeitig legen höhere Steuern die
Anschaffung eines günstigeren Gebrauchtwagens nahe,was aus
Umweltgründen aber weniger wünschenswert ist. "Ökologisch gesehen ist
vor allem die Erhöhung der NoVA widersinnig, da wieder keine neuen
sauberen Fahrzeuge gekauft werden, sondern weiterhin mit älteren
gefahren wird, die die Umwelt nachweislich stärker belasten",
unterstreicht Komm.-Rat Burkhard Ernst, Bundesgremialobmann des
Fahrzeughandels.
Das neuerliche "Herumdoktern" am Kfz-Steuersystem ist umso
unsinniger, als die aktuellen Regelungen bereitsüberaus kompliziert
sind. Allein der offizielle Leitfaden zur Berechnung der NoVA umfasst
sage und schreibe 111 Seiten. "Die NoVA ist nicht nur für Kunden und
Händler undurchschaubar geworden, selbst die Finanzbeamten blicken
oftmals nicht mehr durch", konstatiert Dr. Felix Clary und Aldringen.
Fatale Zulassungsrekorde
Die Bundesregierung hat die Chance auf eine grundlegende
Durchforstung der Kfz-Besteuerung vergeben. Stattdessen beschränkt
sie sich darauf, kurzfristig die Einnahmen zu maximieren. Aus Sicht
der Autobranche bedeutet dies denkbar schlechte Rahmenbedingungen für
das Jahr 2014. Umso törichter wäre es, den Entscheidungsträgern
neuerliche Zulassungsrekorde zu suggerieren: Welche fiskalpolitischen
Reaktionen dadurchausgelöst werden, muss nunmehr auch dem letzten
Branchenteilnehmer klar sein.