Ich hätte das schon vier Jahre früher machen sollen, dann hätte ich vierhunderttausend mehr am Konto", zieht Kneth zum Abschied nüchtern Bilanz. Mit einem Startkapital von 100.000 Schilling übernahm er 1975 eine kleine Werkstätte in Senftenberg. Vier Jahre später kaufte er sich ein Grundstück amStadtrand von Krems und baute sich dort seinen neuen Betrieb. Seit September wehen da nicht mehr die Ford-Fahnen, sondern es steht dort eine funkelnagelneue Billa-Filiale.

"Ich wurde ein Leibeigener von Ford"

"Anfangs war das ja gar nicht so schlecht", erinnert er sich an seinen Ford-Start als Vertragswerkstätte unter Generaldirektor May. "Da hatte man den Eindruck, die sind für die Händler da. Das war wie eine große Familie." Doch die Zeiten haben sich geändert. "1988 habe ich den Händlervertrag unterschrieben und wurde damit ein Leibeigener von Ford." Im Lauf der Jahre seien die "Partner" immerstärker unter Druck gesetzt worden. "Man fordert immer mehr: teure Kurse; die völlig sinnlos sind; den Unsinn des ständigen Möbelwechsels; dazu kommt noch der Schwachsinn, die Händlerspannen vom Kundenmeinungsspiegel abhängig zu machen." So werde für alle Händler "die Erfüllung der Standards immer schwieriger". Er wundert sich rückblickend, dass die stöhnenden Händler das trotzdem alles hinnehmen. Vor allem, "da sie wissen, dass sie dabei immer weniger Geld verdienen".

Nach Vertragskündigung nur noch als "Agent" tätig

Dazu kommt noch der Verkaufsdruck -"verkaufen um jeden Preis". Da war es Kneth gar nicht so unrecht, dass ihm vor 7 Jahren sein Händlervertrag im Rahmen eines "Wirtschaftsraumkonzeptes" zugunsten seines St. Pöltener Kollegen Mag. Werner Blum gekündigt worden ist. Als simpler "Agent" von Franz Czeczelits aus Wiener Neustadt musste er seither nicht um jeden Preis jedem noch so schlechten Geschäft nachlaufen. Musste nicht die Erträge aus seinem übrigen Geschäft für sinnlose Investitionen ausgeben. "Ich sehe in der ganzen Autobranche kein Erfolgserlebnis mehr." Er kennt aus seiner langjährigen Tätigkeit als Kammerfunktionär auch viele Kollegen, die darüber nachdenken, sich vom Händlervertrag zu verabschieden.

Händler werden zum Auslieferer degradiert

Dazu trägt auch noch die Entwicklung im Internet bei. "Da ist die nächste Bombe drinnen." Kneth rechnet durchaus damit, dass die Händler von den Herstellern einerseits via Standards zur teuren Produktpräsentation gezwungen, anderseits zu reinen Auslieferern degradiert werden. "Da hab" ich mich hingesetzt und nachgedacht: Wie soll das weitergehen?" Seinen vier Kindern wollte Kneth "dieses Geschäft nicht antun". Obwohl eines davon sogar die Mechanikerausbildung absolviert hat. Es musste daher der Ausstieg geplant werden. Hilfreich war dabei, dass er sich als Erfinder und mit einem kleinen Zubehörhandel zwei weitere Standbeine aufgebaut hatte.

Dass ihm im "Ruhestand" nicht langweilig wird, dafür sorgt auch sein Hobby: die Fliegerei. "Das gibt einem das Gefühl der Freiheit -und das hat man beim Autogeschäft absolut nicht".

Wie verkauft man?

Helmut Kneth beziffert die Vorlaufzeit mit fünf bis sechs Jahren. "Wenn einer aussteigt, sind die meisten Investitionen nichts mehr wert." Beim Verkauf des Betriebes sollte man wie ein Immobilienverwerter vorgehen. "Externe Käufer bewerten nur das Grundstück. Handelt es sich um einen guten Platz, gibt es viel Verkehr und gute Zufahrtsmöglichkeiten?" Diese Kriterien gelten letztlich für alle Automarken: "Dann muss man Interessenten das Grundstück schmackhaft machen. Wenn es dem dann ins Konzept passt, dann wird auch was daraus." Kneth hat dafür zwei Jahre lange verhandelt: Jetzt steht eine Billa-Filiale, wo früher sein Ford-Betrieb war. Zum Schluss sind auch die persönlichen Umstände zu berücksichtigen. Etwa die "Hacklerregelung", mit der man sich schon vor 65 vorzeitig vom Geschäft verabschieden kann. Dann musste Kneth die Kündigungszeiten seiner 16 Mitarbeiter berücksichtigen -und den dafür erforderlichen Kapitalbedarf. "Unter dem Strich konnte ich meine Leute abfertigen und alle meine Schulden bezahlen." Für ihn sei danach "ein akzeptabler Betrag übrig geblieben". Eine Lösung, die er freiheitsliebenden Kfz-Unternehmern nur empfehlen kann. Denen er aus Kollegialität auch gerne beratend zur Seite steht (0676/57 00 300).

Der Erfinder

"Mein Schwiegervater konnte sich nicht bücken, um seine Socken anzuziehen." Mit diesem Problem war Helmut Kneth vor 6 Jahren konfrontiert. "Der Bständig hatte dafür auch keine Lösung. Doch ich habe als Karosseriebauer genügend Vorstellungskraft gehabt, wie so etwas aussehen könnte." So entwickelte er ein Gerät, mit dem das problemlos geht. Und da dies so erfolgreich war, baute er auch gleich noch eines zum berührungslosen Anziehen von Kompressionsstrümpfen. Eine Goldmedaille für das eine, eine Silbermedaille für das andere Gerät - dieser Erfolg auf der Nürnberger Erfindermesse sorgte schlagartig für die Popularität dieser Patentlösungen. "Der Verkauf erfolgt nur über das Internet und nicht über Wiederverkäufer", sagt Kneth und ist von der Zukunft dieses Mediums überzeugt.

"Ich habe noch nie ein Gebrauchtgerät zurückbekommen und habe alle Kosten zu 100 Prozent im Griff", sagt er über die Vorteile dieser Vertriebsform. Für Kneth ist es wichtig, durch seine Arbeit auch Erfolgserlebnisse zu haben. "Meine Kunden sind glücklich, dass ich ihnen helfen konnte. Diese Erlebnisse gibt es im Kfz-Geschäft heute nicht mehr." Und daher weint Kneth als fröhlicher Aussteiger dem Autogeschäft keine Träne nach.