Die Kündigung eines Händlers kann einen Kfz-Importeur einiges Geld
kosten. Billiger kommt es, wenn der Importeur den Händler mit
unzureichenden Spannen am ausgestreckten Arm verhungern lässt.
So
lange, bis dieser selbst unter Anspruchsverzicht das Handtuch wirft.
Dem hat der Oberste Gerichtshof nun einen Riegel vorgeschoben. Trotz
Eigenkündigung kann der Händler den Importeur zur Kasse bitten.
Grund zur Klage hatte nicht ein geschröpfter Autohändler, sondern
eine Tankstellenpächterin. Diese hatte den Betrieb, der seit 1976
ähnlich einem Handelsvertreter in das OMV-Netz integriert war, nach
dem Tod ihres Ehemannes übernommen. Die Pächterin wurde im Juli 2008
von der OMV zu einem neuen Vertriebskonzept vergattert.
Durch den ihr vorgeschriebenen Umbau würde es zur Erschließung neuer
Kundenschichten kommen, hieß es damals seitens des Mineralölkonzerns.
Der Pächterin wurde vorgerechnet, dass sie mit dem neuen
Franchisevertrag mehr Geld verdienen könne als bisher. Die
Spannenkürzung werde durch höhere Umsätze an den Zapfsäulen und durch
höhere Erträge im Gastrobereich mehr als kompensiert. Dies werde zu
einer Verbesserung des Gesamtergebnisses führen.
Versprechungen und Prognosen, die vielen Autohändlern durchaus
bekannt vorkommen. Die Praxis sah für die OMV-Partnerin jedoch anders
aus: Bei der Erstellung des Geschäftsplanes 2009 wurde ihr zum
Jahreswechsel klar, dass sie sich mit den Kosten des Umbaus in eine
unhaltbare Situation manövriert hatte. Sie kündigte daher den Vertrag
zum 31.März 2009 und machte gleichzeitig einen Ausgleichsanspruch
von 210.000 Euro geltend: 120.000 für das Treibstoffgeschäft sowie
90.000 für Shop, Gastro und Autowäsche.
Das Handelsgericht wies diese Forderung ab. Sie habe "nämlich trotz
Skepsis freiwillig mit der beklagten Partei einen Franchisevertrag
abgeschlossen und sich dabei quasi sehenden Auges in einen für die
konkrete Tankstelle (anfangs) unwirtschaftlichen Vertrag eingelassen.
Überdies sei die Kündigung bereits drei Monate nach Fertigstellung
des Umbaus erfolgt. Ein vernünftig und billig denkender
Handelsvertreter hätte jedoch aufgrund des vorhersehbaren großen
Kundenschichtwechsels einerseits mit anfänglichen Verlusten gerechnet
und anderseits eine längere Umstellungsphase eingeplant", lautete die
Begründung.
Das Berufungsgericht drehte das Urteil um. Die Klägerin hatte sich
nach Abschluss des Umbaus vier Monate lang mit erheblichen
Umsatzrückgängen konfrontiert gesehen. Auch der in ihrem Auftrag
erstellte Geschäftsplan 2009 hat ein negatives Ergebnis
prognostiziert. Die Klägerin konnte jedoch darauf vertrauen, dass
"das neue System für sie in wirtschaftlicher Hinsicht keine
(massiven) negativen Auswirkungen haben werde". Der Rückgang des
Gesamtgewinnes um 21 Prozent von 4.500 auf 3.500 Euro pro Monat sei
durchaus der OMV zuzurechnen. "Unter diesen Umständen war ihr ein
weiteres Aufrechterhalten des Vertragsverhältnisses -über den
nächstmöglichen Termin einer ordentlichen Kündigung hinaus -nicht
zumutbar." Wobei zu berücksichtigen war, "dass die Initiative zum
Abschluss des Franchisevertrages ausschließlich von der Beklagten
ausgegangen ist".
Aus der Sicht des Oberlandesgerichtes hatte ein ausreichender Anlass
für eine -den Ausgleichsanspruch wahrende - Kündigung bestanden. Dies
wurde vom OGH bestätigt (3 Ob114/13f). Nicht nur Provisionskürzungen
oder verspätete Bonizahlungen berechtigen den Franchisenehmer zur
Eigenkündigung, sondern bereits eine Verkürzung der
Provisionschancen. Immer dann, "wennein wirtschaftlicher Betrieb
unter zumutbaren Voraussetzungen von vornherein nicht möglich ist",
ist für den Franchisenehmer die Möglichkeit einer Eigenkündigung
gegeben. "Sogar ein vertragsgemäßes Verhalten des Unternehmers kann
dem Handelsvertreter einen begründeten Anlass zur Kündigung geben",
kam es aus der Sicht des OGH auf ein "Verschulden" der OMV dabei gar
nicht an.
Eine Entscheidung, die den Franchisegebern im Autohandel zu denken
geben sollte.