Was ist der Unterschied zwischen einem erfolgreichen Autohändler und einer Veranstaltung, die sich im Lauf der Jahre einen guten Namen erarbeitet hat? Keiner: Kaum hat der zitierte Autohändler ein Jahr mit einer Rekordzahl an Verkäufen abgeschlossen, wird ihm vom Importeur ein noch höheres Ziel gesetzt. Und der Veranstaltung geht es ähnlich: Schon kurz nach deren Abschluss gehen die Organisatoren an die Planung der nächsten. Die - und jetzt sind wir wieder bei der Zielvorgabe - natürlich noch mehr bieten sollte als die vorhergegangene.

Warum wir mit diesem Vergleich beginnen? Weil er am besten verdeutlicht, wie eng unser Verlag mit der Autobranche verbunden ist. Man muss nur auf die Teilnehmerliste schauen, um sich dessen klar zu werden. Es gab mehr als 300 Anmeldungen, sodass der Saal in derÖsterreichischen Nationalbibliothek bis auf den letzten Platz besetzt war.

Nach dem Frühstück ging"s gleich los

Die Idee, den A&W-Tag mit einem Frühstück zu beginnen, hat sich bewährt -und wurde auch heuer beibehalten: Da kommt man in erste Gespräche mit jenen Leuten, die man die ganze Zeit nicht sieht. Bis Chefredakteur Gerhard Lustig in seinem roten Sakko in den Vortragssaal ruft, um nur ja nicht schon von Beginn an eine Verspätung "aufzureißen".

Und dort, im Saal, ging es gleich ordentlich zur Sache, als der von Moderator Prof. Hannes Brachat aufgerufene Mag. Peter Voithofer, Direktor der KMU Forschung Austria, sein Referat begann. "Nach zwei Jahren mit Verbesserungen gingen die Umsatzrenditen in der Autobranche im Bilanzjahr 2011/12 von 1,6 auf 1,4 Prozent zurück." Laut der jüngsten Analyse wurde im Kfz-Handel ein Minus von 1,3 auf 1,2 Prozent und in der Kfz-Reparatur von 1,8 auf 1,7 Prozent verzeichnet. Großunternehmen erzielten dagegen eine Ertragssteigerung von 1,9 auf 2,2 Prozent. Insgesamt lag die Branche erneut deutlich unter der gesamten marktorientierten Wirtschaft, die auf eine Durchschnittsrendite von 3 Prozent kam. Voithofer wartete mit weiteren alarmierenden Zahlen auf: "39 Prozent aller Kfz-Unternehmen befanden sich im untersuchten Zeitraum in der Verlustzone."

Positiv entwickelte sich dagegen die Eigenkapitalquote: Im Autohandel wurde ein Plus von 21 auf 22 Prozent, im Reparaturgewerbe von 24 auf 25 Prozent und bei Großunternehmen von 29 auf 30 Prozent registriert. "Von diesen Werten hätten wir vor 10 oder 15 Jahren noch geträumt", so Voithofer.

"Importeure dürfen nicht kurzfristig denken"

Besonders spannend war in der Folge die sogenannte "Gruppe Standesvertreter" mit Dr. Felix Clary und Aldringen (Vorsitzender des Arbeitskreises der Automobilimporteure), Burkhard W. R. Ernst (Bundesgremialobmann des Fahrzeughandels) und Fritz Nagl (Bundesinnungsmeister der Kfz-Techniker). Trotz der zuletzt verzeichneten Rückgänge sei die Durchschnittsrendite der Kfz-Betriebe "ein akzeptabler Wert, auf dem man aufbauen kann", erklärte Clary. Die verbesserte Eigenkapitalquote würde sogar "dem wirtschaftlichen Idealzustand nahekommen".

Laut Clary liegt es im Interesse der Hersteller, dass die Händlernetze möglichst stabil aufgestellt sind: "Wenn ein Hersteller oder Importeur nur kurzfristig an seine finanziellen Vorteile denkt, wird das kein langfristiges Modell sein." Finanzierungshilfen von Herstellerseite würden gerade in Zeiten immer strengerer Kreditvergaberichtlinien an Bedeutunggewinnen: "Das beginnt bei Werkstatttestern, die zwischenfinanziert und ohne Aufschlag an die Händler ausgefolgt werden, und reicht bis zur kompletten Durchfinanzierung eines Betriebs." Im Gegensatz zur immer wieder von Einzelhandelsseite geäußerten Kritik sieht Clary die Rolle des Großhandelssehr positiv: "In vielen Fällen ist der Importeur kein strenges, egoistisches Gegenüber, sondern ein kollegialer Partner, der essenziell dazu beiträgt, dass so mancher Händler überhaupt eine Überlebenschance hat."

Neuwagen-Verkauf verstärkt übers Internet

Naturgemäß nicht ganz dieser Meinung ist der Autohandel selbst: Bundesgremialobmann Burkhard Ernst sieht auf die Branche "gewaltige Herausforderungen" zukommen. Im kommenden Jahrzehnt werde es zu einer weitgehenden Verlagerung des Neuwagen-Verkaufs ins Internet kommen: "Das Autohaus in seiner heutigen Form verliert seine Berechtigung."

Parallel sei im Werkstattgeschäft mit immer größerer Konkurrenz durch Serviceketten, die teilweise wiederum im Eigentum der Automobilhersteller stehen könnten, zu rechnen. Freilich werde der Strukturwandel auch vor den bisherigen nationalen Importstrukturen nicht Halt machen. Ernst rät daher, die Strukturen anzupassen: "DerHandel wird überleben- aber nur dann, wenn er sich komplett neu erfindet und auf das Internetzeitalter einstellt."

Innung betont regionale Strukturen

Nicht so stark von der Konkurrenzübers Internet betroffen sind derzeit die Kfz-Techniker -auch gibt es laut Bundesinnungsmeister Fritz Nagl auch kaum Großbetriebe. "80 Prozent der rund 5.500 heimischen Kfz-Betriebe würden weniger als 10 Personen beschäftigen", erklärte Nagl. Mit durchschnittlich 7 Mitarbeitern würden die Werkstätten regionale Arbeitsplätze sichern und seien zudem "ein Garant für Ausbildung auf höchstem internationalem Niveau". Hinzu komme ein wichtiger Beitrag zur Verkehrssicherheit durch die §-57a-Überprüfungen.

"Verkauft Autos und Leistungen, aber keine Rabatte", riet Nagl dem unter Ertragsrückgängen leidenden Fahrzeughandel. Diesbezüglich sei aber auch Bewusstseinsbildung bei den Werkstätten nötig: "Ein hochtechnisches Motoröl hat ebenfalls seinen Preis."

Wird Kreditvergabe wieder schwieriger?

Auch wenn sich die Eigenkapitalausstattung der Betriebe in den vergangenen Jahren verbessert hat, geht es fast nirgends ohne (weitere) Kredite. Allerdings ist laut Dr. Thomas Uher, Vorstandsmitglied der Erste Bank, die Kreditnachfrage durch die relativ starken Investitionszurückhaltungen in der Branche derzeit so gering wie schon lange nicht mehr. Also hätten Autohändler derzeit in der Regel weniger Probleme, zu Krediten zu kommen. "Allerdings kommt die Kreditklemme, wenn der Aufschwung da ist, wie das Amen im Gebet." Das ist laut Uher umso bedeutsamer, als europaweit noch immer zwei Drittel der Außenfinanzierungen über Banken erfolgen und nur ein Drittel über den Kapitalmarkt. Umso wichtiger sei es für einen Unternehmer daher, dass er eine gute Beziehung zu seiner Hausbank -und eventuell noch zu einer zweiten Bank -habe. "Wenn es enger wird, dann schauen wir schon ganz genau, ob der Unternehmer ein wirklicher Partner bei unserer Bank ist oder nur gelegentlich vorbeischaut", so Uher.

Mehr Finanzdienstleistungen verkaufen

Ums Finanzieren ging es auch im Vortrag von Michael Schwaiger, Direktor Kfz bei der Santander Consumer Bank: Neben dem Neuwagen-und Gebrauchtwagen-Verkauf sowie Reparaturen würde der Verkauf von Finanzdienstleistungen immer wichtiger, meinte Schwaiger. Angesichts der wirtschaftlichen Probleme in Teilen Europas werde auch 2014 für die Händler ein schwieriges Jahr werden: "Umso wichtiger wird eine Allianz zwischen Herstellern, Händlern und Finanzdienstleistern. Das heißt, dass wir leistbare Produkte brauchen, die von den Kunden in Raten bezahlt werden können." Schwaiger glaubt, dass Autohändler im Schnitt etwa jedem vierten Kunden eine Finanzierung für ihr Auto verkaufen; in einigen Fällen sind es auch 40-50 Prozent. "Diese Betriebe bewerten die Finanzierung mittlerweile gleich wichtig wie den Autoverkauf."

Anschlussgarantien bringen höhere Erträge

Das Thema Gebrauchtwagen behandelte auch Axel Berger, Vorstandsvorsitzender der CG Car-Garantie Versicherungs-Aktiengesellschaft. Durch Gebrauchtwagen-Garantien könnten Autohäuser ihre Kunden deutlich länger an ihr Unternehmen binden, erklärte Berger. Das durchschnittliche Umsatzpotenzial pro Fahrzeug ab dem 3. oder 4. Jahr bezifferte Berger mit 1.246 Euro pro Jahr. Davon entfallen 25 Euro auf Garantieprovision, 580,80 Euro auf Wartungen, 257,40 Euro aufReparaturen und 382,80 Euro auf Zubehör.

Beim Verkauf von Neuwagen-Anschlussgarantien gebe es inÖsterreich aber noch großen Nachholbedarf: Während 20-25 Prozent als realistisch einzuschätzen seien, seien in Österreich nicht einmal 20 Prozent erreicht worden. "Wir empfehlen den Händlern daher, statt eines Rabatts beim Verkauf eines Gebrauchtwagens ein 2. Garantiejahr anzubieten. Dieses Geld kann man dann über eine verlängerte Kundenbindung wieder hereinholen."

Das Internet richtig nutzen

"Der Kunde ist reifer, als man denkt", analysierte Dkfm. Peter Lorenzen, Vice President Dealer Sales Germany bei AutoScout24: "Es geht um das Beste, nicht um das günstigste Angebot." Lorenzen sieht auch in der Differenzierung durch Qualität und Service gute Chancen für die Kfz-Betriebe und Autohändler. Der Preis ist für ihn immer die schlechteste Variante, um Verkäufe zu tätigen. Dies beweisen auch die Bilanzen von Firmen vieler Branchen, die sie liefern. Dennoch sieht Lorenzen das Internet als große Chance, das Instrument müsse nur "richtig genutzt" werden. So sollte der Handel dem Thema Lead Management, z. B. rund um die Reihung der Ergebnisse von Suchmaschinen, mehr Augenmerk widmen. Laut Lorenzen verwenden 85 Prozent aller Google-User die zweite Suchseite nicht mehr, weshalb z. B. eine spezielle Optimierung der jeweiligen Homepage, um eine bessere Reihung zu erreichen, sinnvoll wäre.

Produkt muss zur Persönlichkeit passen

"Die vertretene Marke muss mit der eigenen Persönlichkeit verbunden werden", referierte Ing. Peter Spatzierer, Chef von Castrol Austria. Mit einem "passenden Produkt und attraktiver Technologie" sowie einer aktiven, leistungserklärenden Kommunikation mit dem Kunden könnten Unternehmen in der Kfz-Branche erfolgreich sein. Er unterstrich, dassdie Geschäftsführungen entscheiden müssten, "in welchem Bereich die Butter am Brot ist", um gepaart mit einer effektiven Organisationsstruktur gewinnbringend zu arbeiten.

Deutsches Lob für Österreich

Der deutsche Händlervertragsrechtsexperte Prof. Dr. Christian Genzow hob hervor, dass mit dem Ende der Automobil-GVO in der EU nahezu alles seit 1985 mühsam Erarbeitete weggefallen sei. An Händlerschutz-Bestimmungen seien lediglich die grundsätzliche zweijährige Kündigungsfrist und das Schiedsverfahren im Verhaltenscodex der Hersteller (Code of Conduct) der ACEA übrig geblieben -das sei eine sehr unglückliche Situation. Die zugesagte Erweiterung des Code of Conducts wird nach Überzeugung von Genzow nicht stattfinden. "Hochachtung" zollte er dem, "was der österreichischen Fahrzeugwirtschaft mit demKraftfahrzeugsektor-Schutzgesetz (KraSchG) gelungen ist". Laut Genzow wird sich die Zahl der zumeist im Mehrmarkenhandel tätigen Händlergruppen vergrößern, der "nicht mehr so gesunde" Mittelstand unter den Händlern verringere sich beträchtlich. Er geht davon aus, dass es durch die Ausdünnungder Unternehmer -nicht unbedingt der Betriebsstätten -innerhalb der nächsten 10 Jahre zu einer erheblichen Veränderung des Machtgefüges zwischen Hersteller und Handel kommen könnte.

VCÖ zu Gesprächen mit der Autobranche offen

Natürlich nahm auch das Thema Lobbying beim A&W-Tag großen Raum ein -schließlich hatten die Automobilimporteure und das Bundesgremium am Tag zuvor das Forum Mobilität.Freiheit.Umwelt präsentiert (siehe "Thema" auf Seite 10). Heftige Kritik an den Praktiken des VCÖ übte Günther Kerle, Chef von Mazda Austria: "Der VCÖ sagt, dass die Österreichermehr SUVs kauften und dass dies schlecht für die Umwelt sei. Was er aber nicht sagt, ist, dass ein neues SUV viel weniger Abgase ausstößt als jedes Auto, das fünf oder acht Jahre alt ist." VCÖ-Chef Dr. Willi Nowak reagierte auf die Kritik und streckte symbolisch die Hand zu Gesprächen mit derAutobranche aus: "Wir sind Gesprächspartner für wen auch immer, weil wir unsere Fühler in alle Richtungen ausstrecken."

"Autofahrer sind kein mediales Auslaufmodell"

Laut dem Politikwissenschafter Univ.-Prof. Dr. Peter Filzmaier spiegle die (häufig einseitig negative) Berichterstattung über das Auto nicht unbedingt die Mehrheitsmeinung wider: "Es ist schlichtweg falsch, dass die veröffentlichte Meinung immer der öffentlichen Meinung entspricht." Der Autofahrer und seine Bedürfnisse seien "kein mediales Auslaufmodell".