Wir freuen uns auf die Fortführung der konstruktiven Zusammenarbeit mit Roland Krüger, Leiter Vertrieb Deutschland und seinem gesamten Team." Mit diesen Worten empfahl Werner Entenmann als Präsident des Verbandes deutscher BMW-Händler seinen Kollegen, die neuen BMW-Händlerverträge zu unterschreiben. Damit war auch für Dr. Rudolf Weinmann, Obmann der österreichischen BMW Händler, jeder Widerstand gegen den "Europavertrag" aussichtslos.

Für die meisten BMW-Partner ist der neue Vertrag schlicht und einfach eine Zumutung. Er beschert den Händlern hohe, kaum zu verdienende Ausgaben für eine neue BMW Corporate Identity mit der Verpflichtung zu neuerlichen baulichen Veränderungen - selbst für jene Händler, die ihren Betrieb erst kürzlich nach BMW-Vorgaben umgebaut haben.

Anderseits räumt er BMW das Recht zum Onlinehandel und einem Direktvertrieb der Konzernzentrale ein. Von einer "Zustimmung" der Händler kann dabei keine Rede sein. Viel eher von einer Nötigung. Denn die Aufforderung zur Vertragsunterzeichnung kam Ende September zeitgleich mit der Androhung, am 1. Oktober dieBelieferung einzustellen.

Am 23. September hat Entenmann in einer Sondersitzung die Vertragsempfehlung im Sinne der BMW-Konzernspitze durchgeboxt. In einer Verbandsmeldung verkündete er: "Damit sprechen die Händler ihr Vertrauen gegenüber dem Vertrieb der BMW AG aus." Ein Vertrauen, das viele kleinere BMW-Händler schon längst verloren haben. Vielleicht auch Entenmann selbst, der Anfang Oktober nach vollbrachter Tat mit seinem vorzeitigen Rücktritt die Konsequenzen aus dem Vertrauensschwund gezogen hat.

Keine Erfolge ohne den stationären Handel

Eines ist den BMW-Managern in München völlig klar. Es gibt keinen erfolgreichen Verkauf ohne Beratung durch den stationären Handel. "Es gibt Dinge, die das Internet nicht erfüllen kann. Dabei handelt es sich um Grundbedürfnisse der Konsumenten: Produkte anfassen und mitnehmen, kommunizieren -also soziale Komponenten befriedigen -und natürlich die persönliche Beratung", erläuterte erst kürzlich Johannes Kofler von Conrad Electronic auf einer E-Commerce Tagung des Händlerverbandes die Schwächen des Onlinevertriebes. Deshalb verlangt BMW von den Händlern, viel Geld für die Produktpräsentation und die Kundenberatung in die Hand zu nehmen.

Mobile Verkaufsteams sind geplant

Die Früchte dieser Arbeit möchte BMW dann selbst ernten -und zwar mit der vollen Palette des aktiven Direktvertriebes. Durch Telefonate eines BMW-Callcenters und direkte Kontaktnahme mit jenen Kaufinteressenten, die durch den Internetbesuch auf diversen BMW-Händlerseiten leicht zu orten sind. Das aktive BMW-Marketing soll den BMW-Händlern etwas auf die Sprünge helfen. Dafür sind auch mobile Verkaufsteams vorgesehen, die laut Händlervertrag nicht nur den Flottenkunden ihre Aufwartung machen dürfen.

Die Händler sollen dabei nicht leer ausgehen. In Punkt 5.2 des Vertrages verspricht ihnen der Konzern für jene Kunden, die sie selbst geworben haben, eine Kompensation ihrer Kosten -deren Höhe die jeweilige BMW-Importorganisation selbst bestimmen kann. Verständlich, dass eine derartige Vertragsgestaltung einiges an Vertrauen voraussetzt.

In den USA ist den Herstellern jegliche Konkurrenzierung ihrer eigenen Franchisenehmer und Vertragshändler verboten. In Europa gibt es ein derartiges Verbot nicht. Allerdings gibt es in der EU ein Verbot vertikaler Vertriebsbindungen - das auch für alle Händlerverträge gilt. Eine qualitative und quantitative Selektion des Händlernetzes ist nur erlaubt, wenn für das gesamte Vertriebsnetz diegleichen Voraussetzungen gelten. "Andernfalls führt sich das ganze Vertriebssystem ad absurdum", analysiert der deutsche Händlerrechtsexperte Professor Dr. Christian Genzow bei einem Treffen der Europäischen Vertriebsrechtsexperten in Paris die Rechtslage.

Sein Kollege Dr. Christian Bourgeon, der französische BMW-Händler berät, sieht im vertraglich abgesicherten BMW Direktvertrieb eine völlige Verzerrung des Wettbewerbs.

Mit den neuen Verträgen werden allen Händlern teure Investitionen für ihre Niederlassungen aufgezwungen- nur für BMW selbst gelten diese Standards nicht. Da reichen dem Hersteller ein Callcenter, ein Internetauftritt und einige fliegende Verkäufer zur Erfüllung der Vertriebsstandards. Die EDL-Experten bezweifelndaher, dass der neue BMW-Direktvertrieb der EU-Rechtslage entspricht. Und sind fassungslos, dass Entenmann dem Druck aus München nachgegeben und seinen Kollegen die Unterschrift unter ein derartiges Papier zugemutet hat.

Der Frust ist spürbar

Den Salzburger Landesgremialobmann Markus Kaufmann stört vor allem die Brutalität, mit der die Verträge und die neuen Standards den Händlern präsentiert wurden. So ist es ein absolutes Novum, dass ein Pkw-Produzent den Sitz seiner Konzernzentrale den Händlern als vertraglich vereinbarten Gerichtsstand aufs Aug" drückt. Darüber hinaus sind bisMärz 2015 teure bauliche Maßnahmen erforderlich -die selbst kleinere Betriebe 300.000 Euro kosten werden. Eine Schonfrist gibt es nur für Neubauten ab 2008: Die müssen erst bis 2017 neu gestaltet werden. Derzeit sind BMW-Experten unterwegs, um den einzelnen BMW-Partnern das erforderliche Investitionsvolumen vorzurechnen. So wartet auch Verbandsobmann Dr. Rudolf Weinmann auf einen derartigen Besuch. Allerdings drängt das nicht, da sein letzter Umbau erst im Herbst 2012 fertig geworden ist. "Mit diesen neuen Standards verkauft keiner ein Stück mehr", spricht er seinen Händlerkollegen ausder Seele.

"Die haben uns gesagt, da fährt die Eisenbahn drüber"

Ing. Udo Hermanseder vom Autohaus Salzkammergut hat das "Glück", dass ihm im Oktober 2012 ein Teil des Betriebes abgebrannt ist. "Wir konnten die neuen Standards im Zuge des Neubaus umsetzen", sagt er und wird bei diesem Kraftakt finanziell von seinem neuen Mehrheitsgesellschafter Gustav Esthofer unterstützt. Michael Schmidt von der Höglinger-Denzel GmbHwurde mit seinem Umbau als Voraussetzung zum BMW-i-Händler erst Anfang Oktober fertig. "Wir sind damit in Europa einer der Ersten mit der neuen CI." Die Kosten lagen weit über 300.000 Euro. "Damit war für uns das Unterschreiben kein Problem", meint er und hat für den zur Durchsetzung der Verträge angedrohten Lieferstopp keinerlei Verständnis. Dem pflichtet Weinmann resignierend bei. "Die haben uns gesagt, da fährt die Eisenbahn drüber." Trotz des Händlerfrusts ist er bemüht, mit dem seit knapp mehr als einem Jahr im Amt befindlichen BMW-Austria-Geschäftsführer Kurt Egloff weiterhinein gutes Einvernehmen herzustellen.