Die Hersteller schauen auf Profitabilität, sonst laufen sie Gefahr, keine Händler mehr zu haben", sagt Martinovsky. Seiner Erfahrung nach müssen die Hersteller ihre amerikanischen Vertriebspartner wesentlich besser behandeln als in Europa. Warum eigentlich? Dafür hat der Wiesenthal-Chef einige Gründe parat:

Die Händler sind in den USA für die Hersteller der einzige legale Vertriebskanal.

Eine direkte Kunden-Belieferung außerhalb dieses Franchise-Vertriebssystems -in Konkurrenz zu den eigenen Händlern -ist ihnen gesetzlich untersagt.

Es gibt nur einen gemeinsamen Händler-und Servicevertrag, keine Teilung in Handel und Werkstätte wie in Europa.

Damit gehört auch das lukrative Servicegeschäft ausschließlich den Händlern.

Die Händler können ihren Markenvertrieb frei verkaufen, die Franchisegeber haben nur ein Vorkaufsrecht.

Da der Hersteller/Importeur keine eigenen Niederlassungen betreiben darf, muss er den durch das Vorkaufsrecht erworbenen Betrieb sofort an einen neuen Franchisenehmer weiterverkaufen.

Einen neuen Partner findet er aber nur, wenn dieser Betrieb profitabel arbeitet. 2 Prozent Umsatzrendite ist für einen kapitalstarken Interessenten die Untergrenze. Deshalb muss der Hersteller auf die Profitabilität seiner Händler achten.

Da die Autohäuser profitabel sind, gibt es für diese stets auch genügend Kaufinteressenten.

Die Exit-Kosten sind bei Betriebsschließungen viel geringer, es gibt kaum Abfertigungen.

Auch die Hersteller sind mit dem System zufrieden

Die Grundstückspreise sind stets steigend -daher sind für Kfz-Unternehmer stets auch Liegenschaftskäufer außerhalb der Kfz-Branche vorhanden.

Es gibt für den Händler -anders als in Europa -immer mehrere Exit-Optionen. Daher muss der Hersteller den Händler bei Laune erhalten.

Daher werden Betriebe auch laufend gekauft und verkauft, die Hersteller haben darauf nur wenig Einflussmöglichkeit.

Die Hersteller sind mit diesem System zufrieden. Sie wissen aus alten Erfahrungen, dass sie im Retail nicht so profitabel wirtschaften wie selbstständige Unternehmer. Denn diese Niederlassungen hatten nicht die Aufgabe, Geld zu verdienen, sondern Autos in den Markt zu pumpen.

Durch den hohen Marktanteil der Hersteller/Importeure am europäischen Direktvertrieb an Endkunden (mehr als 50 Prozent) können sie den unabhängigen Händlern alles nach Belieben diktieren. Nach dem Motto: Mach"s oder du fliegst raus. Das führt zu demotivierten Händlern.

In Europa wird durch den EU-Gesetzgeber vorrangig der Intrabrand-Wettbewerb unter Markenkollegen forciert. Das soll die Verkaufspreise senken. Das führt jedoch zu einer Schwächung der Händler, die Abhängigkeit vom Hersteller steigt. Der Wettbewerb wird geschwächt.

Ziel der US-Gesetzgebung ist der Schutz der Konsumenten vor der Marktmacht der Hersteller. Dafür forciert sie den Interbrand-Wettbewerb zwischen den Herstellern und Marken. Um eine ausreichende Zahl an Marktteilnehmern und Outlets zu sichern, muss man diese schützen. Das fördert die Rentabilität und damit die Unabhängigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Händler. Das liegt im Interesseder Konsumenten.

In Amerika können die Hersteller den Händlern nichts diktieren, sie müssen die Händler mit Verkaufsprogrammen zu höheren Absatzzahlen motivieren. Motivierte Händler sind leistungsfähiger, dadurch wird der Wettbewerb gefördert.

Deutliche Unterschiede auch bei der Finanzierung

Es gibt keine Händlerbestellungen und keine Verkaufsziele. Der Hersteller ermittelt für den Händler den an seinem Standort benötigten Mix und stellt ihn dem Autohaus auf den Hof. Es gibt keine Überbelagerung, um einen Verkaufsdruck herzustellen. Die Händler tauschen allerdings untereinander aus. Dadurch gibtes keine Langsteher.

Die Lagerfinanzierung macht der Hersteller. Es wird jedes Auto einzeln bis zum Verkauf an den Kunden finanziert. Neuwagen gelten mit 80 Prozent des Einkaufspreises allen Banken als ausreichende Sicherheit. Aufgrund ihrer Bonität sind Autohändler begehrte Kunden.

Zwischen den Herstellern/Importeuren gibt es keine Berührungsängste. Ein Mercedes-Händler kann problemlos einen BMW-oder Audi-Betrieb kaufen. Damit wurden im Interesse der Konsumenten leistungsfähige Händlerstrukturen geschaffen. Unter 1.000 Neu-und Gebrauchtwagen zählt ein Autohaus bereits zu den Kleinbetrieben.

Die EU hat einige Dinge falsch gemacht

"Die EU-Kommission wollte einen schnellen Erfolg mit schnellen Preisreduktionen, deshalb hat sie den Intrabrand-Wettbewerb forciert", meint Martinovsky. SeinerÜberzeugung nach gibt es in Europa keinen fairen Wettbewerb. Die Industrieinteressen mit ihrem Direktvertrieb stehen im Vordergrund. "Der in den USA längst verankerte Händlerschutz interessiert in Europa überhaupt niemand."

Die Amerikaner sindüberzeugt, dass sich der Markt selbst regelt. Dafür müssen genügend gesunde Marktteilnehmer vorhanden sein. Die werden der EU-Kommission mit ihrer derzeitigen Wettbewerbspolitik langsam, aber sicher abhanden kommen.

Dass es auch in den USA nicht immer rosig war, ein Autohändler zu sein, lesen Sie in der nächsten Ausgabe von "AUTO&Wirtschaft", die Anfang Oktober erscheint.

55 Beschäftigte pro Betrieb

In den USA sind rund 17.600 Neuwagenhändler tätig, die im Jahr 2012 (neuere Auswertungen liegen noch nicht vor) Fahrzeuge um 676,4 Milliarden Dollar verkauften -das sind immerhin 14,9 Prozent des gesamten Verkaufsumsatzes in den Vereinigten Staaten. Ein durchschnittlicher US-Autohändler hat übrigens 55 Beschäftigte. Im Juli wurdenin den USA 1,428.464 neue Pkws verkauft, das sind um 9,1 Prozent mehr als im Juli 2013. Insgesamt stieg der Neuwagenabsatz heuer binnen Jahresfrist um 4,9 Prozent von 9.108.259 auf 9.552.800 Stück.

Steigerung bei Dieselautos und Elektrofahrzeugen

Interessant ist auch ein Blick auf die Antriebsarten, denn 93,75 Prozent aller Neuwagen werden noch immer mit Benzinantrieb verkauft. Diesel spielt trotz einer Steigerung um 13,2 Prozent mit 275.199 Neuwagen in den ersten sieben Monaten nur eine untergeordnete Rolle. Allerdings liegen Diesel-Pkws mit einem Anteil von 2,88 Prozent an den Neuzulassungen heuer erstmals fast gleichauf mit Hybrid-Fahrzeugen (279.644 Stück), die von Jänner bis Juli um 8,3 Prozent einbüßten. Plug-in-Hybride kamen auf 34.844 Einheiten, das sind 59,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch der Anteil der Elektroautos ist in den USA im Steigen begriffen; 31.582 Einheiten von Jänner bis Juli bedeuten ein Plus von 21,2 Prozent. Die höchsten Marktanteile in den USA verzeichnete im Juli General Motors (17,9 Prozent) vor Ford (15,1), Toyota (14,5) und Fiat Chrysler (12,4 Prozent). Mit deutlichem Abstand folgen Honda (9,2), Nissan (8,6), Hyundai (4,5), Kia (3,7), VW und BMW (je 2,2) und Daimler (2,1 Prozent). Alle anderen Hersteller zusammen mussten sich mit den verbleibenden 7,6 Prozent Marktanteil begnügen. (MUE)