Eines vorweg: Die Hoffnungen der Organisatoren, dass die mittlerweile 65. Auflage der weltgrößten Automobilausstellung mit einem Besucherplus enden würde, haben sich nicht erfüllt: 881.100 Besucher zählte man vom 12. bis 22. September, das war dann aber doch relativ deutlich weniger als 2011, als 928.000 Menschen gekommen waren, um sich die glitzernden Neuheiten anzuschauen. Dennoch sprachen die Veranstalter - traditionell ist es der Verband der Automobilindustrie (VDA) - von einem Erfolg, da am ersten Wochenende das schlechte Wetter ein besseres Ergebnis verhindert habe.
Wie auch immer: Die Vorbereitungen auf die nächste Schau (17.-27. September 2015) haben längst begonnen.
Neues Kundenpotenzial durch die Marke Abarth
Doch zurück auf die abgeschlossene Messe: Auf die absolute Abstimmung individueller Fahrzeugdetails auf (Leistungs-)Wünsche des Kunden und die Strahlkraft der Marke des gebürtigen Österreichers "Carlo" Abarth setzt Marco Giulio Magnanini, Chef der Marke Abarth. Die ungeheuer starke Marke bringe dem Konzern neue Potenziale und finanzkräftige Kunden, die man zum Beispiel mit einem "normalen" Fiat nicht gewinnen könne. Der Abarth wird als kleiner Luxuswagen wahrgenommen, der 500 sei das sportliche Einstiegsmodell. Es gebe aber speziell unter den Sammlern nicht wenige Kunden, die den Abarth vielleicht als Zweit- oder Drittauto neben anderen sportlichen Fahrzeugen haben.
Audi: das Ende des Entscheidungsstaus
In den ersten Wochen nach seinem Amtsantritt bei Audi habe er den Innovations- und Entscheidungsstau abgebaut, sagt der seit Sommer amtierende Technik-Vorstand Ulrich Hackenberg: "Doch nun muss man das in Autos umsetzen." Das in Frankfurt gezeigte Sport Quattro Concept sei das erste Beispiel: "Dieses Auto wurde in den Wochen vor der IAA noch sehr stark verändert. Es steht auf dem Modularen Längsbaukasten der 2. Generation und hat eine Elektrifizierung integriert. Dieser Plug-in-Hybrid wird in Zukunft noch eine große Rolle spielen. Audi lebt von Emotionen, und die müssen die Fahrzeuge rüberbringen. Das Ur-Gen Quattro erfährt nun eine neue Belebung."
Angst, dass BMW im Elektroauto-Bereich mit dem neuen i3 und dem künftigen i8 einen großen Vorsprung auf die Ingolstädter herausfahren könnte, hat Hackenberg nicht: "Man muss sich Elektroautos in der Planung genau nach ihrem Einsatzspektrum anschauen. Wir haben im Konzern den VW e-up! als Einstiegsmodell und ab 2014 den e-Golf als kompaktes Volumenfahrzeug. Aber auch Plug-ins haben ihre Berechtigung. Nun müsse man sehen, wie der Markt all diese Fahrzeuge aufnehme, meint der Audi-Vorstand: Das vom Konkurrenten BMW eigens für die Produktion der E-Autos errichtete Werk in Leipzig rechne sich nur bei entsprechenden Stückzahlen.
"Wir haben den Elektroantrieb, welcher Art auch immer, in unsere Fahrzeuge integriert. Damit können wir unsere Werke so steuern, dass sie immer ausgelastet sind. Das ist auch für die Beschäftigten sehr wichtig."
Chevrolet: mit neuem Chef zu neuen Zielen
Erst seit wenigen Monaten im Amt ist auch Thomas Sedran, der neue Europa-Chef von Chevrolet. Sedran, der zuvor bei Opel tätig war, nennt als eines seiner Ziele, die Unterschiede zwischen den Modellen von Opel und Chevrolet stärker herauszuarbeiten. "Wenn man sich Chevrolet Trax/Opel Mokka, Chevrolet Aveo/Opel Corsa und Chevrolet Cruze/Opel Astra ansieht, sehen wir kaum Interaktionen: Was aber nicht heißt, dass manes nicht besser machen kann." Er glaubt auch nicht, dass Chevrolet im Kampf um preisbewusste Kunden gegen Dacia antreten sollte: "Ich vermute vielmehr, dass am Markt Luft entstehen wird, weil Hyundai bei Preis und Ausstattung nach oben will. Und die bisherigen Kunden muss jemand bedienen, zum Beispiel Chevrolet."
InÖsterreich hatte Chevrolet in den vergangenen Jahren stets rund 1,3 Prozent Marktanteil. Sedran, der mit einer Österreicherin verheiratet ist, will auch hier nach oben: "Ich bin hier, um zu gewinnen, das gilt für alle Märkte, und ich will mehr Marktanteil holen: Aber ich bin Kaufmann genug, dassich auch sage: Nicht um jeden Preis. Viel wichtiger ist eine systematische Entwicklung von Kunden und Händlern. Und da könnten beispielsweise mehr kleingewerbliche Kunden interessant sein."
Citroën nach Rückgängen wieder optimistisch
Trotz der starken Rückgänge bei den Verkäufen ist Arnaud de Lamothe, Marketingdirektor von Citroën, einigermaßen optimistisch: "Es stimmt, wir hatten schon 2011 und 2012 schlechte Zahlen, da der Markt in Frankreich, Italien und Spanien stark eingebrochen ist. Das war auch in den ersten Monaten 2013 so, ist aber zuletzt besser geworden." Erfreulich sei auch, dass sich die französische Marke heuer in Großbritannien um ungefähr 4 Prozent gesteigert habe. "Daher halten wir derzeit bei einem Marktanteil von 4,3 Prozent in Europa."
Der Grund für die Schwäche sei auch darauf zurückzuführen, dass Citroën im B-Segment immer besonders stark gewesen sei: "Das macht immerhin 40 Prozent des europäischen Marktes aus. Doch wir hatten Probleme in der C3-Fabrik und haben allein deshalb in Europa 0,3 Prozent im Marktanteil verloren."
Ford will mit neuer Ausstattung nach oben kommen
Marktrückgänge begleiten auch Ford: Europa-Vertriebschef Roelant de Waard führt dies jedoch auch auf Kapazitätsanpassungen und Produktionsumstellungen zurück, wodurch einige wichtige Modelle eine Zeitlang nicht voll verfügbar gewesen seien. Dies sei auch für Österreich besonders wichtig, wo Mondeo, Galaxy und S-MAX traditionell einen großen Stellenwert im Portfolio hätten. Aber auch durch die Einführung neuer Produkte wie Kuga, B-MAX, Transit Custom und Fiesta habe Ford an Wichtigkeit gewonnen; Ähnliches erhoffe man sich nun auch durch den Start des Mini-SUVs Ecosport.
Die von Ford ins Leben gerufene neue Ausstattungslinie Vignale, die auf der IAA vorgestellt wurde, solle ab nächstem Jahr Premiumkunden begeistern, sagt de Waard: "Damit wollen wir nicht Ghia wieder einführen, sondern setzen ganz bewusst ein Signal, dass es sich um moderneren Luxus handelt als seinerzeit bei Ghia." Noch sei nicht klar, welche Händler mitmachen werden, da dies ja auch mit Kosten verbunden sei: "Einige Händler werden sicher expandieren müssen, wenn sie die ganze Bandbreite von Vignale anbieten wollen."
Flottenkunden als Hoffnungsträger von Infiniti
Christian Blank, Direktor für Zentraleuropa von Infiniti, erwartet für die Marke im 2. Halbjahr eine positive Entwicklung: Der Launch des Q50 werde noch Schwung in die Absatzzahlen bringen, ist er positiv gestimmt. Das neue Modell sei nicht zuletzt dank der 170-PS-Dieselmotorisierung nicht nur in Diesel-Ländern relevanterfür die angepeilte neue Zielgruppe der Flottenkunden als das Vorgängermodell und die Antriebsalternative (Hybridantrieb, 364 PS). Künftig werde die Marke daher zusätzlich zu Privat-und B2B-Kunden deutlich mehr die mittleren und großen Flottenbetreiber ansprechen. Mit dem künftigen Modell Q30 könne Infiniti die Zielgruppe nochmals zu den "Jungen und jenen, die sich jung fühlen" ausweiten. Die Marke Infiniti stehe vor allem für Performance und die Kunden wollten sich abheben, das gelte speziell für das wichtigste Produkt, den FX.
Raubkatze setzt zum nächsten Sprung an
Kein anderer Autobauer wächst derzeit so schnell wie Jaguar. Im 1. Halbjahr verzeichnete die Nobelmarke in indischem Besitz ein Plus von 29 Prozent. "Im Gesamtjahr erwarten wir, dass die Zuwächse noch stärker ausfallen werden", sagt Global Brand Director Adrian Hallmark. "Großartig" werde zum Beispiel der neue F-Type vom Markt angenommen: In den USA, Großbritannien und Deutschland (gemeinsam machen diese Länder 80 Prozent des weltweiten Sportwagenmarktes aus) entfalle ein Fünftel aller Segmentzulassungen auf das erst vor wenigen Monaten eingeführte Cabrio.
Mittelfristig hat Jaguar freilich noch viel mehr vor. Ab 2015 wird eine Mittelklasselimousine in neuartiger Aluminiumbauweise gegen BMW 3er, Audi A4 und Co antreten. Kurz darauf könnte ein (in Frankfurt als Studie gezeigtes) SUV folgen. Das weltweite Händlernetz soll bis Ende 2016 von rund 1.000 auf 1.500 Standorte ausgebaut werden. "Das wird ein gewaltiger Schub für unser Geschäft sein", meint Hallmark, für den Stückzahlen dennoch nur ein "beinahe sekundäres Ziel", sind: "Entscheidend ist, dass wir mit jeder Stückzahl ein zufriedenstellendes wirtschaftliches Ergebnis erreichen können."
Kia ist gegen den Markttrend unterwegs
"Wir sind gut unterwegs", sagt Michael Cole, COO von Kia Motors Europe. Das kann wahrlich nicht jeder Hersteller von sich behaupten, doch die koreanische Marke dürfte in Zentral-und Westeuropa heuer eine Absatzsteigerung von 338.000 auf rund 340.000 Einheiten erreichen. "Da der Gesamtmarkt wahrscheinlich um 4 oder 5 Prozent rückläufig sein wird, sollte unser Marktanteil parallel von 2,7 auf rund 2,9 Prozent steigen", erklärt Cole.
Immer wichtiger wird für Kia die Produktion in Europa. Deren Anteil an den Verkäufen soll heuer von 54 auf 59 Prozent steigen - auch deshalb, weil sich hier gefertigte Modelle wie der cee"d (Cole erwartet ein Plus von 4 Prozent) oder der Sportage (plus 8 Prozent) besonders gut verkaufen. Die kontinuierliche Aufwärtsentwicklung der Marke - von nationalen Besonderheiten wie in den vergangenen Monaten in Österreich abgesehen - wirkt sich auch auf das Vertriebsnetz aus. Cole beobachtet hier eine "natürliche Tendenz" zu Exklusivbetrieben: "Bei vielen Händlern, die uns vor 4 oder 5 Jahren als zweite Marke hinzugenommen haben, sind wir mittlerweile zum wichtigsten oder überhaupt zum einzigen Fabrikat geworden."
Alternative für Individualisten: Lexus
Paul van der Burgh, Director von Lexus Europe, betont, dass man eine mit 25 Jahren junge, speziell in Westeuropa kleine Marke sei, die dem Volumen nicht hinterherjage. Produktionskapazität sei ein Thema, man formuliere aber keine Absatzziele. Das stetige, konsequente Wachstum fortzusetzen sei man bestrebt. Die jährlich zuletzt halbe Million Lexus sei eine gute Grundlage für die Zukunft. Man jage zum Beispiel nicht der in Deutschland heimischen Konkurrenz hinterher. Lexus schauesich auch nicht bestimmte Märkte an, sondern wolle Individualisten fokussierte Fahrzeugmodelle in Verbindung mit erstklassigem Service anbieten. "Nicht jeder will ein in großer Stückzahl verkauftes Auto fahren!", sagt van der Burgh. Mit dem in Frankfurt als Konzept gezeigten LX-NF zeige Lexus, wohin es in Zukunft gehe; Lexus steige damit in das wichtige C-SUV-Segment ein.
Nissan sieht sich auf derÜberholspur
"Wir setzen unsere Schätzungen ganz bewusst um 20 Prozent zu niedrig an", sagt Andy Palmer, Executive Vice President von Nissan. Mit dieser konservativen Herangehensweise wolle man das Problem der Überproduktion, das nach wie vor viele Autohersteller plagt, vermeiden: "Wenn ich die Wahl habe, ist mir ein Verfügbarkeitsproblem allemal lieber als ein Absatzproblem."
Mit dieser Strategie fährt der japanische Partner von Renault ("die Allianz ist gesünder als je zuvor") offensichtlich sehr gut. In Europa will Palmer bis zum Ende des Wirtschaftsjahres 2016 zum stärksten asiatischen Hersteller werden. Weltweit soll es heuer gelingen, die Verkäufe von 4,9 auf rund 5,3 Millionen Autoszu steigern. "Das würde einem Marktanteil von 6,5 Prozent entsprechen", so Palmer. "Bis 2016 streben wir einen Marktanteil von 8 Prozent an, das wären dann 7 bis 7,6 Millionen Fahrzeuge."
Renault als Pionier bei der E-Mobilität
Vom Ziel, bis zum Ende des Wirtschaftsjahres 2016 rund 1,5 Millionen Elektroautos zu verkaufen, hat sich Renault verabschiedet. Laut der für E-Fahrzeuge verantwortlichen Direktorin Béatrice Foucher kann es nunmehr 2020 so weit sein: "Bis dahin ist in geeigneten Märkten ein Anteil von 10 Prozent der Neuzulassungen durchaus realistisch, sofern wir Unterstützungen von den Regierungen bekommen, eine ausreichende Infrastruktur aufgebaut wird und das entsprechende Bewusstsein in der Bevölkerung vorhanden ist." Ein gutes Beispiel dafür sei Norwegen, wo die ersten Elektroautos schon jetzt einen Marktanteil von knapp 3 Prozent erreichen würden.
Für Foucher steht fest, dass E-Fahrzeuge vorerst auf staatliche Kaufanreize angewiesen sind: "Die Kosten einer neuen Technologie sind nun einmal hoch, daher müssen auch die Preise höher sein." Mit den rund 7.000 Bestellungen für den Zoé, das jüngste E-Mobil von Renault, ist Foucher durchaus zufrieden. Insgesamt kann sie auf bisher über 100.000 Elektroauto-Verkäufe innerhalb der Allianz mit Nissan verweisen, davon entfielen rund 30.000 Stück auf Renault. Das beliebteste Modell war dabei der zweisitzige Twizy mit 11.000 Stück, gefolgt vom Kangoo Z.E., dem neuen Zoé sowie dem Fluence Z.E.
Toyotas Comeback mit Hybrid-Turbo
Während in Frankfurt das (reine) Elektroauto die Schlagzeilen dominierte, setzt Toyota weiterhin auf Hybridmotoren. Derzeit kommen diese in jedem vierten in Europa verkauften Toyota zum Einsatz, mittelfristig soll der Anteil auf 50 Prozent steigen. Alain Uyttenhoven, Vice President von Toyota MotorEurope, verweist auf die offensichtlichen wirtschaftlichen Vorteile für den Konsumenten: "Bei den heutigen Kosten der Batterien ist es sehr schwierig, ein Elektroauto auf den Markt zu bringen, das ökonomisch Sinn macht. Wenn ein Golf mit Elektroantrieb 36.000 Euro kostet und ein herkömmlicher Golf 18.000 oder 19.000 Euro, wird es wohl nicht gelingen, diesen Mehrpreis durch den Wegfall der Spritkosten zu kompensieren."
Hybridfahrzeuge haben sich dagegen in so gut wie allen Segmenten etabliert. "Die Restwerte sind sogar etwas besser als bei konventionellen Motorisierungen", berichtet Uyttenhoven, der - mit Unterstützung der Hybridtechnologie - das eindrucksvolle Comeback der vergangenen Jahre fortsetzen will:
"Wir möchten heuer wieder etwas mehr Autos verkaufen als im letzten Jahr, obwohl wir erwarten, dass der Markt neuerlich um 5 Prozent sinken wird.
Unser Marktanteil sollte vor diesem Hintergrund von 4,5 Prozent auf rund 4,8 Prozent steigen." Als mittelfristiges Ziel gilt laut Uyttenhoven die Rückkehr von zuletzt 838.000 Stück auf 1 Million Verkäufe pro Jahr.
Spezialgebiet mit Wachstums-Chancen
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