Jahrelang haben die Markenwerkstätten über eine unzureichende
Vergütung ihrer Garantieleistungen geklagt. Seit dem 1. Juni sollte
das Jammern vorbei sein -schließlich gilt seither das
Kraftfahrzeugsektor-Schutzgesetz (KraSchG).
Das neue Gesetz hält fest, dass Garantiearbeiten künftig gerecht
-entsprechend dem notwendigen und nützlichen Aufwand -vergütet werden
müssen. Doch an den Serviceverträgen der Markenhändler hat sich
bisher nichts geändert. Deshalb prüfen derzeit das Bundesgremium und
der Markenhändlerverband VÖK, wie dieeinzelnen Betriebe das Gesetz
in der Praxis nützen können.
Hoher Garantieanteil
Als erster Schritt wird die Angemessenheit der derzeitigen
Vergütungspraxis unter die Lupe genommen. Als Basis dient eine im
Oktober 2010 fertiggestellte Untersuchung der KMU Forschung Austria,
die lediglich aktualisiert werden muss. Denn an den Eckdaten hat sich
seither nichts geändert.
Beim Großteil der 44 befragten Unternehmen handelt es sich um
Mehrmarkenbetriebe. Sie kamen 2009 auf einen durchschnittlichen
Umsatz von etwa 10 Millionen Euro. Mehr als 50 Prozent entfielen auf
den Verkauf von Neuwagen, weiter 25 Prozent wurden im
Werkstattbereich und die restlichen 25 Prozent im
Gebrauchtwagengeschäft erwirtschaftete. Beim Werkstattumsatz stammten
53 Prozent aus allgemeinen Reparaturen, 33 Prozent aus dem
Ersatzteilverkauf und 14 Prozent aus Garantie-und
Gewährleistungsverpflichtungen. Bemerkenswert ist dabei die Tatsache,
dass bei kleineren Betrieben der Garantieaufwand überdurchschnittlich
hoch ist.
Großer Mehraufwand
Im Unterschied zu den allgemeinen Reparaturen müssen bei den
Garantiearbeiten die Vorgaben des Herstellers für Diagnose-und
Reparaturzeiten strikt eingehalten werden. Viele Betriebe sind jedoch
nicht in der Lage, diese Richtzeiten einzuhalten. Besonders große
Abweichungen sind im Vergleich zum normalen Kundengeschäft bei der
Fehlersuche zu finden. Die Studie ortet dafür folgende Ursachen.
Erstens betreffen Beanstandungen meist neue Fahrzeugmodelle, mit
denen die Werkstätten nur wenig bis gar keine Erfahrung haben. Die
ersten Käufer dienen den Herstellern als Versuchskaninchen -es
existieren noch keine Leitfäden, wie mit den Reklamationen umzugehen
ist. Zweitens findet die zeitaufwändige Identifikation von Fehlern,
wie sie etwa häufig bei Elektronikproblemenauftreten, in den
Vorgabezeiten keine Entsprechung. Zudem erschwert auch noch die meist
ungenaue Mängelbeschreibung der Kunden ("Hilfe, mein Auto springt in
der Früh nicht an!") die Suche.
Die KMU Forschung hat auch die Unterschiede zwischen normalen
Kundenaufträgen und Garantiereparaturen näher unter die Lupe
genommen. Von Fahrzeugübernahme bis zur Überprüfung der
Garantiegutschriften durch die Buchhaltung summiert sich der
zeitliche Mehraufwand auf 60 Minuten. Auf Basis des
durchschnittlichen Stundensatzes bedeutet dies pro Garantieauftrag
zusätzliche Kosten von 83 Euro.
Keine Spur von Vollkostenvergütung
In Sachen Garantievergütung sind die Modalitäten von Importeur zu
Importeur recht unterschiedlich. Alle Abrechnungssysteme haben jedoch
einen gemeinsamen Nenner: Sie sind von einer Vollkostenkalkulation
weit entfernt. Eine angemessene Vergütung der Arbeitszeit und des
Ersatzteilhandlings ist in keinem Servicevertrag vorgesehen.
Die KMU-Erhebung hat gezeigt, dass beim Kundenverrechnungssatz für
Kfz-Techniker durchschnittlich ein Abschlag von 10 Prozent
vorgenommen wird sowie Spengler-und Lackiererarbeiten nur mit einem
Abschlag von 20 Prozent refundiert werden. Hinzu kommt, dass 90
Prozent der Befragten angaben, nicht alle für Garantiearbeiten
geleistete Stunden abgegolten bekommen zuhaben. Im Durchschnitt
wurden 2009 bloß 85 Prozent der tatsächlich geleisteten
Arbeitsstunden vergütet.
Vielfach war dies auf die bereits erwähnten unrealistischen
Richtzeiten zurückzuführen. Die KMU Forschung empfiehlt daher, "eine
unabhängige Organisation in die Erfassung und Begutachtung von
Vorgabezeiten einzubinden." Sie verweist auf das deutsche Beispiel
der "Interessengemeinschaft für Fahrzeugtechnik und Lackierung"(IFL),
dievon verschiedenen Verbänden und Organisationen aus der
Kfz-Branche gegründet wurde. Eine ihrer Aufgaben ist die Ermittlung
von Fehlern und Mängeln bei EDV-gestützten
Reparatur-Kalkulationssystemen. Im Dialog mit den Herstellern wird
dann versucht, derartige Fehler zu identifizieren und abzustellen.
Da nicht alle geleisteten Stunden abgegolten werden, reduziert dies
die Refundierung je geleisteter Stunde. "Im Median werden für den
Kfz-Techniker zwar pro verrechenbarer Stunde rund 75 Euro refundiert,
aber nur 85 Prozent der aufgewendeten Stunden werden abgegolten. Auf
alle geleisteten Stunden aufgeteilt ergibt sich für den Kfz-Techniker
somit nur eine Refundierung von 64 Euro je geleisteter Stunde", so
die Studie. ImEndeffekt würden dadurch vom Hersteller bloß 77
Prozent des effektiven Kfz-Techniker Stundensatzes tatsächlich
refundiert. Auf den restlichen 23 Prozent bleibe der Betrieb sitzen.
Teilehandling als Verlustgeschäft
Schlecht schaut es bei der "Handling Charge" für Ersatzteile aus. Die
tatsächlich anfallenden Handling-Kosten liegen bei der normalen
Reparatur im Durchschnitt bei 22 Prozent. Durch spezielle
Bestell-,Lagerungs-und Dokumentationsvorschriften erhöht sich dieser
Aufwand für Garantiearbeiten um weitere 4 Prozent des
Nettoeinkaufspreises. Durchschnittlich werden den Betrieben jedoch
nur 10 Prozent der Kosten des Ersatzteil-Handlings vergütet. "Damit
ergibt sich ein negativer Deckungsbeitrag von 16 Prozent des
Nettoeinkaufspreises. Bei Berücksichtigung der
Materialbezugskonditionen bzw. eines expliziten Gewinnaufschlages in
der Kalkulation würde das den Deckungsbeitrag zusätzlich mindern",
umreißt die KMU-Studie den Umfang dieses Verlustgeschäftes.
Massiv belastete Erträge
Wie wirken sich nun der 23-Prozent-Abschlag beim Stundensatz und das
16-Prozent-Deckungsminus bei den Ersatzteilen auf die Ertragslage
aus?"Im Durchschnitt ergibt sich durch die Bearbeitung und Abwicklung
von Garantiearbeiten ein Fehlbetrag von rund 20.000 Euro, der von den
Unternehmen selbst getragen werden muss", zieht die KMU-Studie
realistisch Bilanz. Wobei in diesem Betrag die Zusatzbelastung durch
Rückzahlungen an den Importeur im Rahmen eines Garantie-Audits noch
gar nicht berücksichtigt sind.
"Die Betriebe müssen jetzt prüfen, welches Volumen sie haben und wie
der Ertrag der Garantiearbeiten im Vergleich zum übrigen
Handelsgeschäft aussieht", rät VÖK-Obmann Mag. Ing. Johann Jobst zu
einer gründlichen Kostenanalyse. "Dann sollte das an den Vorstand
seines Markenverbandes herangetragen werden. Dermuss dann die
weitere Vorgangsweise beschließen." In erster Linie wird es dabei um
das Gespräch mit dem Importeur gehen. "Wenn das nichts bringt, ist
das Schlichtungsverfahren einzuleiten", verweist sein Stellvertreter
Ing. Helmut Destalles auf die Vorteile einer Rechtsschutzversicherung
der Garanta, welche im Gegensatz zu anderen Versicherungen auch die
Kosten einer derartigen vorprozessualen "Schlichtung" trägt.