Das neue Gesetz hält fest, dass Garantiearbeiten künftig gerecht -entsprechend dem notwendigen und nützlichen Aufwand -vergütet werden müssen. Doch an den Serviceverträgen der Markenhändler hat sich bisher nichts geändert. Deshalb prüfen derzeit das Bundesgremium und der Markenhändlerverband VÖK, wie dieeinzelnen Betriebe das Gesetz in der Praxis nützen können.

Hoher Garantieanteil

Als erster Schritt wird die Angemessenheit der derzeitigen Vergütungspraxis unter die Lupe genommen. Als Basis dient eine im Oktober 2010 fertiggestellte Untersuchung der KMU Forschung Austria, die lediglich aktualisiert werden muss. Denn an den Eckdaten hat sich seither nichts geändert.

Beim Großteil der 44 befragten Unternehmen handelt es sich um Mehrmarkenbetriebe. Sie kamen 2009 auf einen durchschnittlichen Umsatz von etwa 10 Millionen Euro. Mehr als 50 Prozent entfielen auf den Verkauf von Neuwagen, weiter 25 Prozent wurden im Werkstattbereich und die restlichen 25 Prozent im Gebrauchtwagengeschäft erwirtschaftete. Beim Werkstattumsatz stammten 53 Prozent aus allgemeinen Reparaturen, 33 Prozent aus dem Ersatzteilverkauf und 14 Prozent aus Garantie-und Gewährleistungsverpflichtungen. Bemerkenswert ist dabei die Tatsache, dass bei kleineren Betrieben der Garantieaufwand überdurchschnittlich hoch ist.

Großer Mehraufwand

Im Unterschied zu den allgemeinen Reparaturen müssen bei den Garantiearbeiten die Vorgaben des Herstellers für Diagnose-und Reparaturzeiten strikt eingehalten werden. Viele Betriebe sind jedoch nicht in der Lage, diese Richtzeiten einzuhalten. Besonders große Abweichungen sind im Vergleich zum normalen Kundengeschäft bei der Fehlersuche zu finden. Die Studie ortet dafür folgende Ursachen.

Erstens betreffen Beanstandungen meist neue Fahrzeugmodelle, mit denen die Werkstätten nur wenig bis gar keine Erfahrung haben. Die ersten Käufer dienen den Herstellern als Versuchskaninchen -es existieren noch keine Leitfäden, wie mit den Reklamationen umzugehen ist. Zweitens findet die zeitaufwändige Identifikation von Fehlern, wie sie etwa häufig bei Elektronikproblemenauftreten, in den Vorgabezeiten keine Entsprechung. Zudem erschwert auch noch die meist ungenaue Mängelbeschreibung der Kunden ("Hilfe, mein Auto springt in der Früh nicht an!") die Suche.

Die KMU Forschung hat auch die Unterschiede zwischen normalen Kundenaufträgen und Garantiereparaturen näher unter die Lupe genommen. Von Fahrzeugübernahme bis zur Überprüfung der Garantiegutschriften durch die Buchhaltung summiert sich der zeitliche Mehraufwand auf 60 Minuten. Auf Basis des durchschnittlichen Stundensatzes bedeutet dies pro Garantieauftrag zusätzliche Kosten von 83 Euro.

Keine Spur von Vollkostenvergütung

In Sachen Garantievergütung sind die Modalitäten von Importeur zu Importeur recht unterschiedlich. Alle Abrechnungssysteme haben jedoch einen gemeinsamen Nenner: Sie sind von einer Vollkostenkalkulation weit entfernt. Eine angemessene Vergütung der Arbeitszeit und des Ersatzteilhandlings ist in keinem Servicevertrag vorgesehen.

Die KMU-Erhebung hat gezeigt, dass beim Kundenverrechnungssatz für Kfz-Techniker durchschnittlich ein Abschlag von 10 Prozent vorgenommen wird sowie Spengler-und Lackiererarbeiten nur mit einem Abschlag von 20 Prozent refundiert werden. Hinzu kommt, dass 90 Prozent der Befragten angaben, nicht alle für Garantiearbeiten geleistete Stunden abgegolten bekommen zuhaben. Im Durchschnitt wurden 2009 bloß 85 Prozent der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden vergütet.

Vielfach war dies auf die bereits erwähnten unrealistischen Richtzeiten zurückzuführen. Die KMU Forschung empfiehlt daher, "eine unabhängige Organisation in die Erfassung und Begutachtung von Vorgabezeiten einzubinden." Sie verweist auf das deutsche Beispiel der "Interessengemeinschaft für Fahrzeugtechnik und Lackierung"(IFL), dievon verschiedenen Verbänden und Organisationen aus der Kfz-Branche gegründet wurde. Eine ihrer Aufgaben ist die Ermittlung von Fehlern und Mängeln bei EDV-gestützten Reparatur-Kalkulationssystemen. Im Dialog mit den Herstellern wird dann versucht, derartige Fehler zu identifizieren und abzustellen.

Da nicht alle geleisteten Stunden abgegolten werden, reduziert dies die Refundierung je geleisteter Stunde. "Im Median werden für den Kfz-Techniker zwar pro verrechenbarer Stunde rund 75 Euro refundiert, aber nur 85 Prozent der aufgewendeten Stunden werden abgegolten. Auf alle geleisteten Stunden aufgeteilt ergibt sich für den Kfz-Techniker somit nur eine Refundierung von 64 Euro je geleisteter Stunde", so die Studie. ImEndeffekt würden dadurch vom Hersteller bloß 77 Prozent des effektiven Kfz-Techniker Stundensatzes tatsächlich refundiert. Auf den restlichen 23 Prozent bleibe der Betrieb sitzen.

Teilehandling als Verlustgeschäft

Schlecht schaut es bei der "Handling Charge" für Ersatzteile aus. Die tatsächlich anfallenden Handling-Kosten liegen bei der normalen Reparatur im Durchschnitt bei 22 Prozent. Durch spezielle Bestell-,Lagerungs-und Dokumentationsvorschriften erhöht sich dieser Aufwand für Garantiearbeiten um weitere 4 Prozent des Nettoeinkaufspreises. Durchschnittlich werden den Betrieben jedoch nur 10 Prozent der Kosten des Ersatzteil-Handlings vergütet. "Damit ergibt sich ein negativer Deckungsbeitrag von 16 Prozent des Nettoeinkaufspreises. Bei Berücksichtigung der Materialbezugskonditionen bzw. eines expliziten Gewinnaufschlages in der Kalkulation würde das den Deckungsbeitrag zusätzlich mindern", umreißt die KMU-Studie den Umfang dieses Verlustgeschäftes.

Massiv belastete Erträge

Wie wirken sich nun der 23-Prozent-Abschlag beim Stundensatz und das 16-Prozent-Deckungsminus bei den Ersatzteilen auf die Ertragslage aus?"Im Durchschnitt ergibt sich durch die Bearbeitung und Abwicklung von Garantiearbeiten ein Fehlbetrag von rund 20.000 Euro, der von den Unternehmen selbst getragen werden muss", zieht die KMU-Studie realistisch Bilanz. Wobei in diesem Betrag die Zusatzbelastung durch Rückzahlungen an den Importeur im Rahmen eines Garantie-Audits noch gar nicht berücksichtigt sind.

"Die Betriebe müssen jetzt prüfen, welches Volumen sie haben und wie der Ertrag der Garantiearbeiten im Vergleich zum übrigen Handelsgeschäft aussieht", rät VÖK-Obmann Mag. Ing. Johann Jobst zu einer gründlichen Kostenanalyse. "Dann sollte das an den Vorstand seines Markenverbandes herangetragen werden. Dermuss dann die weitere Vorgangsweise beschließen." In erster Linie wird es dabei um das Gespräch mit dem Importeur gehen. "Wenn das nichts bringt, ist das Schlichtungsverfahren einzuleiten", verweist sein Stellvertreter Ing. Helmut Destalles auf die Vorteile einer Rechtsschutzversicherung der Garanta, welche im Gegensatz zu anderen Versicherungen auch die Kosten einer derartigen vorprozessualen "Schlichtung" trägt.