"fahr(T)raum": So nennt Ernst Piëch das Denkmal, das er für seinen
Großvater Dr. Ferdinand Porsche (1875-1951) in Mattsee nahe Salzburg
errichtet hat. Eine Mitte Juni eröffnete Hommage an die Entwicklung
der Mobilität, die mit außergewöhnlichen und solitären Exponaten
zwischen 1900 und 1930 glänzt.
Ernst Piëch, der um 12 Jahre ältere Bruder des VW-Aufsichtsratschefs
Ferdinand, wollte ganz bewusst kein weiteres Porsche-Museum gründen.
Schließlich gibt es in Stuttgart seit 2009 auf 20.000 Quadratmetern
eine durchaus beeindruckende Leistungsschau all jener Porsche, die
nach dem 2. Weltkrieg Sportwagengeschichte geschrieben haben. Auf
einen kleinen musealen Bruder stoßen Porsche-Fans im Kärntner Gmünd,
der Nachkriegsheimat von Ferdinand. Im Gegensatz zu diesen
Oldtimer-Sammlungen ging es dem Porsche-Enkel darum, mit seiner
kleinen, aber feinen Sammlung die technische Vielseitigkeit des
genialen Konstrukteurs zu demonstrieren.
Das erste allradgetriebene Fahrzeug der Welt
Ein herausragendes Gustostückerl ist der 1901 vom jungen
Elektrotechniker Porsche für Ludwig Lohner entwickelte
"Mixte"-Antrieb. Schon im Jahr davor hatte er für einen reichen
Engländer einen rein batteriegetriebenen Elektrowagen mit vier
Radnabenmotoren entworfen -das erste allradgetriebene Fahrzeug der
Welt, das aufgrund der geringen Batterieleistung allerdings nur eine
recht bescheidene Reichweite hatte. So kam er auf die Idee, die
Batterie nicht extern zu laden, sondern den Strom per Generator mit
einem Benzinmotor (bei konstanten 2.000 Touren) gleich im Auto zu
produzieren.
Späte Wiedergeburt als Hybridantrieb
Ernst Piëch versteht es meisterhaft, all die Details der einzelnen
Porsche-Erfindungen dem staunenden Besucher näher zu bringen. Etwa,
wie clever die "Schaltung" dieses ersten elektromechanischen Antriebs
konzipiert war. Die Geschwindigkeit hängt davon ab, ob 4,8 oder 12
Elektromagneten aktiviert werden.Diese getriebelose Kraftübertragung
hatte Porsche dann als Chef der Wiener Neustädter Austro
Daimler-Werke (im Eigentum der Skoda-Werke) weiter verfeinert. 1923
kauften ihm die Daimler-Werke die Nutzungsrechte für diese
elektromechanischen Antriebe ab -und Porsche stellte die
Weiterentwicklung dieser Hybridautos ein. Erst vor kurzer Zeit kamen
die "Benzinbrüder" auf die Idee, sich beim Fahrzeugantrieb erneut der
Elektrotechnik zuzuwenden - Porsches "Mixte" erlebte somit 100 Jahre
später als "Hybridantrieb" seine Wiedergeburt.
Viel Mut bewies Porsche bei der Entwicklung des "Prinz Heinrich", den
Piëch auch heute noch gelegentlich durch die Gegend kutschiert: Bei
Austro Daimler konzipierte Porsche für Igo Etrich einen Flugmotor,
mit dem seine legendäre "Taube" 1910 den ersten Fernflug von Wiener
Neustadt nach Wien und retour schaffte. Der Flugpionier revanchierte
sich, indem er im selben Jahr eine von Porsches Motorkutschen als
Rennversion stromlinienförmig verkleidete.
Der windschnittige, aber mit 5.712 Kubikzentimetern völlig
übermotorisierte Wagen erreichte bis zu 138 km/h- und verwies auf der
1.944 Kilometer langen "Prinz-Heinrich-Fahrt" alle Konkurrenten
abgeschlagen auf die Plätze. Porsche selbst pilotierte den
Siegerwagen. Zwei weitere "Porsche" landeten auf Platz 2 und 3.
Auch Stoßdämpfer gab es bereits
Piëch macht darauf aufmerksam, wie schwer es war, sich bei den
damaligen Straßenverhältnissen bei diesem Tempo als Fahrer im
"Sattel" zu halten. Was seinen Großvater "en passant" dazu
veranlasste, für seinen "Prinz Heinrich" den weltweit ersten
Stoßdämpfer zu entwickeln, der es auch den Gästenauf den Rücksitzen
ermöglichte, derartige Fahrten heil zu überstehen.
Auch Ausfahrten sind möglich
Wie man sich in solchen Antiquitäten fühlt, kann man bei einer
Ausfahrt in und um Mattsee gleich ausprobieren. Um durchaus leistbare
250 Euro für die erste Stunde (und 150 Euro je Stunde danach) ist man
-mit Chauffeur -mit einem Austro Daimler "Australier" Baujahr 1912
mit drei Mitfahrerplätzen oder einem Austro Daimler "Argentinier" mit
5 Mitfahrerplätzen mit dabei. Womit Piëch lebendig unter Beweis
stellt, dass sein Fahrtraum mobile Realität und kein Museum ist.
Auch Traktoren gehören dazu
Die Vielseitigkeit von Dr. Ferdinand Porsche zeigte sich auch darin,
dass er bereits 1937 begann, Traktoren zu entwickeln. Von 1956 bis
1963 rollten 120.000 derartige von Mannesmann produzierte
Diesel-Schlepper vom Band. InÖsterreich wurde der Porsche Diesel
super von Hofherr Schrantz in Lizenz gebaut. 1963 wurde diese Sparte
an Renault verkauft. Derartige "Rote Nasen" sind der Schmuck vieler
Traktorentreffen. Sie werden unter Liebhabern zwischen 10.000 und
15.000 Euro gehandelt.