Um das Auto und seine Bedeutung als wirtschaftlichen, sozialen und
politischen Faktor zu verstehen, bietet sich eine differenzierte
Betrachtung an. Unterschiedliche Interessen treffen hier aufeinander.
Es geht um Geld, viel Geld. InÖsterreich erzielten
Kraftfahrzeuggewerbe, Handel und Zulieferer 2012 rund 21,5 Mrd. Euro
Umsatz. Normverbrauchsabgabe und Mehrwertsteuer auf Auto-Verkäufe und
Sprit spülten allein mehr als 3,4 Mrd. Euro in die Staatskassen. Die
Beteiligten im Markt allerdings haben Interessen, die sich nur
teilweise decken.
Hersteller/Importeure
In wirtschaftlich schweren Zeiten haben Importeure und Hersteller
Probleme, ihre Ziele zu erreichen. Sind Erträge nicht zu halten, so
doch Stückzahlen und Marktanteile über Rabattaktionen oder
Kurzzulassungen. Ein Teufelskreis. Verfehlte Prognosen wären Zeichen
des Misserfolgs und das schadet dem Image. Verkaufsrekorde in Asien
polieren Bilanzen, helfen in Europa aber nur bedingt bei der
Ankurbelung derWirtschaft. Im Boomland China verdient nur gut, wer
vor Ort mit heimischem Partner produziert. Aber: Abfließendes Knowhow
wird zum Risiko und gefährdet in Europa Jobs. Ob Zuwächse in der
Forschung wegfallende Jobs in der Produktion auffangen, ist hingegen
fraglich.
Werkstätten/Händler
Treue Kunden sind unbezahlbar und deshalb sind Verbesserungen bei
Service und Qualität Dauerthemen. Dabei gelingt Kundenbindung auf dem
Land besser als in der Stadt. Wenn Werke Markenvertretern harte
Vorgaben machen, etwa bei der CI, kostet das ebenso Geld wie die
Schulung des Fachpersonals an Prüfinstrumenten für neue Technik. Der
Kampf um die dünnen Margen ist hart.
Zulieferer
Die Hersteller verringern ihre eigenen Anstrengungen in Forschung und
Entwicklung. Das birgt Chancen, verlagert aber auch
Investitionsrisiken. Härtere Umweltauflagen etwa zwingen zu hohen
Entwicklungsausgaben -und das bei großer technologischer
Unsicherheit. Klar ist: Innovationen bleiben Herstellern nur kurze
Zeit exklusiv vorbehalten.
Kunden
Sucht ein Interessent ein neues Auto, könnten die Bedingungen kaum
besser sein als aktuell. Spätestens aber, wenn ein altes Auto
verkauft werden soll, kommt die böse Überraschung, in Form niedriger
Gebrauchtfahrzeugpreise. Und der Käufernachwuchs? Der
Fahrlehrerverband Österreichs sieht steigendes Interesse bei den
L17-Lizenzen. ImLandesschnitt sind 92 Prozent der Fahranfänger 25
Jahre und jünger. In Wien aber sind es nur 79 Prozent, eine Folge der
öffentlichen Infrastruktur. In Großstädten sind Smartphone oder
Urlaub wichtiger als der Führerschein und für ein Auto reicht es oft
ohnehin nicht.
Politik
Die Politik liebt das Auto nur, wenn es um neue Einnahmequellen geht.
Keine grün angehauchte Regierung, die nicht Vorschläge hat, Autos am
besten ganz zu verbannen. Treibstoffsteuern, teure Parkplätze -die
Liste der Einnahmequellen ist lang, schürt den Autofahrer-Frust,
füllt aber die Kassen. Hinzu kommen Repressalien wie Fahrbahnrückbau
bei steigendem Verkehrsaufkommen. Generell: Die Haupttransport-und
Wirtschaftsleistung laufen über die Straße.
Wir sind -und bleiben -vom Auto abhängig, die Hersteller vom Kunden.
Für einige bleibt das Auto emotionales Statussymbol, Hightech aus
Europa als Ziel für Wachstumsmärkte. Die Masse braucht bezahlbare
Mobilität. Gegenseitige Abhängigkeiten der Beteiligten sind der
vielleicht wichtigste Teil der Zukunft des Automobils in Europa.