Die EU und die Welthandelsorganisation kritisieren Russland wegen
seiner Verschrottungsgebühren.
Die Stimmung zwischen den westlichen Handelsdiplomaten und Russland
ist gerade etwas frostig. Der Grund ist die Verschrottungsgebühr, die
in Russland vor einem Jahr eingeführt wurde. Im Rahmen der seit
September 2012 gültigen Verordnung muss für Importautos eine
Recyclinggebühr bezahlt werden. Bei den in Russland produzierten
Autos ist es nicht der Fall, die heimischen Hersteller müssen aber
die spätere Entsorgung derFahrzeuge garantieren. Dies gilt auch für
die in Russland gebauten ausländischen Marken. Renault, GM, VW&Co.
können davon auch profitieren und zahlen die Gebühr nur für die
importierten Autos.
Die Regelung wurde von Anfang an von mehreren Ländern sowie der EU
kritisiert. Im Sommer haben die EU, Japan, die USA, die Türkei, die
Ukraine und China die Welthandelsorganisation (WTO) eingeschaltet.
Fair oder unfair - das ist die Frage
Die Kritiker werfen Russland die ungleiche Behandlung der heimischen
und ausländischen Hersteller vor. Ein anderer Vorwurf lautet, dass
man mit der Verschrottungsabgabe die reduzierte Zollgebühr, die sich
aus dem zeitgleichen Beitritt Russlands zur WTO ergab, ersetzen will.
Das bedeutet, dass die Importautos nach dem EU-Beitritt nicht
billiger geworden sind. "Die Russen haben zwar die Importzölle
reduziert, doch durch die Hintertür haben sie etwas eingeführt,
worüber man diskutieren kann, ob es fair oder unfair ist", sagt dazu
Alain Uyttenhoven, Vice President Product Management, Toyota Motor
Europe. "Ich würde es also als eine leicht protektionistische
Maßnahme bezeichnen."
EU-Handelskommissar Karel De Gucht hält die von Russland erhobenen
Gebühren für unrechtmäßig. Die Gebühr widerspreche den Grundregeln
der WTO.
Es ist jedoch etwas unverständlich, warum das koordinierte Vorgehen
gegen die Sonderabgabe erst in den vergangenen Monaten gestartet
wurde, denn bereits Anfang 2013 hat Andrej Belousow, russischer
Minister für Wirtschaftsentwicklung, eine Änderung der Regelung
angekündigt.
Markt in Russland ist rückläufig
Seit Einführung der Verschrottungsgebühr sind die EU-Autoexporte nach
Russland laut EU-Diplomaten um 7 Prozent geschrumpft. Es ist aber
unwahrscheinlich, dass niedrigere Pkw-Importe mit der Sonderabgabe
zusammenhängen. Die Gründe sind vielmehr der rückläufige russische
Markt und die höhere Zahl von Autos ausländischer Marken, die in
Russland gebaut werden und daher nicht importiert werden müssen.
"Wir sind der Meinung, dass es für uns am besten wäre, wenn sich
nichts ändern würde", sagt Bruno Ancelin, Senior Vice President von
Renault, Chairman der Eurasia Region und Chef der Aktivitäten in
Russland. Renault ist Aktionär des Lada-Herstellers AvtoVAZ und
Betreiber eines Autowerks in Moskau. "Sollte sich was ändern, wird es
für uns schwer sein, die Abgabe zu zahlen, denn es würde unsere
Ertragslage behindern und eine Herausforderung für das Management des
Cashflows bedeuten." Rund 85 Prozent der in Russland verkauften
Renault werden lokal gebaut.
Spielregeln sollen für alle gleich sein
Einige Wettbewerber könnten einwenden, dass Renault aufgrund der
starken Präsenz in Russland einen Wettbewerbsvorteil genieße. "Ja,
selbstverständlich, doch wir haben dafür bezahlt, wir zahlen die
Lokalisierung", sagt Ancelin mit Verweis auf die großen
Investitionen. "Wir können nicht zweimal zahlen, für jene, die nicht
lokalisieren wollen." Für den Fall einer Änderung verlangt Ancelin
von der russischen Regierung volle Kompensation.
Andere Firmen, wie etwa Volkswagen oder Mitsubishi, die auch einige
Modelle in Russland bauen, sehen das Problem gelassener. "Wenn wir
Spielregeln haben werden, die für alle gleich sind, ist es fair",
sagt Andrej Pankow, CEO des Mitsubishi-Importeurs MMC Rus.