Wann kann ein Hersteller seinen Werkstättenpartner kündigen? Bisher
waren diese durch die Gruppenfreistellungsverordnung 1400/2002
geschützt. Dieser Schutz gehört seit der jüngsten Entscheidung des
Obersten Gerichtshofes 4Ob205/12v jedenfalls bereits der
Vergangenheit an.
Vor knapp einem Jahr hat sich der Europäische Gerichtshof in seiner
Entscheidung C-158/11 mit dem in der Kfz-Branche geltenden
Kündigungsschutz für Vertragshändler und Werkstätten auseinander
gesetzt. Demnach war es -nach der damaligen Rechtslage -für die
Wirksamkeit einer Kündigung erforderlich, diese ausführlich und
objektiv überprüfbar zu begründen. Darauf hat sich auch der Wiener
VW-Werkstättenpartner Ing. Robert Silha verlassen, als ihm am 13.
Juli 2010 eine Kündigung per 31. Juli 2012 ins Haus flatterte. Er
stellte beim Landesgericht Salzburg den Antrag, dass der Importeur
den Servicevertrag auch danach weiter einhalten muss. Die
Nichterfüllung von Standards sei kein Kündigungsgrund, wenn diese
Standards unbillig und zum überwiegenden Nutzen des Herstellers
gestaltet wurden. Der Kartellrechtsexperte Dr. Norbert Gugerbauer
argumentierte, dass die Kündigung durch die marktbeherrschende
Porsche GmbH&Co OG daher unsachlich und missbräuchlich erfolgt sei.
Kündigung erfolgte zu Recht
In erster Instanz war er damit erfolgreich. Beim OLG Linz blitzte er
jedoch ab. Der Kündigungsgrund der "mangelnden Kundenzufriedenheit"
sei objektiv nachvollziehbar und die Kündigung wirksam; nachfolgende
Anstrengungen des Klägers seien unbeachtlich, weil wegen der
Vertragsfreiheit des Lieferanten keine Verpflichtung bestehe, die
Kündigung zurückzunehmen.
Dieser Ansicht hat sich der OGH im sogenannten "Provisorialverfahren"
angeschlossen: "Zumal auf den vorliegenden Sachverhalt nicht mehr die
Kfz-GVO 1400/2002, sondern die Kfz-GVO 461/2010 anzuwenden ist". In
dieser sei die Schutzvorschrift der ausführlichen Begründung der
Kündigung nicht mehr enthalten. Auch das einen ähnlichen Schutz
bescherende "Kraftfahrzeugsektor Schutzgesetz" komme nicht zum
Tragen, da es erst per 1. Juni 2013 wirksam werde.
Der OGH hatte sich auch mit der Frage auseinander zu setzen, ob
einseitig vom Hersteller vorgegebene Standards als beide Seiten
bindende Vertragsklauseln zu bewerten sind.
"Schwerwiegende Gründe" müssen vorliegen
Nach der Judikatur des deutschen Bundesgerichtshofes ist ein
einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nur dann gerechtfertigt, wenn
dafür "schwerwiegende Gründe" vorliegen. Aus der Sicht des OGH ist
die als Standard vertraglich fixierte Forderung nach einer hohen
Kundenzufriedenheit gerechtfertigt, da das Interesse des Herstellers
an "einem tadellosen Image der Marke" auch aus objektiver Sicht
vertretbar ist. Damit sei die ordentliche Kündigung auch sachlich
gerechtfertigt.
Strittig bleibt die Frage, ob die von Porsche im Provisorialverfahren
als Kündigungsgrund behauptete "mangelnde Kundenzufriedenheit" auch
tatsächlich vorgelegen ist. Unbeantwortet blieb auch die Frage, ob
Silha von Porsche neuerlich einen Servicevertrag bekommen muss. Denn
Silha betont, zwischenzeitig alle Standards zu erfüllen. Wobei der
OGH en passant ausführte, dasses bei der Grundsatzentscheidung des
EuGH C-158/11 nicht um die Wirkung einer Kündigung, sondern um den
Abschluss eines neuen Vertrages ging.