Steht das Aus für das "Pickerl" vor der Tür? Was steckt hinter dieser
Meldung? Eine Erkundung der Hintergründe mit Ausblick in die mögliche
Zukunft für die Branche.
Warum nicht die "Pickerl-Begutachtung" als Werkstattfachbetrieb
selbst durchführen, fragen sich deutsche Kfz-Betriebe schon lange und
brachten bereits einen Vorschlag zur Gesetzesänderung in Deutschland
ein. Reparieren können sie die komplexesten Mängel, nur zum
Beurteilen soll es nicht reichen? Da stimmt wohl etwas nicht. Somit
soll an das österreichische System angeknüpft werden. Da im
Nachbarland jedoch die technische Fahrzeugüberwachung bisher
ausnahmslos den Prüforganisationen TÜV, Dekra, KÜS und GTÜ
vorbehalten ist, kann sich jeder vorstellen, welchen Wirbel dieses
Vorhaben bei den Monopolisten ausgelöst hat.
Somit war es auch nur mehr eine Frage der Zeit, dass auch dasösterreichische System zum Wackeln gebracht werden soll. Ähnlich wie
bei Rating-Agenturen wird versucht, unser Pickerl-System auf
"Ramsch-Status" herabzustufen. Unsachliche und widersprüchliche
Argumente (etwa zahlreiche Verkehrstote durch nicht fach-und
sachgerechte Fahrzeugbegutachtungen) verschärfen die Situation.
Wer darf das "Pickerl" beim eigenen Auto machen?
Unmittelbar nach den Aufregungen in Deutschland wurde in Brüssel
angeregt, dass künftig keine eigenen Fahrzeuge mehr begutachtet
werden dürfen. Weiters, dass die Prüftätigkeit vom Werkstattbetrieb
mit privatem Wirtschaftsinteresse organisatorisch getrennt werden
soll, womit innerhalb der österreichischen Branche eine Lawine an
Unsicherheiten ausgelöst wurde. Empörung geht zu Recht bei jenen
Betrieben hoch, die aufgrund der gesetzlichen Vorgaben für die
§-57a-Begutachtung vermehrt Kunden das Pickerl verweigern müssen und
sich dafür auch immer öfter gegenüber dem Fahrzeugbesitzer
rechtfertigen oder gar von diesem beschimpfen lassen müssen.
Aber gerade das zu Recht verweigerte Pickerl soll plötzlich in
Verbindung mit wirtschaftlichen Eigeninteressen der heimischen
Betriebe stehen. War zuvor das "verschenkte" Pickerl für nicht
verkehrs-und betriebssichere Fahrzeuge als Freundschaftsdienst
gegenüber dem Kunden der Vorwurf Nummer eins, ist es nun das
hauseigene "Reparaturinteresse", dasgemäß einiger Meinungen aufgrund
absichtlich falscher Beurteilungen zur Abzocke der Fahrzeugbesitzer
geführt haben soll. Gerade da haken offensichtlich die deutschen
Prüforganisationen ein, denn diese argumentieren ja, vollkommen
neutral als bloßer Diener des Staates bei der Sache zu sein.
InÖsterreich wurden im Jahr 2001 zahlreiche strenge Bestimmungen zur
Qualitätssicherung für §-57a-Begutachtungsstellen und deren Personal
gesetzlich eingeführt. Dies reicht von speziellen Schulungen über
regelmäßige Kontrollen durch die Behörden samt Sanktionen bis hin zu
strafrechtlichen Verurteilungen von Prüfern wegen Amtsmissbrauch.
Selbstverständlich gibt es gelegentlich immer noch schwarze Schafe,
aber die werden immer weniger. Auch bei den teilweise sehr teuren
Prüfeinrichtungen, die gesetzlich vorgeschrieben sind, ist Österreich
mittlerweile Spitzenreiter. Vor allem für Klein-und Mittelbetriebe
bis jetzt nicht gerade unerhebliche Investitionen, die sich ja auch
amortisieren müssen. Jetzt soll alles anders werden? Muss das sein?
Mit sachlich vernünftigen Lösungen wohl nicht!
Nun fordert die EU, dass betriebseigene Fahrzeuge und solche, die den
Prüfern gehören, nicht mehr selbst begutachtet werden sollten. Das
wird die allermeisten Betriebe am wenigsten stören. Dann muss man
eben mit diesen Fahrzeugen zur benachbarten Begutachtungsstelle zum
Pickerl fahren und die Kollegen revanchieren sich mit deren
Fahrzeugen. Wirklich treffen würde diese Regelung jedoch jene
Begutachtungsstellen, die in erster Linie den eigenen Fuhrpark
pickerlmäßig betreuen. Für diese Fälle ist die Forderung rechtlich am
ehesten nachvollziehbar, dass eine amtliche Sachverständigentätigkeit
nicht für die eigenen Fahrzeuge gelten soll. Ähnlich rechtlich
nachvollziehbare Forderungen gibt es auch für andere Bereiche mit
Sachverständigentätigkeit.
Es wird aber bei den derzeit relativ niedrigen Tarifen für die
Begutachtungen in Österreich verschmerzbar sein, in einer anderen
Begutachtungsstelle die begehrte Plakette zu erhalten.
Welche Lösungen bieten sich an?
Schon wesentlich spannender ist die zweite EU-Forderung, nämlich die
organisatorische Trennung von "privatrechtlicher" Werkstatt und
"öffentlichrechtlicher" Begutachtungsstelle. Dies könnte wieder vor
allem zahlreiche Klein-und Mittelbetriebe treffen, die zahlenmäßig
den Großteil der Begutachtungsstellen in Österreich bilden. Ist eine
Schrumpfung der Anzahl an Begutachtungsstellen oder gar die
monopolistische Begutachtung durch Prüforganisationen unumgänglich?
Welche praktikablen Lösungsansätze bieten sich an, um das
österreichische System zu erhalten? Ein System, das immerhin vom
Gesetzgeber so gewollt war und sich seit bereits 30 Jahrenerfolgreich bewährt hat. Mehr dazu in der nächsten Ausgabe.