Bisher war die Kfz-Überprüfung rein national geregelt. Der jeweilige Gesetzgeber hat bestimmt, welche Fahrzeuge in welchem Rhythmus nach welchen Kriterien zu überprüfen sind. Er hat auch festgelegt, wer dazu befugt ist und über welche Kenntnisse und Geräte der Prüfer zu verfügen hat. Ob diese Überprüfungen auch von den Behörden im Ausland anerkannt werden, hing ausschließlich von den entsprechenden zwischenstaatlichen Vereinbarungen ab.

Das ergab ein unüberschaubares Kunterbunt an Vorschriften, dem die Europäische Union seit einiger Zeit zu Leibe rücken möchte - mit dem Ziel, europaweit einheitliche Sicherheitsstandards einzuführen. "Das sollte dann zur gegenseitigen Anerkennung der Prüfzeugnisse führen", sagt Dr. Günter Schneglberger, Spezialist für europäisches Verkehrsrecht in der Bundeswirtschaftskammer. Aufgrund der höchst unterschiedlichen Zulassungsbedingungen sei dies derzeit undenkbar.

Bislang können Fahrzeuge, die in Österreich aufgrund der Prüfvorschriften keine Verkehrszulassung bekommen würden, in Staaten mit niedrigeren Prüfstandards problemlos zugelassen werden. Mit ausländischen Kennzeichen können sie ungehindert in Österreich unterwegs sein. Nur in besonders krassen Fällendürfen österreichische Behörden die im Ausland als "verkehrs- und betriebssicher" zugelassenen Fahrzeuge auf heimischen Straßen aus dem Verkehr ziehen. Es ist offensichtlich, dass mit zweierlei Maß gemessen wird, was vor allem im Schwerverkehr zu massiven Wettbewerbsverzerrungen führt. Laut einer von der WKO bei WU-Professor Dr. Sebastian Kummer in Auftrag gegebenen Studie hat dies mit dazu beigetragen, dass sich seit der EU-Erweiterung mehr als 50 Prozent der heimischen Frächter ins Ausland "ausgeflaggt" haben.

"Geht das Niveau rauf oder runter?", war laut Schneglberger bisher der Knackpunkt der "Pickerl-Verhandlungen". Vor allem wirtschaftlich schwächere Länder mit einem älteren Fahrzeugbestand legten sich gegen eine Angleichung an den in Mitteleuropa üblichen technischen Standard quer. Die jährlich zur Erhaltung der Verkehrssicherheit anfallenden Kosten - durchschnittlich rund 30 Euro - sollten im Vergleich zu einer Tankfüllung um 70 Euro aber eine untergeordnete Rolle spielen. Dr. Walter Nissler, Österreichs verkehrspolitische Leihgabe an das Expertenteam in Brüssel, kann sich daher auch nicht vorstellen, dass daran eine europaweite einheitliche Regelung scheitert. "Schließlich hat jeder ein gleiches Recht auf Verkehrssicherheit", sei nach dem derzeitigen Stand der Dinge keine Nivellierung nach unten zu erwarten.

Die Europäische Kommission beabsichtigte ursprünglich, die bisherige EU-Richtlinie 2009/40/EC durch eine neue, alle Länder direkt bindende Verordnung ersetzen. Einem Entwurf blieb jedoch der politische Segen der Verkehrsminister versagt. Diese wollten keine bindende Verordnung, sie wollten sich auf nationaler Ebene mehr Spielraum verschaffen. Man einigte sich darauf, dass der Europäische Rat eine Richtlinie ausarbeiten soll, die am 18. Jänner 2013 stolz präsentiert wurde. Sie gleicht zwar dem Verordnungsentwurf der Kommission, doch hat sie keine direkt und sofort bindende Wirkung. Die Regierungenhaben 3 Jahre Zeit, ihre nationalen Bestimmungen der neuen Richtlinie anzupassen. Es werden mit ihr auch nur Mindestanforderungen festgelegt. So müssen Pkws erstmals erst nach 4 Jahren zur Überprüfung, danach alle 2 Jahre. Es können auf nationaler Ebene aber durchaus anspruchsvollere Bestimmungen fixiert werden - was bedeutet, dass die österreichischen Vorschriften kaum verändert werden müssen.

Neu ist lediglich, dass die elektronischen§-57-KFG-Zertifikate über eine Datenbank abrufbar sein müssen. Aber auch dafür wurde den Regierungen eine Frist von 3 Jahren eingeräumt. Ziel ist es, diese 24 nationalen Register zu einer EU-weiten elektronischen Fahrzeug Datenbank zusammenzufassen.

Nun sind die EU-Parlamentarier am Zug: Sie brüten derzeit über dem Vorschlag des Europäischen Rates.