Sommerzeit ist Hagelzeit: zur Freude der Kfz-Betriebe, wenn
frustrierte Autobesitzer seufzend Reparaturaufträge erteilen, zum
Kummer von Kfz-Betrieben, wenn der eigene Betrieb vom Hagel erwischt
wird, ohne dass ein entsprechender Versicherungsschutz besteht. <br /><br />Eine Versicherung ist nicht nur für den eigenen Fuhrpark, sondern
auch für sämtliche Kundenfahrzeuge erforderlich.
Schon vor einigen
Jahren hat der Oberste Gerichtshof (9Ob79/01k) entschieden, dass ein
Autofrächter für die von ihm zur Zustellung übernommenen Pkws haftet.
Er kann sich nicht damit ausreden, dass der Hagel als
Elementarereignis eine die Haftung ausschließende "höhere Gewalt"
darstellt. Schadensmindernde Maßnahmen, etwa Netze oder Planen am
Transporter, sind ohne Überspannung der Sorgfaltspflicht zumutbar.
Neben den reinen Reparaturkosten hat ein sorgloser Frächter - oder
dessen Versicherung - seinem Kunden auch die durch den Hagelschaden
verursachte "merkantile Wertminderung" zu ersetzen. Deren Ermittlung
ist dann die Aufgabe eines Kfz-Sachverständigen, dem dafür (wie bei
einem normalen Verkehrsunfall) die von den Gerichten anerkannte
Sacher-Wielke-Formel zur Verfügung steht.
Diese Haftungsfolgen musste auch ein Kärntner Kfz-Techniker zur
Kenntnis nehmen, der längere Zeit auf Ersatzteile wartete. In der
Zwischenzeit war das zu reparierende Kundenfahrzeug auf einem
Abstellplatz im Freien untergebracht. Der Hagel macht ihm einen
Strich durch seine Reparaturrechnung. Das Landesgericht Klagenfurt
entschied nämlich, dass im Sommer mit derartigen Ereignissen stets zu
rechnen ist. Die Werkstätte hätte daher entsprechend der
vertraglichen Nebenpflicht als Verwahrer "Vorsorge treffen müssen".
Wenn kein Platz in der Halle frei ist, müssen eben Planen oder
Hagelnetze für erhöhte Sicherheit sorgen (6Ob 249/03s).
Manchmal erwischt der Hagel nicht nur ein Kundenfahrzeug, sondern
auch einen zum Verkauf bereit stehenden Neuwagen. Da erhebt sich dann
die knifflige Frage, ob der reparierte Hagelschaden noch als
"fabriksneu" verkauft werden darf. Schließlich schuldet der Händler
dem Kunden - wenn nichts anderes vereinbart wurde - ein fabriksneues
Fahrzeug.
Eine höchstgerichtliche Judikatur existiert dazu nicht. Als
Faustregel gilt: Kein relevanter Hagelschaden liegt vor, wenn der
Schaden derart behoben wurde, dass ein Sachverständiger diesen
technisch nicht mehr feststellen kann. In einem solchen Fall muss der
Händler den Kunden auch nicht über den reparierten Hagelschaden
informieren.
Anders liegt die Sache, wenn gespachtelt und lackiert werden muss.
Dann ist das Auto kein Neufahrzeug mehr und der Händler muss den
Kunden von dieser Reparatur ungefragt verständigen. In grenzwertigen
Fällen sollte die einschlägige Ö-NORM 5051 zurate gezogen werden.
Neben der Definition "fabriksneu" findet sich dort auch die
technische Erläuterung, was unter einer "Original-Lackierung" zu
verstehen ist.
Zu dieser Aufklärungspflicht ist kürzlich ein Urteil des
Oberlandesgerichtes Stuttgart (19U54/08) ergangen. Demnach ist der
Kunde beim Kauf "aus erster Hand" über eine ausschließliche
Vornutzung als Mietwagen zu informieren, weil das aus Kundensicht
einen Preisabschlag rechtfertigen würde. Diese Überlegungensind auch
auf Hagelschäden anwendbar. Solange sich die Reparaturkosten im
Bagatellbereich bewegen (in Deutschland liegt die Grenze laut ADAC
bei rund 1.000 Euro), ist aus einem Hagelschaden keine "merkantile
Wertminderung" ableitbar. Außerhalb dieser Grenze ist nicht mehr von
einem Neuwagen auszugehen. Beharrt der Händler auf der
Fahrzeugabnahme, ermöglicht das dem Kunden den Rücktritt.
Das Verschweigen des Hagelschadens kann haarige Folgen haben. Kommt
der Kunde später auf den reparierten Schaden darauf, kann er auch
nachträglich die Rückabwicklung des Geschäftes einklagen. Schließlich
wollte er einen Neuwagen und keinen reparierten Hagenschaden kaufen.
Da ist es schon billiger und sicherer, von Haus aus die Karten offen
auf den Tisch zu legen. Sonst könnte es noch dazu kommen, dass ein
bösartiger Kunde den Händler wegen Irreführung in Schädigungsabsicht
-und somit wegen Betruges - beim Strafgericht anschwärzt.