AUTO&Wirtschaft erkundigte sich in der Branche nach den Erwartungen
für 2009, nach Rezepten gegen die Krise und nach Auswirkungen auf
Mitarbeiter und Erträge. Teilweise kamen Antworten, als sei in den
letzten Monaten, Wochen und Tagen nichts passiert.
Beispiel GM Austria: In Detroit brennt der Hut, in Deutschland wird
hektisch mit der Kanzlerin verhandelt und inÖsterreich lässt GM
Austria Boss Yves Le Forsonney durch seinen Pressesprecher Fritz
Orasch ausrichten, 2009 stehe für GM Austria unter dem Motto "Mit
voller Kraft voraus". Wohin? - Der Pressesprecher versucht sich als
Marketingexperte und berichtet von neuen Modellen, die Fragen nach
Rezepten gegen Krisenerscheinungen und nach den Mitarbeitern und
Erträgen lässt er unbeantwortet. Komm.-Rat Friedrich Frey versprüht
Zuversicht. Er sieht Heilung in einer Produktoffensive Toyotas: In 18
Monaten sollen 18 neue Modelle auf den Markt kommen. Rezepte: "Als
Erstes werden wir sehr hart arbeiten und planen müssen." Kleine,
verbrauchsarme Fahrzeuge mit niedrigen Emissionen sollen "deutliche
Impulse" setzen. Zu den Mitarbeitern schweigt der Doyen der
Autobranche; zu den Erträgen sagt er, dass gesunde Betriebe weiterhin
existieren können und er freut sich über "unsere gesunde
Händlerstruktur" - bemerkenswert bei einer Umsatzrendite von 0,4
Prozent im Branchenschnitt bei Neuwagenverkäufen.
Porsche-Austria-Pressesprecher Mag. Hermann Becker vertraut auf das
Produktportfolio der Volkswagengruppe, alle Marktsegmente seien
vertreten und das sei günstig. Der Schönwettersprech wird getrübt,
als er ankündigt, Porsche Austria werde um jedes verkaufte Auto und
jeden Kunden kämpfen. Dr. Karl Strobel, Vorstand der Robert Bosch AG
in Österreich, nimmt Veränderungen zur Kenntnis und kleidet dies in
das harmlos klingende Vokabel "Strukturwandel". Er ist sicher, dass
sich die Marktnachfrage nach umwelt-und ressourcenschonenden
Fahrzeugen nach dem Ende der Finanzkrise wieder normalisieren werde.
Strobel ist wichtig zu betonen, dass Bosch trotz Krise die
Forschungs-und Entwicklungsausgaben auf hohem Niveau halten werde.
Kurzarbeit und aus für Leiharbeiter
Obwohl 2009 mit Sicherheit weniger Autos verkauft werden, kann Rainer
Weis, Verkaufsleiter Ruville, darin eine Chance für sein Haus sehen:
"Ich gehe positiv in das neue Geschäftsjahr, denn jetzt wird sich die
Spreu vom Weizen trennen und wir sind mit unserem Konzern im Rücken,
mit unserer Qualität und unseren Produkten eindeutig Weizen. Unsere
Rezepte gegen einen Abschwung sind gute Konzepte wie die Kit-Lösungen
für Werkstätten. Wenn nötig, werden wir uns von Leiharbeitern
trennen. In der Produktion wird eventuell Kurzarbeit überlegt, mit
der Konsumation von Urlauben werden wir versuchen, nicht so
berauschende Zeiten erfolgreich zu überbrücken. Was die Erträge
betrifft, bin ich der Meinung, dass die Menschen zwar Geld haben,
aber stark verunsichert sind. Also werden Umsätze und Erträge
zurückgehen. Ziele im zweistelligen Prozentbereich wird man
zurückstellen müssen." Das Wort Rezession kommt nicht vor,
"Abschwung" klingt sanfter. Mit dem Konzept "Reparieren statt neu"
ist Weis nicht allein. Auch der nächste Gesprächspartner weiß um die
antizyklischen Vorteile für den Ersatzteilhandel.
Ältere Autos - mehr Reparaturen Mag. Ernst Kieslinger,
Geschäftsführer Autobedarf Karl Kastner, macht eine einfache Rechnung
auf: Je länger die Autos auf der Straße sind, desto mehr Ersatzteile
brauchen sie. Detto die Werkstättenbetreiber: Investitionen,
beispielsweise in neue Hebebühnen, machen sich bei höherer
Kundenfrequenz bezahlt. Trotzdem sei es schwierig, heute Prognosen zu
erstellen. -Klingt realistisch. Es zeigt sich, dass Gesprächspartner
mit großer Kundennähe den ausgeprägtesten Wirklichkeitssinn haben.
Dr. Alexander Riklin, geschäftsführender Gesellschafter der
Alcar-Gruppe, sagt, sein Unternehmen sei im Aftermarket-Geschäft
tätig und daher nicht so unmittelbar wie Erstausrüster betroffen.
Aber im Frühjahr 09 werde es eine kritische Situation geben, die
Verkaufsziffern werden zurückgehen. Also sei vorsichtige
Lageroptimierung angesagt, nicht aber eine Personalreduktion.
Natürlich werde ein Verkaufsrückgang weniger Ertrag bedeuten -"aber
wir sind gut aufgestellt!" Abteilung Sonnenschein bei Webasto: "Wir
erwarten einen konsolidierten Umsatz 09 durch Hinzunahme von neuen
Produktbereichen." Dieter Hahn macht sich als Geschäftsführer und
seinen Beschäftigten Mut. Die Mitarbeiter seien jetzt gefordert, "sie
präsentieren unsere Produkte engagierter", Leider gelte mehr Aufwand
bei weniger Ertrag.
Dubiose Versicherungsfälle werden steigen
Der Leiter der Schadenabteilung der Generali Versicherung AG Dr Erik
Eybl gibt zu Protokoll: "Ich erwarte für 2009 einen Preiskampf bei
den Kfz-Versicherungstarifen und einen weiteren Rückgang bei den
Zulassungen von Neuwagen. Der Druck auf die Vollkaskoverträge wird
wachsen. Das bedeutet einen Preisverfall bei den
Versicherungsverträgen. Die Menschen werden 2009 sparsamer sein und
früher auf Teilkaskoverträge umsteigen. Es gilt auch zu beachten,
dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Anreiz steigen kann,
mit der Versicherung unredlich umzugehen. Die Anzahl dubioser Fälle
kann steigen, darauf müssen wir uns einstellen."
Leasingquote steigt
Mag. Rudolf Fric, Chef der Bawag PSK Leasing, nimmt die Frage nach
den Perspektiven zum Anlass,über die Usancen einer Bonitätsprüfung
zu sprechen, weil eben geänderte Bonitätsprüfungen die Perspektiven
wesentlich beeinflussten: Testierte Bilanzen mit Ziffern, die bis zu
eineinhalb Jahre alt sind, seien so gut wie gestrige Zeitungen.
"Aussagekräftige Bilanzziffern müssen schneller da sein und es wird
Usus werden, auch während des Jahres auf korrekte Saldenlisten
zugreifen zu können." 2009 werde es weniger Neuzulassungen geben,
jedoch eine steigende Leasingquote. Denn Unternehmen werden in den
Fuhrpark investieren müssen, in Krisenzeiten sei Mobilität ein
wesentliches Thema, denn man müsse zum Kunden kommen, sagt Fric. Im
Privatgeschäft werde es einen Rückgang geben, im Unternehmensgeschäft
eine längere Nutzung des Fuhrparks, das komme den Werkstätten zugute.
Laufzeiten könnten um 6 bis 8 Monate verlängert werden, dann seien
neue Fahrzeuge fällig. Hier sei trotzallem Optimismus für den
Autohandel angebracht. Fric sieht in der schwachen Eigenkapitalquote
der Autohäuser eine harte Belastungsprobe und erwartet eine Häufung
der Stundungsansuchen. Liquidität werde das große Thema sein.
Spirale nach unten
Dr. Franz F. Gugenberger, Geschäftsführer von carplus, denkt an
Firmenflotten und sieht das Verhalten von Entscheidern in diesem
Bereich als exemplarisch für die gesamte Situation: Firmenkunden
werden sparen müssen, Autokäufe werden zurückgehen. Mittelfristig
werde die Fahrzeugauswahl die Spirale weiter nach unten drehen
lassen. Zusatzgeschäfte für Autohäuser seien das Gebot der Stunde.
Mögliches Rezept: Kundenbindungs-und Marketingmaßnahmen generieren.
Mitte 09 werde klar werden, was der Mix Misere, Rezession,
Arbeitslosigkeit und staatliche Maßnahmen konkret bedeute.