Das neue Geschäftsmodell der deutschen Branchenvertreter soll dem
Autohandel wieder zu den lebensnotwendigen Renditen verhelfen.
Was ist eine "nachhaltig angemessene Rendite"? Die Erträge, die der
österreichische Autohandel in den vergangenen Jahren erwirtschaftet
hat, fallen sicher nicht unter diesen Begriff. Im Fahrzeugvertrieb
ist die durchschnittliche Umsatzrendite innerhalb von vier Jahren von
0,8 auf minus 0,1 Prozent gesunken, einschließlich der Reparaturen
von 1 auf 0,4 Prozent.
Hochrechnungen der KMU Forschung weisen für das jüngste Bilanzjahr
einen weiteren Ertragsrückgang um 21 Prozentpunkte aus. Dieser Trend
werde anhalten, fürchtet Geschäftsführer Mag. Peter Voithofer: "Die
Gewinnschwelle wird im Kfz-Einzelhandel nicht mehr erreicht."
Radikales Umdenken
Damit istÖsterreich kein Einzelfall. Mit einer ähnlichen Situation
konfrontiert, entschlossen sich die deutschen Interessenvertreter zu
einem radikalen Neuanfang. "Unser neues Geschäftsmodell soll Händlern
und Herstellern nachhaltig angemessene Renditen ermöglichen", erklärt
Antje Woltermann, Geschäftsführerin des Zentralverbands Deutsches
Kfz-Gewerbe (ZDK). Das Ziel: "Mit hoher Wahrscheinlichkeit" und "im
Schnitt über mehrere Jahre" sollen die Betriebe auf eine
Eigenkapitalrendite von 15 Prozent kommen. Gleichzeitig soll die
Umsatzrendite auf 1,8 bis 3,75 Prozent steigen.
Wunschzettel der Händler
Die Eckpunkte: Künftig entscheiden die Händler, wann sie wie viele
Fahrzeuge aus möglichst wenig zentral eingerichteten Herstellerlagern
beziehen. Verkäufe über andere Vertriebskanäle werden im Voraus
definiert und den Händlern kompensiert. Die Netzplanung wird
mittel-und langfristig abgestimmt, eine "nichtder Rabattschleuderei
Vorschub leistende" Vergütung wird als fester Vertragsbestandteil
festgelegt. Garantiearbeiten werden mit angemessenem Gewinn und
innerhalb einer "üblichen Zahlungsfrist" von zwei Wochen vergütet.
Ist das realistisch? Ja, meint der ZDK: Dieser Tage führen die
Markenverbände erste Gespräche mit ihren Herstellern. Binnen 12 bis
15 Monaten soll das Konzept umgesetzt werden.
Zurückhaltende Kammer
InÖsterreich findet der scheidende Gremialobmann Mag. Dr. Gustav
Oberwallner das neue Geschäftsmodell "in sich schlüssig", spielt den
Ball aber weiter: Angesichts "hoch sensibler Marktdaten" sei nicht
die Kammer, sondern der jeweilige Händlerverband zuständig. Ohne
Rückendeckung von der Kammer können die Verbände aber nicht allzu
viel ausrichten, zumal starke Markenklubs - im Gegensatz zu
Deutschland - eine Seltenheit sind.
"Derzeit schauen alle wie gebannt darauf, was in Deutschland
passiert", konstatiert Dr. Alexander Martinowsky, Vorstandsdirektor
von Wiesenthal. Als europäischer Mercedes-Händlersprecher war er am
Zustandekommen des Geschäftsmodells entscheidend beteiligt. Seine
Konzernchefs dürften davon nicht allzu begeistert sein: Auf ihren
Wunsch werden jetzt auch "andere Möglichkeiten, eine nachhaltige
Profitabilität herzustellen", untersucht.
"A la longue wird ein neues Geschäftsmodell dennoch unabdingbar
sein", sagt Martinowsky. "Wenn es dem Handel weiterhin so schlecht
geht wie bisher, wird es nämlich irgendwann keinen Handel mehr
geben."