Das Garantiethema brennt allen Markenwerkstätten auf den Nägeln. Sie wissen, dass sie nicht wissen, welche Zeitbomben sie sich mit den langfristigen Versprechen ihrer Konzernherren einhandeln. Von einer ausreichenden Refundierung der damit verbundenen Kosten kann nach wie vor nicht die Rede sein.

Beliebte Methode

Es geht freilich nicht nur um Probleme innerhalb der Garantie-und Gewährleistungsfristen. Besonders problematisch sind Serienfehler, die erst nach Langzeitversuchen und außerhalb der Gewährleistungsfrist zutage treten. Ein Lied davon wissen die Citroën-Werkstätten zu singen. Zu schwache vordere Federn diverser Modelle (C3, C2, Pluriel, Xsara-Picasso und Berlingo) führten zum Reifenbruch und zahlreichen Einträgen in einschlägigen Internetforen. Die brechenden Federn konnten die Vorderreifen und Bremsschläuche durchschlagen. Das veranlasste Citroën jedoch nicht zum Tausch der Federn, sondern lediglich zum Einbau eines Federtellers, um das Aufschlitzen der Reifen zu vermeiden.

In einigen Fällen begnügte sich Citroën mit der bei Herstellern beliebten "Kulanz": Repariert wird der Defekt, wenn der Kunde zum Service in einer Vertragswerkstätte auftaucht. Innerhalb von fünf Jahren oder 150.000 Kilometern Laufleistung gibt es beim Federnbruch eine Hersteller-Kulanzbeteiligung von 100Prozent -allerdings nur gemessen an jenem Aufwand, den Citroën dafür als notwendig erachtet.

Frustrierende Situation

Auch andere Markenwerkstätten schlagen sich mit diesen Kulanzen herum. Bekommen die Kunden einen Teil des Reparaturaufwandes aus Kulanz ersetzt, müssen sich die Werkstätten um die Differenz auf die Vollkosten mit den Kunden raufen. Dass unter diesen Umständen die Kundenzufriedenheit in den Keller rasselt, ist verständlich, kann aber dazu führen, dass der Händler vom Regen in die Traufe gerät: Nämlich dann, wenn ihm aufgrund des schlechteren "Customer Satisfaction Index" auch noch die Bonifikationen gekürzt werden.

Für viele Markenhändler ist es frustrierend, wie Hersteller und Importeure unter dem Titel "Vertragsfreiheit" ihre Marktmacht ausnützen: Dicke Garantiehandbücher dienen nur teilweise dem Kundeninteresse, sondern wecken eher den Eindruck, mit ihren detaillierten Vorschriften den Markenwerkstättenjene Kosten umhängen zu wollen, die eigentlich vom Hersteller als Urheber der Produktionsfehler zu tragen wären. Wären sie gesetzlich verpflichtet, ihren Vertragswerkstätten den Garantie-und Gewährleistungsaufwand voll zu ersetzen, wären sie auch gezwungen, sorgfältiger zu produzieren.

Abgewälzte Verantwortung

Völlig unübersichtlich ist die Situation, wer bei den von den Kfz-Produzenten propagierten Garantien eigentlich als Garant fungiert. Citroën hat diese Aufgabe auf die Vertragshändler abgewälzt. "Der Verkäufer leistet während der Dauer von 24 Monaten nach Garantiebeginn ohne KilometerbegrenzungGarantie", ist den Garantiebedingungen zu entnehmen. Und weiter: "Im Garantiefall kann sich der Käufer an jede Citroën-Vertragswerkstatt wenden."

Damit ermächtigt der Neuwagenverkäufer blanko alle Citroën-Vertragswerkstätten, für ihn als Gehilfe bei der Durchführung der von ihm versprochenen Garantiearbeiten tätig zu werden. Sicherheitshalber wurde dafür der Garantieanspruch in engen Grenzen gehalten: "Die Garantieleistung umfasst die Instandsetzung oder den Austausch der als schadhaft anerkannten Teile sowie die für den Austausch erforderliche Arbeitszeit. Ein anderer Anspruch steht dem Käufer nicht zu."

Die dem Kunden zustehende Garantie ist also geringer als sein gesetzlicher Gewährleistungsanspruch. Sie berücksichtigt lediglich die EU-rechtliche Verpflichtung aller Autoproduzenten, den Autofahrern europaweit markenspezifische Werkstättennetze zur Verfügung zu stellen, um deren Mobilitätserfordernis Rechnung zu tragen Über diese Garantie hinausgehende Gewährleistungsansprüche wie Kaufpreisminderung oder Wandelung können ausschließlich gegenüber dem jeweiligen Verkäufer an dessen Firmensitz geltend gemacht werden.

Erstattung nach Belieben

Für die Markenbetriebe erhebt sich die Frage, von wem und in welchem Umfang sie ihren Reparaturaufwand ersetzt erhalten: Der Kunde, der sich mit seinem defekten Auto in die nächstgelegene Werkstätte geschleppt hat, kommt dafür wohl nicht infrage. Der Verkäufer, der möglicherweise irgendwo in fernen Landen sitzt und keinerlei Vertragsverhältnis zum reparierenden Betrieb unterhält, ebenso wenig. Und der Importeur? Von ihm stammt möglicherweise die Reparaturfreigabe, aber er ist kein Garant. Er hat auch keinen Reparaturauftrag erteilt. Dem Händler kann er damit jenen Betrag erstatten, den er ihm im Einzelfall zubilligt.

Die meisten Marken machen es nicht so kompliziert und undurchsichtig: Im Serviceheft scheint -kleingedruckt -der Hersteller als Garant auf. Der Importeur ist bei der Garantieabwicklung bloß der Gehilfe des Hersteller, die Vertragswerkstätte die Gehilfin des Importeurs. Wenn diese dem Kunden eine Garantieleistung verweigert, hat er sie gegen den Garanten einzuklagen. Das ist für den Betroffenen nicht sehr erfreulich, denn er müsste Peugeot in Paris, Fiat in Turin oder Volvo in Torslanda belangen. Bei Koreanern oder Japanern wäre dies noch umständlicher, doch findet sich in manchen Garantiebedingungen der Hinweis, dass für derartige Ansprüche die Europazentrale zuständig ist.

Klare Forderungen

Aus den genannten Gründen sind sowohl die Händler-als auch die Herstellergarantie aus Konsumentensicht eine unbefriedigende Lösung. Stellt man die Überlegung an, dass der unzureichende Kostenersatz durch fast alle Hersteller die Werkstätten zu höheren Stundensätzen bei "normalen" Arbeiten zwingt, ähneln viele Garantiesysteme schon der Rosstäuscherei.

Auch deshalb wehren sich die Fiat-Händler seit Monaten vehement gegen ein "Weißbuch", mit dem sie - ähnlich wie bei Citroën -ebenfalls den "Garanten" spielen müssten. Gleichzeitig würde damit die gerichtliche Durchsetzung einer angemessenen Garantievergütung erschwert. Die Citroën-Partner äußern ebenfalls ihren Unmut. Ihr klares Credo: Auch bei Garantiearbeiten muss eine Vollkostendeckung gegeben sein. Eine Forderung, die aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine Selbstverständlichkeit sein sollte.