Bereits Anfang der Neunzigerjahre haben die "Light-Emitting-Diodes"
als Bremslichter in der Kfz-Technik Einzug gehalten. Nun hat Osram
Opto Semiconductors in Regensburg ein neues, wesentlich billigeres
Produktionsverfahren vorgestellt. Doch im Hintergrund tobt ein
erbitterter Patentstreit.
Für Rück-,Blink-und Bremslichter gehören LEDs zum Standard. Der
Einsatz als Scheinwerfer samt Abblendlicht ist technisch seit Jahren
machbar, doch scheiterte er außerhalb der Luxusklasse bisher an den
Kosten. Das könnte sich nun ändern.
Technische Grundlagen
Die LED-Technik basiert darauf, dass elektrische Energie mittels
Halbleiter direkt in Licht umgewandelt wird. Besonders schwierig war
es lange Zeit, damit weißes Licht zu produzieren. Ermöglicht wurde
dies durch das Licht blauer LEDs, das mittels fluoreszierenden
Leuchtstoffes (Phosphor) teilweise in gelbes Licht transformiert
wurde. Gemischt mit dem restlichen Blau erreicht man den gewünschten
Weiß-Effekt, der dem Spektrum des Tageslichtes recht nahe kommt. Für
diese Lumineszenz-Konverter hält Osram zahlreiche Schlüsselpatente,
die der Konkurrenz ein Dorn im Auge sind.
Entscheidende Patente
Der koreanische LED-Spezialist Seoul Semiconductor beansprucht mit
10.000 angemeldeten, registrierten und erteilten Patenten die
Führungsrolle in der LED-Lichttechnik. Osram hält nach eigenen
Angaben rund 20.000 Schutzrechte, davon 8.000 für die
LED-Technologie, und erwirtschaftete damit 2010 ein Fünftel des
Umsatzes von 4,68 Milliarden Euro. Die erst später in dieses Geschäft
eingestiegene koreanische LG Electronics mitihrer Tochter LG Innotek
kommt auf 4.000 Patente. Philips Lighting hat bereits 1999 mit der
aus Hewlett Packard ausgegliederten Agilent das Licht-Joint-Venture
Lumileds gegründet. Neben eigenen Entwicklungen führten zahlreiche
Unternehmenszukäufe wie etwa Color Kinetics (USA) und TIR Systems
(Kanada) dazu, dass heute in fast allen LED-Leuchten Philips Patente
stecken.
Die für die LED Entwicklung ausgegebenen Milliarden sollen durch
Lizenzeinnahmen wieder hereinkommen. Das betrifft eine Vielzahl von
Komponenten wie Treiber, Sensoren oder etwa Steuerund
Konversionssysteme hinter den eigentlichen Lichtdioden. Je nach
Patentfamilie schwanken die von Philips geforderten Lizenzgebühren
zwischen 3 und 5 Prozent. Auch Osram bittet die von diesen Patenten
abhängigen Konkurrenten dementsprechend zur Kasse. Der Konkurrenz
bleibt nur die Wahl zu zahlen - oder das Geld in die Umgehung
derartiger Schutzrechte zu investieren. Die Rentabilität eigener
"Umgehungspatente" hängt von der Höhe der andernfalls erforderlichen
Lizenzzahlungen ab.
Klagen und Gegenklagen
2011 kamen die bisherigen Lizenzpartner Samsung und LG auf die Idee,
ihre Tributzahlungen an Osram einzustellen. Sie argumentierten,
nunmehr mit eigener Technologie an diesen deutschen Patenten
vorbeizukommen, womit sie sich prompt Unterlassungs- und
Schadenersatzklagen in Deutschland, China und den USA einhandelten.
LG Innotek konterte mit einer Gegenklage vor einem Gericht in Seoul
und beantragte, den Verkauf aller Geräte zu verbieten, bei deren
Produktion unautorisiert LG-Patente genutzt wurden. Das betraf etwa
die HellaScheinwerfer von BMW und Audi, die mit LEDs von Osram
bestückt waren.
Gefahr für die Autobauer
Die Kontrahenten in der Patentschlacht zielen darauf ab, ihre eigene
Position im extrem rasch wachsenden LED-Markt zu verbessern. LG
Innotek liegt nach Medienberichten an sechster Stelle, Osram Opto
Semiconductors auf Rang drei. LG versucht nun mit den Klagen, die
Osram-Kunden zu verunsichern - vor allem in den für den
LED-Massenmarkt bedeutenden Bereichen Computerbildschirme, Fernseher
und Handy-Displays. Der Kfz-Sektor ist dabei ein Nebenschauplatz, auf
dem die Autohersteller aber das Risiko eingehen, bei dem einen oder
anderen Modell wegen eines "simplen" Scheinwerfers auf
Gerichtsweisung plötzlich dasganze Fahrzeug nicht mehr verkaufen zu
dürfen.
Letztlich wird die deutsch-koreanische Patentschlacht in einem
gegenseitigen Patenttausch münden, wie das unter den übrigen großen
LED-Produzenten (Cree, Nichia, Philips und Toyoda Gosei) schon bisher
der Fall war. Eine Regelung, welche die weitere Verbreitung der
LED-Technologie sicherlich weiter beschleunigen wird: Damit gehen
auch die Autofahrer auf den nächtlichen Straßen helleren Zeiten
entgegen.
Eine Frage der Temperatur
Ein wesentlicher Vorteil der LED-Leuchten gegenüber
Xenon-Scheinwerfern ist die geringere Blendwirkung. Da das Licht aus
einer verteilten Lichtquelle stammt, wird die sonst unvermeidliche
hohe punktuelle Leuchtdichte herkömmlicher "Lampen" vermieden. Ein
wesentliches technisches Problem ist die Temperaturempfindlichkeit
der für die Lichtproduktion erforderlichen Chips. So darf die
Temperatur im Inneren des Kristalls der Halbleiter 200 Grad
keinesfalls übersteigen. Aber auch bei 120 bis 150 Grad sinken die
Effizienz und Lebensdauer bereits merklich. Das erfordert eine aktive
oder passive Kühlung, was sich ebenfalls bei den Produktionskosten
bemerkbar macht.