Das Für und Wider des Assistenzeinsatzes verursacht nicht nur bei
unserem Heer Diskussionen, auch im Verkehrsbereich sorgt der Begriff
für kontroverse Standpunkte. Da werden uns technische Hilfsmittel als
sogenannte Assistenzsysteme vorgesetzt, bei denen nicht immer
feststeht, ob sie ihrer Aufgabenstellung hundertprozentig gerecht
werden und sie unter allen Umständen zur sicheren Bewältigung der
Fahraufgabe beitragen.
Problematisch wird es vor allem dann, wenn die
Assistenz in Bevormundung übergeht und die Rechte und Pflichten des
Lenkers betroffen sind. Was den meisten dieser elektronischen
Heilsbringer fehlt, sind ausreichende gesetzliche Grundlagen.
Elektronische Systeme begegnen uns nicht nur im Kfz. Auch die
Verkehrstechnik verwendet immer mehr Sensoren zur Steuerung von
Ampeln und anderen Anlagen. Wohl deutlichübers Ziel geschossen hat
man mit jenen Erfindungen, welche die Reifen von Geisterfahrern
aufschlitzen sollten. Erwischt hat es hauptsächlich richtig fahrende
Fahrzeuge, die zur Freude der lokalen Reifenhändler einem Irrtum der
elektronischen Fahrtrichtungserfassung zum Opfer fielen.
Es gab sogar Ideen zur ferngesteuerten Abschaltung von Motoren, was
uns dank noch ungenügender technischer Voraussetzungen gerade noch
erspart geblieben ist. Es scheint überhaupt eine Eigenart
verkehrstechnischer Innovationen zu sein, dem Fahrer die
Verantwortung für sein Tun aus der Hand nehmen zu wollen: Versuche
zur Fernsteuerung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit an kritischen
Stellen nennen sich ganz harmlos "intelligent speed adaption ISA".
Dabei gäbe es so viel an nützlicher, aber leider nicht genutzter
Informationsvermittlung, die sich wohltuend auf Sicherheit und Umwelt
auswirken könnte. Da wäre zum Beispiel die Anzeige der zu fahrenden
Geschwindigkeit bei grünen Wellen (soferne es die überhaupt gibt).
Das Optimum wäre eine Kommunikation mit Anzeigen im Fahrzeug, aber da
sind noch lange keine Entwicklungen absehbar.
Weil offensichtlich die Bekanntschaft mit Produkthaftungsfällen bei
den Fahrzeugherstellern eine gewisse Vorsicht bewirkt hat,
funktionieren elektronische Kfz-Systeme mittlerweile nicht nur
besser, sondern auch deutlich weniger bevormundend. Allerdings kocht
jeder größere Hersteller sein eigenes Süppchen, womit sich
unterschiedliche Einsatzbereiche undQualitätsunterschiede der
Systeme erklären. Diverse Bremsassistenten, Abstandswarnungen,
Spurführungen, Tempomaten, Müdigkeitserkennungen, Regensensoren,
Unfalldatenschreiber, Navigationsgeräte funktionieren bereits mit
Vertrauen erweckender Genauigkeit. Die Frage der Sinnhaftigkeit
stellt sich für mich bereits bei teilweise falsch angezeigten
Verkehrszeichen. Solange ich zur Wendung des Halses fähig bin, werde
ich auch ohne Einparkassistenten auskommen. Meine Bedenken steigen
bei einer vollautomatischen Steuerung der Leuchtweite von
Scheinwerfern, da sie anderen Verkehrsteilnehmern durch Blendung
gefährlich werden kann. Es besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur
Vermeidung von Blendung (d. h. zur Schaltung von Abblendlicht), also
ist deren Zulässigkeit eher sehr fragwürdig.
Der Gesetzgeber (zum Teil geht es um EU-Kompetenzen) wäre dringend
aufgerufen, Prioritäten zu setzen, was an elektronischen Hilfsmitteln
zur Standardausrüstung gehören und was eher verboten werden sollte.
ABS samt Notbremsassistenten sollte wohl lückenlos für alle Kfz
inklusive der Einspurigen verbindlich sein, ebenso elektronische
Reifendruckkontrollen. Bei leistungsstärkeren Kfz (besonders
Motorräder) wären Schlupfregelungen oder Fahrdynamikregelungen zu
fordern. Bei Auslösung von Airbags wären automatische Notrufsysteme
(e-call) sinnvoll. Als einer, der Nachtunfälle genau kennt,
erscheinen mir weiters Nachtsichtgeräte zur Erkennung von Fußgängern
und Hindernissen wichtig. Es bedarf auch einiger Festlegungen zu
normierten Schnittstellen für die Kommunikation mit anderen Kfz und
verkehrstechnischen Steuerungen. Schlussendlich muss aber nicht
zuletzt die Zahl und Art der unterschiedlichen Piepser, Blinker,
Displays und Bluetooth-Ansagen eine Vereinheitlichung und Begrenzung
erfahren, da zwischendurch ein Blick auf die Straße auch nicht so
schlecht wäre.