A&W: Wie lautet Ihre Bilanz beim Neuwagenabsatz für 2022 und die ersten Monate 2023?
Mag. Thomas Herndl: Es kommt auf den Blickwinkel an. Die Auftragsbücher waren und sind sehr gut gefüllt, aber die Zulassungszahlen zeigen die Situation im Jahr 2022; diese Zeit war stark durch eine Nicht-Lieferfähigkeit geprägt. Zu den Halbleiter--Problemen kamen zu Beginn des Ukraine-Krieges die Kabelbäume, die in der Ukraine gefertigt werden, sowie im Laufe des Jahres die Corona-Lockdowns in China. Die langen Lieferzeiten sind leider geblieben. Trotz allem bin ich sehr stolz, dass wir im 3. und 4. Quartal marktanteilsmäßig aufholen konnten. Mit etwas weniger Stückzahlen, (31.951 zu 35.966 Neuzulassungen, Anm.), weil der Gesamtmarkt niedriger war, haben wir fast den -gleichen Marktanteil wie 2021 erreicht.
Was erwarten Sie für heuer?
Herndl: Nach dem historisch niedrigen Markt 2022 erwarte ich heuer mit sich verbessernden Lieferzeiten und dem abzubauenden Auftragsbestand einen -weiter steigenden Markt. Die Betriebe benötigen zudem dringend einen Neuwagen-Nachschub, auch für Aftersales. Ich bin ziemlich sicher, dass wir heuer wieder in die richtige Richtung kommen.
Wie hoch ist der Auftragsbestand?
Herndl: Es ist uns sehr wichtig, unseren Auftragsbestand so rasch wie möglich im Sinne unserer Kunden abzubauen. Schon jetzt gibt es mehr Auslieferungen, viele Kunden können ihre Autos übernehmen. Der Auftragsbestand ist jetzt schon niedriger als vor einem Jahr, aber noch immer höher als im Schnitt der vergangenen 10 Jahre. Es wird schon noch dauern, bis wir den Auftragsbestand komplett abgebaut haben werden. Bei manchen Modellen sind oft nur einzelne Ausstattungen betroffen, was die Lieferzeit erhöht.
Hat sich die Liefersituation halbwegs normalisiert?
Herndl: Die Lieferzeiten liegen je nach Modell und Ausstattung zwischen 4 und 11 Monaten. Einige Modelle kommen sehr rasch, zum Beispiel die kleinen SUVs aus spanischer Produktion. Beim Golf Variant kann es manchmal bis zu 11 Monate dauern, auch beim Touran ist es ähnlich. Hingegen sieht es beim Tiguan besser aus. In den kommenden Monaten -müssen wir uns immer wieder auf kurzfristige Restriktionen einstellen, vorrangig bedingt durch den Halbleitermangel. Daher versuchen unsere Händler bei der Fahrzeugkonfiguration, die Kunden auf schneller verfügbare Ausstattungen hinzuweisen.
Wie geht es beim ID.3 weiter? Hier wurde das neue Modell ja schon gezeigt.
Herndl: Der Verkaufsstart für den neuen ID.3 wird im 2. Quartal sein, die Markteinführung ist für Ende des 3. Quartals geplant. Bis dahin liefern wir das -bestehende Modell aus.
Welche neuen Modelle werden heuer auf den Markt kommen? Wie wird es 2024 weitergehen?
Herndl: Den ID.3 habe ich bereits erwähnt. Ende des Jahres kommen ein Facelift vom T-Cross sowie ein großes Facelift vom Touareg. Im Herbst erfolgt die Markteinführung des ID.7, der eine wichtige Rolle spielen wird als erstes E-Modell im Passat-Segment. Ich denke, dass der ID.7 das neue Elektro-Flaggschiff von VW sein wird. 2024 kommt der Tiguan komplett neu, auch die Golf-Familie erhält ein Facelift. Hier werden wir Ende dieses Jahres voraussichtlich noch den Verkauf starten.
Kommen außer dem Rabbit weitere Sondermodelle?
Herndl: Wir werden den Markt nicht mit Sonder-modellen überhäufen. Man muss sich ganz genau überlegen, welches Angebot man am Markt platziert. Wir planen keine kurzfristigen Aktionen, auch um die traditionell hohen Restwerte von Volkswagen--Modellen weiterhin zu gewährleisten.
Also planen Sie keine Schnellschüsse wie bei Tesla, wo die Preise massiv gesenkt wurden?
Herndl: Solche Preissenkungen planen wir nicht, weil eine massive Preissenkung ja auch den Bestand und die Restwerte maßgeblich beeinflusst. Unsere Unternehmer- und Privatkunden benötigen Kontinuität, Kalkulierbarkeit und einen berechenbaren Partner.
Wie hoch ist derzeit der Anteil der Elektroautos?
Herndl: Im vergangenen Jahr hatten Volkswagen und Tesla mit je 15,8 Prozent den gleichen Marktanteil, Tesla war gerade einmal um 19 Stück vor uns. Heuer sind wir sicher stärker aufgestellt als im Vorjahr, weil der ID. Buzz Pkw ja auch zu unserem (E-)Marktanteil gezählt wird. Und mit dem ID.7 haben wir heuer ein richtiges Highlight. Wir wollen unsere gute Position somit weiter verbessern.
Wann kommen – außer dem bereits erwähnten ID.7 – weitere neue Elektroautos auf den Markt?
Herndl: Der ID.2all, der vor Kurzem als Showcar vorgestellt wurde, kommt im Jahr 2025. Dann wächst die Familie auch in Segmente, in denen wir derzeit noch nicht sind. Mit der leistbaren Mobilität im -Polo-Segment gehen wir bei der E-Mobilität weiter in die Breite. Wir haben die Händlerschaft schon informiert, dass es in diese Richtung weiter geht. Das sind E-Fahrzeuge, die auch die Privatkunden verstärkt ansprechen werden.
Bleibt das Modellangebot so, wie es derzeit ist?
Herndl: Durch die Transformation in die -E-Mobilität ist natürlich Bewegung im traditionellen Modell-angebot – auch bei Volkswagen. Der Sharan ist weggefallen, auch der up! ist nicht mehr bestellbar. Dafür erweitern der ID. Buzz und der ID.7 unsere Pkw--Range. Unser Modellweg ist klar elektrisch.
Wie stark belastet Sie der Wegfall der finanziellen Förderungen bei Firmenkunden?
Herndl: Jeder Wegfall ist natürlich bei Einführung -einer neuen Technologie kontraproduktiv. Doch glücklicherweise gibt es andere Benefits, sodass Elektroautos für Firmen auch weiterhin sehr attraktiv sind. Wir müssen nun verstärkt den Privatkundenmarkt aktivieren und den Menschen die Reichweitenangst nehmen. Auf den Hauptverkehrsrouten funktioniert E-Mobilität schon sehr gut, doch die Ladeinfrastruktur muss laufend weiter ausgebaut werden.
Gibt es irgendwo eine Chance für einen neuen Händler, mit VW zu beginnen?
Herndl: Wir haben knapp 90 Haupthändler und ein zweistufiges Netz mit rund 80 Filialen oder Agentenbetrieben im klassischen Händlervertriebssystem. Dazu kommt die unechte Agentur bei den Elektro-autos. Das Netz ist seit Jahrzehnten stabil, gesund und funktioniert gut. Wir sind sehr froh über diese gute Flächenabdeckung, auch was die Servicepartner betrifft. Mir ist es sehr wichtig, gut mit den Händlern zusammenzuarbeiten. Generell sind wir in regelmäßigem Austausch mit dem VASS (Verein Österreichischer VW Audi Seat Skoda Betriebe, Anm.). Ein weiterer Ausbau des Netzes ist daher nicht geplant, wir setzen auf unsere bestehenden Partner, mit denen wir, zum Teil schon seit 75 Jahren, erfolgreich sind.
Der Golf, jahrzehntelang die Nummer 1 am österreichischen Markt, hat seine Position verloren. Wird sich das wieder ändern?
Herndl: Volkswagen ist die Nummer 1 – und das schon seit 1957 ohne Unterbrechung. Was den Golf betrifft, so lag der jahrzehntelang in der Modellstatistik ganz vorn, wobei Modellvarianten wie der Golf Sportsvan oder der Golf Plus immer mitgezählt wurden. Heutzutage kaufen mit dem SUV-Trend viele Golf-Kunden auch den T-Roc oder den T-Cross, nur fallen diese Modelle nicht mehr in die Golf-Range. Am Ende zählen immer die zufriedenen Kunden und der Erfolg der gesamten Marke Volkswagen.
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