AUTO Information: Ihr Sommerbesuch zum Beach Volleyball in Wien hat beinahe schon Tradition, kommen Sie gerne nach Österreich?
Wayne Griffiths: Mein Besuch ist auch eine Anerkennung für die tolle Arbeit, die das Team von Wolfgang Wurm hier in Österreich leistet. Seat und Cupra haben im vergangenen Jahr einen Marktanteil von 7,1 Prozent in Österreich erreicht, damit ist Österreich der stärkste Exportmarkt für uns. Cupra hat – im Wesentlichen mit den Modellen Formentor und Born – heuer bereits einen Marktanteil von 2,7 Prozent erreicht und ist damit gemessen am Markt­anteil der weltweit stärkste Markt für die junge Marke. Deutschland und der Heimmarkt Spanien sind nahe dran, aber Österreich ist die Nummer 1, und das ist eine tolle Geschichte.

Wie entwickelt sich Cupra generell?
Griffiths: Es macht uns große Freude, diese positive Entwicklung zu sehen, vor allem wenn man die enorme Geschwindigkeit und die schwierigen Rahmenbedingungen der letzten Jahre bedenkt. Mittlerweile stehen wir vor riesigen Veränderungen und verfolgen konsequent unsere Transformation zur Elektromobilität. Vor fünf Jahren, als ich zu Seat kam, stand man der Elektromobilität noch abwartend gegenüber. Nun sind die Weichen gestellt: Cupra wird ab 2030 rein elektrisch sein, bei Seat bieten wir moderne Plug-in-Hybride an.

War das hohe Tempo bei der Gründung der Marke bereits so geplant?
Griffiths: Das alles erfolgt in der größten Krise, die wir als Manager in unserer Generation je erlebt haben. In den vergangenen vier Jahren hat sich vieles grundlegend verändert. Die Klimakrise gab es schon vor Corona, dann kamen Corona, Halbleiterengpass, Ukraine-Krieg, Energieknappheit, und weitere Krisen sind nicht ausgeschlossen. Wir haben – mit allen Einschränkungen – konsequent weitergearbeitet und die Krisen auch immer als Chance betrachtet: Entwicklungen, die ohnehin kommen müssen, kommen dadurch schneller. Hatten wir zuvor eine Diskussion um die Globalisierung, sehen wir nun eher wieder eine Regionalisierung, Europa muss Möglichkeiten zur Selbstversorgung schaffen. Und das betrifft auch die beschleunigte Elektrifizierung: Wir werden die Produktionsstätten in Spanien auf Elektromobilität ausrichten, ab 2025 dort die ersten elektrischen Fahrzeuge produzieren. Ohne Krisen wäre die Entwicklung wahrscheinlich nicht so schnell vorangeschritten.

Wie sieht es wirtschaftlich aus?
Griffiths: Die Halbleiterkrise hat dazu geführt, dass wir als Seat S.A. Verluste geschrieben haben. Im 1. Halbjahr 2022 schafften wir wieder den Turn­around zu schwarzen Zahlen, zugleich müssen wir aber auch Rückstellungen für die notwendige Umstrukturierung bilden. Wir haben in vier Jahren 200.000 Cupra verkauft, 2018 hatten wir einen Umsatz von 430 Millionen Euro, 2021 waren es bereits 2,2 Milliarden Euro, damit haben wir schon eine relevante Größe im Konzern erreicht. Cupra spielt eine überlebenswichtige Rolle für die Seat S.A. Die Prioritäten bei der Elektrifizierung liegen bei Cupra, da wir nicht alles auf einmal transformieren können. Wir merken, dass Cupra und die Transformation zur Elektrifizierung gut ankommen. Die Stimmung im Unternehmen ist sehr positiv.

Wie geht es bei Cupra weiter?
Griffiths: Heuer wollen wir uns in allen Bereichen verdoppeln: im Händlernetz, beim Umsatz und bei den Verkaufszahlen. Die nächste Produktoffensive mit den drei neuen elektrisierten Modellen Tavascan, Terramar und UrbanRebel kommt dann 2024/25, das mittelfristige Ziel sind 500.000 Fahrzeuge.
Wir haben vor Kurzem durchaus ungewöhnlich mit gleich sieben Neuheiten die erfolgversprechende Modellzukunft von Cupra bei einem Event in Spanien vorgestellt. Damit sieht man, dass Cupra nicht nur ein Nischenthema, kein One-Hit-Wonder ist. Eine besonders wichtige Rolle wird dabei der UrbanRebel spielen, ein Elektro-Kleinwagen, der ebenso 100 Prozent Cupra-DNA besitzt wie das erste eigenständige Cupra-Modell, der Formentor.

Kommen nur neue Modelle oder auch neue Märkte?
Griffiths: Für das Wachstum werden wir uns auch global engagieren und beispielsweise in Märkte gehen, wo wir mit Seat nicht präsent sind. So sind wir beispielsweise gerade in Australien gestartet. Die Ausweitung muss natürlich passen – auch hinsichtlich des Mindset der Zielgruppe. Wir sind offen für Neues, nach Australien werden weitere Schritte ­dazukommen.

Wieso hat sich Cupra als komplett neue Marke so rasch etablieren können?
Griffiths: Die positive Entwicklung der Marke hat viele überrascht. Mich hat eher überrascht, dass wir den Nerv der jungen Kunden treffen und eine starke Markenbegehrlichkeit schaffen. Wir erleben eine hohe Markensympathie und sind eindeutig auf dem richtigen Weg. Wir sprechen auch Zielgruppen an, die nicht mehr dieselbe Marke fahren möchten wie ihre Eltern und Großeltern. Diese Kunden möchten kein Markenimage, das Tradition ausstrahlt, sondern wollen mit anderen Werten auffallen.
Dabei muss natürlich das Gesamtpaket stimmen: Wenn es nur das gute Marketing wäre, würden wir die Fahrzeuge nicht verkaufen. Wir wollen Autos, die polarisieren, und Autos, die Spaß machen.
Wir sind die Underdogs, die Rebellen, das hat etwas Sympathisches. Wir haben versucht, diese Idee in die Kundenbeziehung mit einzubringen. Es geht um Menschen und um Emotionen, nicht um Geschichte und Tradition.

Haben sich Zielgruppe und Positionierung mit dem Fokus auf Elektromobilität verändert?
Griffiths: Die entscheidende Frage ist, wie differenzieren wir uns als Cupra beim Elektroauto? Da müssen wir innovativ sein, und das wird stark über Design und Fahrverhalten erfolgen. Ich bin überzeugt, dass uns das beim UrbanRebel etwa gut gelingen wird, mit dem tief platzierten Gewicht und der Fahrwerkabstimmung soll sich das Auto wie ein Go-Kart fahren.

Wie sieht die Produktionsumstellung aus?
Griffiths: Das Future Fast Forward-Projekt des Konzerns ist mit 10 Milliarden Euro die größte Investition in der Geschichte der spanischen Industrie, wobei noch die finalen politischen Zusagen ausständig sind. Wir stellen die Werke auf Elektromobilität um, bauen eine Batteriefabrik und damit bekommt die Automobilfabrik in Spanien eine prosperierende Zukunft. Jetzt muss auch Spanien die Elektrifizierung weiter vorantreiben, das Land hat mit über 3.000 Sonnenstunden pro Jahr enormes Potenzial für ­erneuerbare Energie.

Sie haben das Händlernetz angesprochen, wie sehen hier die Pläne aus?
Griffiths: Wir setzen global auf ein strategisches Händlernetz aus Konzernhändlern, dabei bevorzugen wir große Händlergebiete unter einem Investor. In Österreich wird Cupra aktuell ausschließlich über parallele Seat- und Cupra-Partner vertrieben.
 

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