AUTO-Information: Warum lanciert Volkswagen ein Cabriolet des T-Roc und nicht des Golf?
Jürgen Stackmann: Sowohl der Golf-Markt als auch der Cabriolet-Markt in Europa werden kleiner. Der Cabriolet-Markt ist ohnehin nicht groß, nichtsdestotrotz hat Volkswagen eine lange Cabriolet-Tradition, und wir waren der Meinung, wenn wir nochmal ein offenes Auto bauen, dann muss es schnell gehen,es muss schön sein, und es muss anders sein.
Ein Cabriolet muss aber nicht nur schön sein, es muss sich auch rechnen. Wie ist das beim T-Roc Cabriolet?
Stackmann: Natürlich rechnet sich das T-Roc Cabriolet, sonst hätten wir es nicht gemacht. Wir gehen davon aus, dass wir die Profitabilitätsziele erreichen. Das T-Roc Cabriolet wird bei Volkswagen in Osnabrück gebaut. Ein Werk, das ideal auf die Produktion kleiner Serien und offener Autos eingestellt ist. DasT-Roc Cabriolet ist ein ur-europäisches Projekt.
In Zeiten von Klimawandel, CO2-Ausstoß und Elektromobilität, wie passt da ein Cabrio noch rein?
Stackmann: Ich glaube, dass das kein Widerspruch ist. Wir konzentrieren uns beim T-Roc Cabriolet auf die beliebtesten Motor-Getriebe-Varianten, so gibt es keinen Allrad und keinen Diesel. Der Wagen hat zwei sehr effiziente Antriebe, darunter unser neuester 1,5-Liter-Evo-Benzinmotor, der zu den verbrauchsärmsten Ottomotoren gehört. Zudem handelt es sich beim T-Roc Cabriolet auch nicht um ein Langstreckenfahrzeug für Vielfahrer. Der Cabriolet-Markt spricht Kunden an, die etwas Besonderes suchen und schätzen. Ich denke, dass wir damit eine gute Chance haben.
Volkswagen möchte die Weltmarke für Elektromobilität werden, wie wollen Sie das schaffen?
Stackmann: Unsere Strategie ist es, die Elektromobilität von der Verbrennerwelt abzukoppeln. Wir haben vor knapp dreieinhalb Jahren mit der MEB-Plattform den Grundstein für die Elektromobilität bei Volkswagen gelegt. Dank dieser Plattform im modularen Aufbau ist Volkswagen in der Lage, sehr schnell skalierfähig in allen Werken rund um die Welt zu agieren. Ein weiterer Vorteil ist, dass Volkswagen in allen wichtigen Segmenten und Regionen, wie Europa und China, wo sich die Elektromobilität in den nächsten Jahren durchsetzen wird, Marktführer ist. Deshalb glaube ich, dass wir in der Lage sind, die Weltmarke für Elektromobilität zu werden.
Um dieses Ziel zu erreichen, brauchen Sie auch Ihr Händlernetz. Sind alle Händler auf diese Umstellung vorbereitet, und machen auch alle mit?
Stackmann: Unsere Grundaufgabe besteht darin, Elektromobilität zur Normalität zu machen, und dazu gehören auch unsere Händler. Wir wollen Elektromobilität demokratisieren und für alle erreichbar machen, das heißt, auch für unsere Partner. Wir brauchen starke Partner, sowohl Importeure als auch Händler.
Von welchen Investitionen sprechen Sie? Muss der Händler für den Elektrobereich einen eigenen Showroom haben?
Stackmann: Nein, das muss er nicht. Auch der Volkswagen ID. wird ein Volkwagen sein, das war immer der Ansatz. Es ist eben keine neue Marke, weshalb der Händler jetzt auch nicht neue Bodenplatten verlegen muss. Es gibt Überlegungen, im Showroom einen Bereich für Elektromobilität zu schaffen, aber zu absolut nachvollziehbaren Investitionen. Dabei bezieht sich der höchste Anteil auf die technischen Umrüstungen.
Wie wichtig ist das Händlernetz noch für VW? Braucht es die noch, oder könnte man alles nach dem Tesla-Prinzip nur noch online machen?
Stackmann: Verglichen mit Volkswagen ist Tesla eine kleine Marke. Das Jahresvolumen von Tesla ist ein Bruchteil von unserem. Wir sind eine Volumenmarke, der die Kunden vertrauen, und sie verlangen auch einen entsprechenden Service. Zudem haben wir festgestellt, dass sich die Kunden zwar online informieren, dass sie vergleichen und auch ihr Wunschfahrzeug konfigurieren, aber beim Autokauf oder Leasing wollen sie einem Händler in die Augen sehen. Kunden reden gerne mit Menschen, insofern gehört der Handel auch in der Zukunft zu einem Kernelement unseres Geschäfts. Im Zuge der Digitalisierung werden Händler wohl weniger innerhalb der Verkaufsabwicklung und mehr in der Kundenberatung agieren, aber der Faktor Mensch wird ein elementarer Baustein bleiben und somit auch unsere Händler. Ein gutes Beispiel, wie es nicht sein sollte, sind die neuen Automarken aus China. Die haben zwar alle ein Werk und Auto gebaut, das auch funktioniert, aber sie haben keine Distribution und drohen, daran zu scheitern. Online ist ein alternativer Kanal, aber es kann nicht der einzige sein.
Aktuell muss der VW-Konzern ja zweigleisig fahren, Elektroautos und Verbrennerautos. Wird da die Modellpalette nicht irgendwann zu groß?
Stackmann: Natürlich beschäftigt uns dieses Thema sehr. Wir werden in den nächsten Jahren mehr Baureihen haben als noch vor zwei Jahren. Ziel ist es, die Komplexität zurückzufahren. Wir werden sinnvoll entschlacken und vereinfachen. Wir werden Serienverästelungen und Einzelangebote zurückfahren und das Motorenprogramm weiter aufräumen. In den nächsten Jahren wird es wohl auch ein weiteres Phase-out einiger Modelle geben, wie in der Vergangenheit mit dem Golf Cabriolet, dem Beetle und dem Scirocco geschehen. Wir wollen es unseren Kunden generell viel einfacher machen. Zum Beispiel beim Online-Konfigurator, der zu komplex und kompliziert geworden ist. Wie einfach es sein kann, zeigen wir beim neuen ID. 3, den man mit gerade mal zehn Klicks komplett durchkonfigurieren kann. Das ist ein Mehrwert für Kunden und auch für den Händler, für den die Beratung damit auch viel einfacher wird.
Wäre der Arteon ein Streichkandidat?
Stackmann: Im Gegenteil, wir werden in der nächsten Phase noch ein weiteres Derivat vom Arteon präsentieren. Das wird ein absoluter Herzensbrecher. Er wird alle überraschen, denn den erwartet man so von Volkswagen nicht. Das wird ein Knaller.