Der Zielkonflikt der Automobilhersteller wurde bei der AVL-Konferenz
Motor&Umwelt in Graz sehr klar. Die EU-Vorgaben zur CO2-Reduktion
machen aufwändige, teure, elektrische Lösungen nötig, die der Kunde
nur schwer bezahlen wird.
Jene Autofahrer, die ausÜberzeugung CO 2-arme Autos mit
Hybrid-Technologie oder als reine Elektroautos kaufen, sind
zahlenmäßig überschaubar. Die Motive für den Kauf oder vielmehr den
"Nichtkauf" eines Fahrzeuges sind finanzielle Gründe oder der
Lifestyle, wenn Leute beispielsweise in urbaner Umgebung auf das
Fahrzeug verzichten. Die Umweltfreundlichkeit spielt eine
untergeordnete Rolle. Das ergibt zumindest eine Studie von Deloitte,
die Dipl.-Ing. Thomas Pfund von Schaeffler zitiert. "Der Aufwand zur
CO 2-Reduktion muss sich daher sehr schnell amortisieren oder
weiteren Zusatznutzen bringen. Die 130 g CO 2/kmim
Flottendurchschnitt waren vergleichsweise einfach zu erreichen. Die
weiteren 25 Prozent auf 95 g/km im Jahr 2021 werden eine deutlich
größere Herausforderung. Hier braucht es den massiven Einsatz der
Elektrifizierung. Je mehr elektrische Lösungen im Einsatz sind, desto
höher die Einsparungenund die Kosten, die teilweise überproportional
steigen. Die Kunden werden diese Fahrzeuge nur kaufen, wenn der
Aufpreis akzeptabel und ein Mehrwert in Form von Fahrspaß gegeben
ist.
Continental AG baut 48-V-Werke
Bei den Top-Technikern der Automobilhersteller und der Zulieferer war
in Graz deshalb eine klare Tendenz zum 48-V-Bordnetz als breite
Lösung für den Volumenbereich zu erkennen. "48 V werden der Hybrid
fürs Volk", erklärt Dr. Bernd Mahr von der Continental AG. Und er ist
jemand, der es wissen muss: Continental baut bereits Werke in China
und den USA zur Lieferung von 48-V-Systemen an die
Automobilindustrie.
"Das 48-V-Bordnetz ist die günstigste Form der CO 2 Einsparung", ist
auch Dr. Klaus Friedrich Küpper von AVL List überzeugt. "Hier können
wir die Vorteile der Elektrifizierung mit CO 2- und
Emissions-Reduktion, leistungsfähigem elektrischem Bordnetz und
erhöhter Leistung nutzen", so der Techniker. Die erhöhte Leistung
samt E-Lader bringt Fahrspaß und damit den nötigen Kundennutzen, um
den höheren Preis zu rechtfertigen.
Unter den Experten wird der 48-V-Mild-Hybrid nicht als teures System
für Verbrennungsmotoren gesehen sondern als günstige Hybrid-Lösung,
die noch dazu in der Anwendung wesentlich einfacher ist, weil keine
Hochvolt-Schutzmaßnahmen wie beim Full-Hybrid notwendig sind.
Zentrales Element des 48-V-Systems ist der Riemengeneratorstarter,
auch ein E-Lader wird zum Einsatz kommen. Elektrisches Fahren wird
damit nur sehr begrenzt möglich sein, etwa im Stau oder für
selbstständiges Einparken. Die großen Vorteile der Elektrifizierung
wie Rekuperieren, Segeln, also elektrisches Gleiten sind auch hier
möglich.
Verschiedene Bordspannungen im Einsatz
Der Full-Hybrid wird weiter seine Bedeutung haben, vor allem für
größere Fahrzeuge, ebenso wie Plug-in-Hybride, die allerdings
kostenmäßig noch eine Stufe höher eingeordnet werden. Für kleine
Fahrzeuge wird auch das 12-V-Bordsystem, eventuell mit einer zweiten
Batterie als 12-V+12-V-System weiter stark im Einsatz sein und mit
erweiterter Start-Stopp-Technologie auch noch Einsparungspotenzial
realisieren. Fahrzeuge mit Bordspannung bis zu 800 V werden
hauptsächlich im High-Performance-Bereich zum Einsatz kommen.
Es wird zukünftig nicht nur eine Vielfalt der Antriebssysteme,
sondern auch eine Vielfalt der Spannungen bei der Elektrifizierung
geben, um die Emissionsgrenzen und die Kundenanforderung zu erfüllen.
"Es reicht nicht aus, gute Autos zu bauen, man muss auch damit Geld
verdienen", erklärt Dipl.-Ing.
Christian Bock von BMW. Neben der CO 2-Reduktion wird das die größte
Herausforderung der Automobilindustrie in den nächsten Jahren.