Sie haben sich auf "Nachfolgelösungen für Familienunternehmen" spezialisiert. Sie wissen, wovon sie reden: Ihnen ist es vor 10 Jahren erfolgreich gelungen, aus einem traditionsreichen Autohaus -Opel&Beyschlag -auszusteigen. Sie verkauften die Unternehmensmehrheit an die Augsburger AV International GmbH.
Mit Johannes Hall war bereits die vierte Generation am Ruder. 26 Jahre war er Geschäftsführer und Alleineigentümer des Unternehmens. Bereits 1979 hatte er den Generationenwechsel von Großmutter und Vater zu ihm zur Zufriedenheit aller über die Bühne gebracht. "Die Nachfolgefrage ist eine der größten unternehmerischen Herausforderungen", sagt Hall.
Er istüberzeugt, dass ein derartiges "Schlüsselereignis" nicht nur von Rechtsgelehrten und Steuerberatern gemanagt werden sollte. Je größer das Unternehmen und je größer die Familie, desto komplexer werden die dafür benötigten Lösungsansätze. "Da geht es um Liebe, Macht und Geld -und zwar genauin dieser Reihenfolge", verweist Dr. Elisabeth Hall darauf, dass bei der Übergabe von Familienbetrieben viele persönliche Bedürfnisse zu berücksichtigen sind. "Nur mit einem Miteinander aller Beteiligten kann eine tragfähige Lösung entstehen."
Eine derart optimale Lösung ist Hall bei der Eingliederung seines Unternehmens in die AVAG-Gruppe gelungen. "Ich wollte immer so groß werden, dass Opel an uns nicht vorbeikommt." Hall war klar, dass er das allein nicht schaffen kann. Dafür fand er in Alfred Still einen kongenialen Partner, der in Österreich einen passenden Einstieg suchte. Wie bei vielen Autohäusern waren Halls Betriebsliegenschaften lange zuvor aus dem Autohandel gelöst worden. Damit konnte der Deal ohne großen Kapitalaufwand abgewickelt werden. Verkauft wurden 70 Prozent des operativen Autogeschäftes -Hall begnügte sich mit den restlichen 30 Prozent und mit der Rolle als Liegenschaftseigentümer und Vermieter. Bezahlt wurde der Kauf mit AVAG-Aktien, was die Kapitaldecke der AVAG schonte. Dafür wurde Hall in den Aufsichtsrat berufen und konnte auf europäischer Ebene im Autohandel weiter mitmischen.
Harmonische Regelungen sind selten
Das operativeÖsterreich-Geschäft wurde Clemens Vohryzka anvertraut. Dem wurde 2007 die Möglichkeit geboten, sich als weiterer Gesellschafter bei Beyschlag einzukaufen. Es besteht auch keine Gefahr, dass Hall der AVAG die Mietverträge kündigt, um seine wertvollen Liegenschaften lukrativer zu verwerten. Schließlich würde der Hausherr Hall damit dem Beyschlag-Gesellschafter und AVAG- Aktionär Hall einen Bärendienst erweisen.
Derart harmonische Nachfolgeregelungen sind in der Kfz-Branche selten. Denn der wesentlichste Unterschied zu anderen Branchen ist, dass im Kfz-Handel die Autokonzerne das Sagen haben. Bei altersbedingten Verkäufen oder Verpachtungen kommen durch restriktive Händlerverträge nur "Nachfolger" aus dem engen Kreis der Markenkollegen in Betracht. Wer sich außerhalb umsieht, der ist für eine derartige Lösung auf den Segen des Herstellers/Importeurs angewiesen. Bei denen hat jedoch die Netzplanung und nicht eine für den ausscheidenden Händler wirtschaftlich tragfähige Unternehmensübergabe Priorität.
Ein garstig Lied kann davon der Amstettener Autohändler Joseph Wagner singen. Er war vom Anfang an beim Aufbau der Marke Mitsubishi mit dabei. Nach 25 Jahren war ihm im Frühjahr 2014 klar, dass er sich aus gesundheitlichen Gründen um einen Nachfolger umsehen muss. Tatsächlich fand er zwei tatkräftige Kfz-Unternehmer, die ihr Werkstätten-undKarosseriegeschäft gerne um das kleine Mitsubishi-Autohaus erweitert hätten und auch finanziell in der Lage waren, in den kapitalintensiven Autohandel einzusteigen. Voll Zuversicht präsentierte er die potenziellen Unternehmenskäufer Mag. Gregor Strassl, Geschäftsführer seines "Geschäftsherrn", der Denzel Autoimport GmbH.
Betrieb musste geschlossen werden
Doch er hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht: "Wir bedauern, dass wir eine Zusammenarbeit mit den Kandidaten im beiderseitigen Interesse für nicht optimal halten", wurde Wagner lapidar mitgeteilt. Der Importeur hatte andere Pläne: In unmittelbarer Nachbarschaft wurde ein anderer Betrieb zum Händler autorisiert. Aufgrund dieser Konkurrenzsituation war Wagners Betrieb für Markenkollegen künftig nicht mehr interessant. Es war kein Käufer mehr zu finden. Der Betrieb musste geschlossen werden. Statt des wohlverdienten Ruhestandes endete Wagners Kfz-Karriere beim Insolvenzgericht.
"Wir müssen die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigen", ist das Erfolgsrezept von Elisabeth Hall. Zu diesen "Beteiligten" zählen in der Autobranche vorweg die Autohersteller und ihre nationalen Vertriebsgesellschaften. Deshalb ist es bei einer geplanten Betriebsübergabe schon im Vorfeld notwendig, Nachfolger mit einem entsprechenden "Stallgeruch" zu finden -und, ganz wesentlich, mit einer Nahebeziehung zum Hersteller.
Das Glück der Tüchtigen kam da der Wiener VW-Händlerin Leopoldine Schwandl zu Hilfe. Ihr Lebenswerk -ein Unternehmen mit 27 Umsatzmillionen auf Platz 56 des A&W-Händlerrankings -sollten ursprünglich ihre Kinder Margarete Chini (62) und Ing. Hans Schwandl (57) fortsetzen. Als diese letztlich abwinkten, stieß sie auf Mag. Biljana Zivanovic.
Diese hatte sich nach ihrem Studium ihre ersten Sporen bei Porsche Inter Auto verdient. Nach einem kurzen BMW-Intermezzo schaffte sie es unter den Fittichen des geschäftsführenden Gesellschafters Oliver Breinsberg auf der Karriereleiter der Liewers AG bis zur Vertriebsleitung. Dank dieser Nahebeziehungen gab es für die Porsche-Gruppe keinen Anlass, der von Schwandl zur Nachfolge Auserkorenen den dafür erforderlichen Konzern-Segen zu verwehren.
Immobilien und Autohandel getrennt
Auch bei den Schwandls sind die Immobilien längst auf verschiedene Gesellschaften aufgeteilt. Nur die Schwandl Vertriebs KG war aktiv im Autohandel tätig. Deren Rechte und Pflichten -einschließlich aller Dienstverhältnisse -wurden nun auf die am 5. März 2015 gegründete Schwandl Fahrzeug&Vertrieb GmbHübertragen. An der ist Zivanovic mit 90 Prozent und Roland Steineder, ihr Kollege aus Liewers-Zeiten, mit 10 Prozent beteiligt.
Es war somit kein Kauf zu finanzieren, sondern "nur" das Umlaufvermögen abzulösen. Dieser Start ins Jungunternehmertum wurde mit einem langfristigen Pachtvertrag abgesichert, dessen Höhe man nicht verraten möchte. "Wir haben da eine Variante gewählt, mit der wir wirtschaftlich nicht in große Bedrängnis kommen können", sagt Zivanovic, die von der Dauerhaftigkeit dieser Regelung überzeugt ist: "Wenn man eine Außenstehende mit der Nachfolge betraut, wird man das mittelfristig nicht wieder ändern." Daher geht es bei solchen Entscheidungen offenbar immer um Liebe, Macht und Geld -und zwar in dieser Reihenfolge.
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