Deutsche und amerikanische Autobauer in China spüren die jüngste Abkühlung und Trendwende im größten Automarkt der Welt besonders stark. Die VW-Passat-Familie mit drei Modellen fand in den ersten fünf Monaten nur 187.362 Käufer, was ein Minus von 51.000 Kunden (-8,5 Prozent) gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Der Limousinen-Verkauf von Audiist gegenüber 2014 um mehr als 11 Prozent eingebrochen. Die VW-Gruppe in China mit den Oberklassen-SUVs Q3 und Q5 sowie den inzwischen angegrauten und biederen VW Tiguan hat den Mittelklasse-SUV-Trend verschlafen.

Genauso arg hat es GM erwischt. Der US-Autobauer setzte von Jänner bis Mai 2015 um 9,5 Prozent weniger Pkws ab als noch ein Jahr zuvor. Dieser Trend erstreckt sich auf alle internationalen Autobauer: Die Hälfte der Top-10-Hersteller verkaufte auch im Mai deutlich weniger Pkws als noch ein Jahr zuvor.

Chinesische Hersteller erobern verlorenes Terrain zurück

Ganz im Gegenzug die chinesischen Marken, die voll im Fahrzeug-Trend (SUVs und New Energy Vehicles) liegen, kräftig Gas geben und den Elektromotor schnurren lassen. In den ersten fünf Monaten sind die Umsätze der lokalen Autobauer geradezu explodiert. Great Wall Motors als führender Hersteller im boomenden SUV-Markt mit kompletter Modellpalette (Kompakt-SUV bis hin zum Oberklassen-SUV) fand in den ersten fünf Monaten 292.000 SUV-Kunden, damit wurden satte 102.000 SUVs mehr verkauft als im Vorjahr (+54 Prozent).

Eine Kehrtwende der jährlich sinkenden Marktanteile chinesischer Hersteller wurde 2015 mit einem Paukenschlag eingeleitet, nachdem in den vergangenen fünf Jahren ihr Marktanteil am Gesamtmarkt in China von 25 auf 20 Prozent gesunken war. Die chinesische Regierung und lokale Joint-Venture-OEM-Partner erreichten dies geschickt durch direkte und indirekte Maßnahmen, die allesamt "WTO-konform" sind.

Der Drache schlägt zurück

Von "an der Front" stehenden Managern deutscher Zulieferer ist zu erfahren, dass die chinesischen Einkaufsabteilungen der Joint-Venture-Hersteller massiv unter Druck gesetzt werden, chinesische Lieferanten zu nominieren. Wo ein ausländischer Lieferant noch die Technologiebzw. Innovationsführerschaft hat, wird diesem höflich, aber mit Nachdruck geraten, mit einem chinesischen Partner zu kooperieren, wenn er den Auftrag bekommen möchte.

Auch die Anti-Korruptionskampagne wirkt sich massiv auf die Fahrzeugbeschaffungspolitik der kommunistischen Kader aus und macht auch vor deren Familienmitgliedern nicht halt. Fazit: Nach dem Hochfahren der Kampagne stehen die Import-Audi A8 und A6 heuer kaum mehr auf der Shopping-Liste der Parteikader.

Massive Strafen wegenüberhöhter Ersatzteilpreise

Schon vor einem Jahr mussten Audi, BMW, Mercedes sowie weitere Autozulieferer auf Druck der chinesischen Behörden die Ersatzteilpreise senken, ihnen wurden hohe Kartellstrafen durch die mächtige NDRC-Behörde aufgebrummt. FAW-Audi hat Verstöße gegen das Anti-Monopolgesetz eingestanden, die Ermittlungen gegen Daimler wegen krass überhöhter Ersatzteilpreise brachten u. a. zutage, dass eine C-Klasse Limousine, die nur mit Ersatzteilen zusammengebaut wird, so viel kosten würde wie 12 (!)Neuwagen. Für wie dumm haben deutsche Manager die chinesischen Behörden gehalten?