Was sind "absolut geschützte Rechtsgüter"? Was sind
"Mangelfolgeschäden"? Was haben die miteinander zu tun? Betrifft das
auch eine Kfz-Werkstätte? Damit setzte sich der OGH anlässlich einer
strittigen Rechtsschutzversicherung auseinander (7Ob140/12g).
Anlass waren 2 strittige Motorschäden. In einem Fall behauptete der
Kunde, man habe beim Service das Einfüllen des Motoröls vergessen.
Die Folge: einige Reparaturen, für deren Bezahlung die Werkstatt
aufzukommen habe. Im 2. Fall urteilte der Kunde, die Werkstatt habe
bei der Reparatur der Klimaanlage das Entlüften des Kühlersunterlassen. Dadurch habe sich der Motor überhitzt. Die Werkstatt
hatte zur Abwehr derartiger Forderungen zwar eine
Rechtsschutzversicherung, für den Schaden selbst allerdings keine
Betriebshaftpflichtversicherung. Mangels einer derartigen
Haftpflicht-Alternative ersuchte die Werkstatt die
Rechtsschutzversicherung, ihr zur Hilfe zu kommen. Die winkte jedoch
ab. Darauf verlangte die Werkstatt vom Gericht die Feststellung, dass
ihr die Versicherung die Prozesskosten zur Abwehr des vom Kunden
eingeforderten Schadenersatz-und Gewährleistungsanspruches zu
ersetzen habe. Die Versicherung wandteein, dass die Kunden keine
vertraglich vereinbarten Leistungen eingeklagt hätten- das wäre die
ordnungsgemäße Erfüllung des Reparaturauftrages. Tatsächlich fordern
die Kunden "die Kosten für die Behebung von Mangelfolgeschäden aus
dem Titel des Schadenersatzes". Die Abwehr derartiger Forderungen
falle in den Bereich der Haftpflichtversicherung. Falls es keine
gibt, muss die Werkstatt ein derartiges Risiko eben selbst tragen.
Handelsgericht dreht das Urteil um
Die 1. Instanz wies die Klage ab. Die RS-Versicherungsbedingungen ARB
2005 regelten zwar den Rechtsschutz für Reparaturarbeiten, nicht
jedoch den Mangelfolgeschaden. Die Werkstatt erleide auch keinen
"reinen Vermögensschaden", der laut ARB sehr wohl vom Rechtsschutz
erfasst wäre.
Das Handelsgericht drehte das Urteil um. Die ARB umfassten die
Geltendmachung und Abwehr von "Erfüllungsansprüchen". Dies gelte auch
für "Erfüllungssurrogate aus schuldrechtlichen Verträgen". Im Falle
der Abwehr von Ansprüchen, die aus der Verletzung vertraglicher und
vorvertraglicher Pflichten resultierten, seien "reine
Vermögensschäden" gedeckt. Der von der Versicherung behauptete
Deckungsausschluss komme nur zum Tragen, wenn sich dieses
Abwehrrisiko mit einer parallel abgeschlossenen
Haftpflichtversicherung überschneide. Nur dann sei diese für die
Abwehr zuständig, sonst habe die Rechtsschutzversicherung diese
Aufgabe zu übernehmen.
Der von der Beklagten angerufene siebente Senat des OGH sah dies
anders. Die Klage der beiden Kunden diene nicht unmittelbar der
Erfüllung des Reparaturauftrages. Eingeklagt seien vielmehr Schäden
aus der mangelhaften Reparatur an Autoteilen (der Klimaanlage). Aus
dieser mangelhaften Reparatur seien andere "Vermögenswerte"(der
Motor) beschädigt worden. Der Rechtsschutz der Werkstatt umfasse laut
ARB nur die Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen "aus"
schuldrechtlichen Verträgen -nicht jedoch "aufgrund"
schuldrechtlicher Verträge. Ein kleiner -für die Versicherung feiner
-Unterschied.
Von Rechtsschutz nicht erfasst
Der Streit gehe auch nicht um "reine" Vermögensschäden. Die liegen
nur vor, wenn es sich um die Verletzung "absolut geschützter
Rechtsgüter" handelt. Etwa, wenn durch die von der Werkstatt
durchgeführte Reparatur Leben, Gesundheit oder Freiheit der Kunden
verletzt worden wären. Dies wäre durch eine Zusatzdeckung zum
allgemeinen Rechtsschutz erfasst gewesen. Die von jeder Kfz-Werkstatt
bei Vertragsabschluss erhoffte Abwehr von Folgeschäden aus einer
mangelhaften Reparatur ist -wenn diese nicht gerade Leib und Leben
eines Werkstattkunden betreffen -vom Rechtsschutz nicht erfasst. Dies
hätte aus der Sicht des OGH jeder "durchschnittlich versierte
Versicherungsnehmer" anhand des Studiums der ARB bereits bei
Vertragsabschluss erkennen können.
Auch der im Rechtsschutzvertrag angeführte
"Schadenersatzrechtsschutz" nutzte der Werkstatt nichts. Der kommt
nur zum Tragen, wenn die Werkstatt das Auto des Kunden direkt
beschädigt hätte. So handelt es sich bei den kaputten Motoren "nur"
um einen Mangelfolgeschaden. "Da im Schadenersatzrechtsschutz (Art
19.2.1. ARB 2005) nur die Geltendmachung von Ansprüchen versichert
ist, ist die Abwehr der von den Kunden der Klägerin begehrten
Sachschäden von dieser Bestimmung nicht gedeckt."
Mit dieser höchstgerichtlichen Interpretation der
Versicherungsbedingungen sollte jeder halbwegs versierte
Kfz-Unternehmer seinen Versicherungsbetreuer beim nächsten Besuch
konfrontieren.