In einem ADAC-Crashtest hat das chinesische Auto Brilliance BS4
besser als sein größerer Bruder BS6 abgeschnitten und trotzdem keinen
Stern bekommen. Ein abgekartetes Spiel mit marktpolitischer
Motivation?
Liest man die Ergebnisse eines vom ADAC durchgeführten Crashtests des
Stufenheckmodells Brilliance BS4, bleibt Verwirrung zurück:
Partnerklubs wie der ÖAMTC, der Schweizer TCS oder der
niederländische ANWB äußern sich bei der Präsentation der Ergebnisse
des Crashtests positiver als die Deutschen selbst.
Der größere Brilliance BS6 hatte 2007 die ADAC-Crashanlage mit einer
schlechten Beurteilung und nur einem Stern verlassen. Doch nun setzte
es für das Stufenheckmodell des chinesischen BMW-Partners, obgleich
deutlich sicherer, eine noch schlechtere Note: "Diesmal bleibt der
Brilliance ganz ohne Sterne",heißt es beim ADAC. Der TCS beschreibt
das Testergebnis ganz anders: "Der Brilliance BS4 erhielt in der
Gesamtbewertung drei von fünf Sternen."
Neues Bewertungsschema
Schuld an der Verwirrung ist ein seit Kurzem gültiges
EuroNCAP-Bewertungsschema. Nach der alten Bewertung hätte der BS4
drei Sterne erreicht. Nun wurden auch Assistenzsysteme in die Wertung
aufgenommen. Beim BS4 fehlen ESP, Gurtwarner und
Geschwindigkeitsbegrenzer. Hat ein Fahrzeug in einer Gruppe null
Punkte, dann bekommt es aber in der Gesamtbewertung keinen Stern.
Natürlich erwähnen alle Klubs die unterschiedlichen
Bewertungskriterien, doch verblüffend ist der Grundtenor: Der ADAC
lässt das chinesische Auto absichtlich schlechter aussehen. "Ein
direkter Vergleich mit Ergebnissen vor 2009 ist grundsätzlich nicht
möglich", schreiben die Deutschen. Schweizerund Österreicher sehen
das ganz anders - und zeigen, dass die Chinesen Fortschritte machen.
"Insgesamt erhält das China-Auto 20 von 37 möglichen Punkten und eine
Gesamtbewertung von drei Sternen", sagt ÖAMTC-Cheftechniker Max Lang.
Politische Hintergründe
Sauer aufgestoßen ist das dem Brilliance-Importeur HSO Motors Europe.
"Der ADAC führt die Presse, die Politik und die Verbraucher in die
Irre, wenn er alle Sterne eliminiert und sein Null-Sterne-Ergebnis
mit null Sicherheit gleichsetzt", so Pressechef Detlev Engelhardt.
Der Importeur sieht den ADAC eine Karte zu spielen, die politische
Dimensionen hat. Damit kann er durchaus Recht haben. Man erinnere
sich, wie der ADAC bei der IAA-Premiere des chinesischen
Geländewagens Landwind genau zum ersten Pressetag die negativen
Crashtest-Ergebnisse veröffentlichte. Auch den Dacia Logan hat der
ADAC seinerzeit nach dem Umkippen bei einem Elchtest für unsicher
erklärt. Später musste der Klub einräumen, dass defekte Reifen, durch
vorangegangene Spurwechseltests bereits stark belastet, an dem
Problem schuld waren. Offensichtlich wird dabei die schnelle
Bereitschaft, ein aus einem "Billigland" kommendes Auto im negativen
Licht zu präsentieren.
Böse Chinesen
Diese Einstellung ist auch aus einigen europäischen Medien bekannt,
die selbst dann von "dreisten chinesischen Kopierern" schreiben, wenn
das Design von Pininfarina kommt, oder die "abgekupferte" Heckleuchte
in China bereits produziert wurde, bevor das europäische "Vorbild"
erstmals präsentiert wurde.
Brilliance bietet da weniger Angriffsfläche. Das Design kommt zum
Teil von renommierten italienischen Häusern, eine neue Motorenfamilie
wurde vom deutschen Spezialisten FEV Motorentechnik entwickelt und
die Produktion erfolgt auf demselben Gelände wie das Joint Venture
mit BMW. So werden chinesische Brilliance und BMW in der gleichenAnlage lackiert.
Trotzdem hat es der ADAC geschafft, ein Auto in schlechterem Licht
darzustellen, als es verdient hätte. Das haben auch deutsche Medien
erkannt: "Die Null-Sterne-Wertung suggeriert ahnungslosen Käufern ein
absolut unsicheres Auto - was der BS4 aber definitiv nicht ist",
schreibt Focus Online. "Er crasht nicht brillant, aber solide."