Im Gegensatz zu den letzten zwei Saisonen gibt es Winterreifen en
masse, jedoch wird weniger Nachfrage im Markt verspürt. Bei gut
gefüllten Lägern und voller Lieferfähigkeit der zahllosen Hersteller
ist der (Preis-)Kampf um den Konsumenten entbrannt.
Leider berücksichtigen viele Reifen( fach) betriebe noch immer nicht,
dass sie sich in einem äußerst unberechenbar gewordenen Markt
befinden. Während an der Börse notierte Industrien dem Aktienkurs
geschuldet immer nur ihre schönste Flanke zeigen und ihre
Markterfolge außerhalb Europas abzubilden versuchen, müssen die
nachgelagerten Handelsorganisationen mit dem auskommen, was der Markt
hergibt. Und das wird immer weniger. Die Autofahrer sparen
beziehungsweise werden immer weniger. Viele Manager und Unternehmer
verfallen dennoch der falschen Zuversicht, sie könnten die
Unsicherheit ihrer Branche durch eigene Maßnahmen in den Griff
bekommen.
Tatsächlich wird viel Zeit auf unhaltbare Prognosen verschwendet,
weshalb wir vorläufig auf die Poolzahlen der Reifenlieferanten
verzichten, denn jede Befragung endet im Siegerergebnis des
Probanden. Nahezu 90 Prozent sagten laut einer
Boston-Consulting-Studie, Manager entwickelten ihre Marktdeutungenauf Jahresbasis, ungeachtet der tatsächlichen oder gefühlten
Veränderungsgeschwindigkeit in ihrer Branche. Für die Absatzpartner
vor Ort sind das lieb gewonnene alte Rituale. Nur allein der Glaube
versetzt keine Umsatzberge mehr. Auch nicht, wenn beispielsweise
Conti-Chef Elmar Degenhart für 2012 "keine signifikanten
Veränderungen" verlautbart. 3013 macht er davon abhängig, wie es
Finanzmarkt und Politik gelingt, Vertrauen zu schaffen. Global über
alles sollen dennoch bis zu 3 Prozent plus herausschauen -leider
nicht für Europa. Da ist reine Managerrhetorik.
Ultimative Flexibilität
Also raten wir den Vertriebsleuten im Hier und Jetzt das
wirtschaftliche Umfeld im Auge zu behalten und sich den Veränderungen
laufend anzupassen. So wie es derzeit vielerorts rückwärts läuft,
könnte es ja auch wieder vorwärts kommen. Vor Kurzem besuchten wir am
Stadtrand von Wien einen unter blau-grüner Flagge firmierenden
Reifenhändler, der uns seine umfänglichen Lagerhallen voll mit vor
allem gebrauchten Reifen, Felgen und Räderzubehör zeigte. Vorn glänzt
die Neuware, dahinter stapelt sich das, was kaufkraftschwache
Konsumenten und Geschäftemacher aller Art noch gut verwerten können.
Räder mit ausreichender Profiltiefe für den uraltgebrauchten Pkw,
Klein-Lkw und sonstigen Nutzfahrzeugeinsatz -alles da und der Platz
war gerammelt voll mit Käufern. Mit Flexibilität sich des rasch
ändernden Marktumfeldes anpassend, ist der von der Konkurrenz als
"Heinzlmännchen" verspottete Unternehmer den anderen einen wichtigen
Schritt voraus. Zumindest eine Zeit lang.