Die chinesische Zentralregierung investiert bis 2020 ca. 11 Milliarden Euro in die Entwicklung der Elektromobilität und fördert massiv die Produktion von "New Energy Vehicles", also Hybrid-und Elektrofahrzeugen. In neun Jahren sollen insgesamt 5 Millionen "grüner" Pkws, durchschnittlich 500.000 pro Jahr, in China produziert und abgesetzt werden. Shanghai ist eine von 25 Modellregionen, wo Privatpersonen dank einer zusätzlichen Ankaufförderung von 4.600 bis 5.760 Euro hochsubventionierte Elektroautos erwerben können -sofern sie überhaupt schon verfügbar sind. Nun setzt der Drache zum nächsten Sprung an. In die Umsetzung des "EV-Marschbefehls" der Regierung werden ausländische Fahrzeughersteller,Engineering-Partner und Zulieferer mehr denn je in die Pflicht genommen.

Politische Zwangsehen

Konkret geht es um eine Zwangsauflage zum Technologietransfer bei Schlüsselkomponenten (Motor, Batterie, Elektronik). Ausländische Zulieferer mit E-Knowhow müssen künftig eine Ehe mit einem chinesischen Partner eingehen, damit dieser rasch vom westlichen Unternehmen lernt und kommerziell bald auf gleiche Augenhöhe kommen kann. Wenn der aktuelle Entwurf des "NEV Industry Development Plan 2011-2020" des Planungsministeriums umgesetzt wird, dann sind auch ausländische Elektroautobauer verpflichtet, die Technologie in den Schlüsselkomponenten mit dem chinesischen Partner zu teilen. Deutsche Fahrzeughersteller üben sich schon länger in vorauseilender Gehorsamkeit: Die Partnerschaft zwischen BYD und mit der Gründung der Shenzhen BYD Daimler New Technology Co. Ltd. zur Entwicklung von Elektroautos für den lokalen Markt hat in der Automobilpresse für Aufregung gesorgt.

"Fiebrige Chinaträume"

Branchenkenner attestierten dem Daimler-Konzernchef Dr. Dieter Zetsche nach dem Besuch am Shenzhener Firmensitz und seinem Treffen mit dem smarten BYD-Boss Wuang Chuanfu "fiebrige Chinaträume". Zetsche soll auch von den am Firmengelände befindlichen Sozialeinrichtungen wie dem Werksrestaurant oder dem Schwimmbad für die Belegschaft schwer begeistert gewesen sein. Fraglich ist, ob er wusste, dass besagtes Schwimmbad nur zum "Eindruckschinden" für ausländische Investoren errichtet wurde und die meisten Arbeiter in der Fabrik weder schwimmen können noch Zeit für dieses Freizeitvergnügen haben.

Chinesischen Quellen zufolge soll der Codename des ersten JV-Elektroautos "Golf" lauten, das 2013 auf den Markt kommen wird. Es ist zu hoffen, dass bis dahin BYD die Fertigungsqualität annähernd auf Daimler-Niveau gebracht hat, denn sonst wäre ein Imageschaden auch für den deutschen JV-Partner möglich.

Unbekannter Markt

Der elektrische Drache schnaubt derzeit also mehr, als er pfaucht, wenn es um "richtige" Autos geht. Dagegen ist in den letzten Jahren "im Untergrund" ein anderes Segment entstanden: der Markt für langsam fahrende kleine Elektroautos, kurz "LS-EV" genannt. Hier tummeln sich mehr als 60 Anbieter, die eine unüberschaubare Modellvielfalt entwickelt haben und produzieren.

Allerdings ist diese LS-EV-Klasse im aktuellen EV-Förderprogramm der Regierung weder erwähnt, noch hat die Zentralregierung in Beijing den Entschluss gefasst, dieses Segment zu fördern. Etablierte Autobauer wie SAIC, Chery und Great Wall Motors haben bis dato erfolgreich gegen die Neuankömmlinge in Beijing Stimmung gemacht. Sie argumentieren, dass LS-EV technologisch rückschrittlich sind, ohne entsprechende Regularien für Produktion, Vertrieb und Wartung und Inbetriebnahme auf regionalen Märkten angeboten werden und für den Fahrzeuglenker sogar gefährlich (Elektrobrand) werden können. Nichtsdestotrotz sind in den Provinzen Anhui, Jiangsu, Hunan, Hubei und Shandong im ländlichen Raum schon ca. 100.000 dieser Elektrokleinautos unterwegs. Sie sind zumeist unter 3,5 m lang und weisen ein Gewicht selten über 900 kg auf. Mit oder ohne Führerschein schnurren sie durch die engen Gassen und transportieren Menschen wie Güter. Abendswerden sie an die Elektroleine gehängt und sind am nächsten Morgen wieder startklar.

Gescheiterter Importversuch

Die Produktionskapazität aller Hersteller wird Ende 2011 bei mehr als 200.000 Fahrzeugen liegen. Einige Firmen wagen sich schon in den Vertrieb nach Europa und in die USA, wobei die ersten Importversuche nach Österreich im Jahr 2010 infolge grober Produktmängel des Herstellers kläglich gescheitert sind.

Der Tiroler Importeur MS-Design hatte mit dem myCar CV.2 der Firma EuAuto Technology Limited Großes vor. Doch obzwar dank des italienischen Stardesigners Giorgetto Giugiaro ein ansprechendes Design umgesetzt wurde und als Entwicklungspartner die Hong-Kong-Polytec-Universität verantwortlich war, wurde auf ein simples

Stahl-Chassis ein verstärkter Aluminium-Rohrrahmen gesetzt und eine GFK-Plastikkarosserie darübergestülpt. Das spartanische Armaturenbrett beinhaltete lediglich eine Tank-und Geschwindigkeitsanzeige, aber keine Klimaanlage. Die Sitze waren fest mit dem Stahlrahmen verbunden. Das Miniauto wog 710 kg, war 2,6 Meter langund wurde von konventionellen Deep-Cycle-Bleiakkus gespeist, die in Verbindung mit einem 5-KW-Elektromotor das Fahrzeug auf atemberaubende 66 km/h beschleunigen konnten. Laut dem Importeur sollte das myCar CV.2 für 15.000 Euro Käufer in Österreich begeistern.

Es ist im Sinne des Konsumentenschutzes, von verantwortungsvollen Importeuren und Fahrzeughändlern zu erwarten, dass die nächste Generation der elektrischen Miniautos aus China eine bessere Verarbeitungsqualität, mehr Komfort, ein höhere Reichweite und nicht zuletzt Sicherheitsmerkmale wie Airbag, Gurtstraffer und Knautschzonen aufweist. Werden diese Kriterien erfüllt, könnte der Markt der L7e-Fahrzeuge auch in Österreich durchstarten und gerade weniger betuchte Käufer ansprechen.