Autokonzerne sind gewöhnt, ihre eigenen Ansichten stets für richtig
zu halten. Die von ihren Rechtsabteilungen ausgearbeiteten Verträge
scheinen ihnen unfehlbar. Davon war auch BMW überzeugt - nicht jedoch
der Oberste Gerichtshof. Der hat den deutschen Konzernjuristen "im
Namen der Republik" klar gemacht, wo in Österreich die Grenzen der
Sittenwidrigkeit liegen.
Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) ließ den OGH einen
BMW-Leasingvertrag überprüfen (7Ob173/10g). Ursprünglich wollte man
es mit einer Abmahnung bewenden lassen. Die BMW Austria Leasing GmbH
weigerte sich jedoch, die eingeforderte Unterlassungserklärung
abzugeben. Am 24. Mai 2007 gab es eine abschließende Verhandlung in
der Konsumentenschutzsektion des Sozialministeriums. Die BMW
eingeräumte Nachfrist bis 15. Juni ließ man fruchtlos verstreichen,
eine "Unterwerfung" unter die Rechtsansicht des VKI komme nicht
infrage. Darüber hinaus sei man sowieso bereit, bei den Allgemeinen
Geschäftsbedingungen (AGB) gewisse Änderungen vorzunehmen.
"Intransparent und grob benachteiligend"
Das veranlasste die Konsumentenschützer, die Rechtswidrigkeit von 34
Vertragsklauseln einzuklagen. Sie seien intransparent, überraschend
und den Vertragspartner grob benachteiligend. Das Match endete 32 :2
zugunsten des VKI, wobei das Verfahren gezeigt hat, dass BMW
grundsätzliche Erwägungen des Interessenausgleiches zwischen den
Vertragspartnern bei der Vertragsgestaltung unberücksichtigt gelassen
hat. Dazu der OGH: "Es ist durch nichts zu erkennen, dass die
Beklagte die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens einsieht, geschweige
denn, dass sie ihr Verhalten aufgeben wird." Das ist nicht
verwunderlich: Echte Bayern wollen sich von Wien eben nichts
vorschreiben lassen.
Zulasten der Händler
Die Systematik des Vertrages folgt der Devise: Die Guten ins
Kröpfchen, die Schlechten ins Töpfchen. Alle Kosten und Risiken
gehören dem BMW-Partner, alle Vorteile BMW. Eine einseitige
Vertragsgestaltung, die mit den Grundsätzen des§ 879 ABGB nicht in
Einklang zu bringen ist: "Eine in Vertragsformblättern enthaltene
Vertragsbestimmung, die nicht eine derbeidseitigen Hauptleistungen
festlegt, ist jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung
aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt." Durch
diese Bestimmung wurde ein eine "verdünnte Willensfreiheit"
berücksichtigendes System geschaffen. Sie wendet sich gegen das
Aufdrängen benachteiligender vertraglicher Nebenbestimmungen durch
den typischerweise überlegenen Partner bei Verwendung von AGB und
Vertragsformblättern.
"Völlig neuer Rechtsrahmen"
Auch der OGH verweist auf diese "Ungleichgewichtslage". Der mit den
von BMW formulierten Geschäftsbedingungen konfrontierte Konsument sei
"in seiner Willensbildung eingeengt, muss er sich doch zumeist den
AGB fügen oder in Kauf nehmen, dass ihm der Verwender den
Vertragsabschluss verweigert". Diese Nichtigkeit gelte insbesondere,
wenn sich für derartige "gröbliche Benachteiligung keine sachliche
Rechtfertigung ergibt".
Im Sinne des EU-Verbraucherschutzes sindübrigens alle Klauseln
unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst wurden.
Dieses Transparenzgebot wurde bisher nicht nur von BMW ignoriert.
Auch einige andere Gesellschaften mussten deshalb in letzter Zeit
ihre Leasingverträge etwas ausgewogener gestalten. "Wir haben damit
einen "völlig neuen Rechtsrahmen für den Kfz-Leasingvertrag", freut
sich VKI-Juristin Dr. Beate Gelbmann. Ein Trend, der an den
Kfz-Händlerverträgen -trotz der auch dort herrschenden
"Ungleichgewichtslage" - bedauerlicherweise spurlos vorbeigegangen
ist.