Die klassischen Machtstrukturen geraten mit Web 2.0 ins Wanken", erklärt Univ.-Prof. Dr. Peter Kruse, "der Druck auf unser Wirtschaftssystem steigt. Es erlaubt uns immer weniger, das zu ignorieren. Das Thema Innovation funktioniert in Netzwerken deutlich besser, wenn es um den Teil der Kreativität geht, im Bereich der Umsetzung braucht es Hierarchien. Daher müssensich unsere Organisationsmuster ändern. Um gute Ideen zu bekommen, braucht es Netzwerke. Ganz unterschiedliche Identitäten müssen sich für einen Zeitbereich miteinander finden, um erfolgreich zu sein. In den Netzen ist der mächtig, der einspeist und der als Nachfrage unterwegs ist und nicht der Anbieter. Ein Wissensaustausch, eine Beurteilung des Bremer Organisationspsychologen Kruse, mit der sich mancher Teilnehmer am 3. Fabrikatshändlerkongress noch nicht identifizieren konnte, sozusagen eine Internet-Demokratie einzugehen. Das wird noch eine Weile dauern und wohl die nächste Generation beschäftigen, ihr Autogeschäft damit erfolgreich zu gestalten.

Sorgenüberwiegen Erfolge

Real drücken gleich mehrere Sorgen auf das Gemüt unserer Kfz-Branche. Dem Handel bricht die Autokonjunktur ein, lediglich bis zu 30 Prozent Kurzzulassungen lassen die Absatzzahlen noch schönen, las Gastgeber ZDK-Präsident Robert Rademacher den Herstellern die Leviten. Diese Rhetorik beherrschen auch Österreichs Branchenvertreter. Einzelhandelssprecher Ing. Josef Schirak wettert die letzten 30 Jahre gegen das sinnlose Marktanteilsdenken diverser Landesvertriebschefs. "Dadurch bläht sich der Markt auf und die Neu-und Gebrauchtwagenpreise geraten unter Druck." Da nun mal die österreichischen undeuropäischen Märkte de facto gesättigt sind, versucht sich nun das Internet zwischen Handel und Kunden zu schieben. "Das ist ärgerlich, jedoch nicht zu ändern, weil der Verdrängungsmarkt sich immer neue Absatzventile sucht."

Somit geraten die klassischen Machtstrukturen im Autohandel und auch im Kfz-Gewerbe aus den Fugen, weil sich der Käufer anderswo schlau macht, um beim Kfz-Betrieb nur noch sein Schnäppchen abzuholen.

Schädliche Internetkonkurrenz

Während sich Österreichs Branchenvertreter im Hinblick auf den Internetvertrieb verbal nicht beeindruckend äußern, findet Rademacher zu den Internet-Vermittlungsportalen für Neuwagen umso deutlichere Worte: "Diese Konkurrenz ist schädlich, denn der Zuspruch der Kunden orientiert sich allein anden darauf angebotenen Dumpingpreisen." Oberwallner quittiert diese Kritik in gewohnt kalmierender Art und Weise und meint, "dass nur ein begrenzter Teil der Markenhändler mit Neuwagen-Portalen zusammenarbeitet". In Zeiten radikaler Restrukturierungsmaßnahmen im Autohandel ist das nicht so sicher,sehen Markenhändler diese Entwicklung wesentlich kritischer und dennoch wird nichts dagegen unternommen.

Ob bei der nächsten Bundestagung des Kfz-Gewerbes im Herbst dieses Jahres der organisierte Autohandel unter dem Namen "Internetschleuderei - die Geißel des Automobilhandels" seinen Widerstand manifestieren wird, bleibt abzuwarten. Euro-Krise und nicht mehr zu leugnender Konjunkturabschwung sind unsere Wegbegleiter in den kommenden Monaten. Ein Freudenfest in der Zulassungsstatistik wie die letzten zwei Jahre wird es heuer nicht geben, zeigen sich - Ausnahme Oberwallner - die Branchenteilnehmer desillusioniert. Enden wir in unserer Berichterstattung mit Kruses Gedankenwelt, in der er pointiert aufzeigt,was der Mensch tatsächlich denkt und wie sich Kundenprioritäten verschieben und das menschliche Gehirn sich selbst dabei "überlistet" und tradierte Denkmuster umgeht.

In einem kontinental aufgeblähten Automarkt mit schwierigen monetären Rahmenbedingungen sind für die Hersteller Kostensenkungen zurzeit die einzige Möglichkeit für wirtschaftliche Erholung. Der Schlüssel zum Erfolg in den nächsten zwei Jahren liegt im Maßhalten, sprich im Zurücknehmen der Produktion und in den Angeboten, sagen die vielen Wissenden und tun es dennoch nicht. Dabei lenkt Kruse in die richte Spur: "Das Internet raubt auch den Konzernen im Trachten, traditionelle Kunden und gleichzeitig Neukunden mit immer wieder interessanten Nischenprodukten und Dienstleistungen bei Laune halten zu wollen, den finanziellen Atem. In rückläufigen Märkten wird man sich rasch wieder auf regionale Stärken besinnen müssen. (LUS)