Werkstattaufenthalte werden Jahr für Jahr teurer. Schuld daran sind
nicht etwa gierige Firmenchefs, sondern komplexere Fahrzeuge und
immer höhere Auflagen. Ein Teufelskreis ohne Ausweg?
Im vergangenen Jahr ist derösterreichische Verbraucherpreisindex um
3,3 Prozent gestiegen, 2010 betrug die Jahresinflation 1,9 Prozent,
2009 gar nur 0,5 Prozent. Die Brutto-Mindestlöhne haben laut der
Statistik Austria 2011 um 2 Prozent, 2010 um 1,6 Prozent und 2009 um
3,4 Prozent zugenommen.
Und die Bruttostundensätze in den Kfz-Werkstätten? Die betrugen bei
Lackierern im Vorjahr 126,58 Euro, bei Karosseriebauern 125,27 Euro
sowie bei Kfz-Technikern 109,10 Euro. Der Zuwachs lag damit jeweils
bei rund 5 Prozent.
Unterschiedliche Abrechnung?
Für den Versicherungsverband, der regelmäßig diese Daten erhebt,
liegen die Gründe für die überproportionale Steigerung auf der Hand:
"Offensichtlich gibt es nach wie vor gewisse Quersubventionen von
teurer verrechneten Versicherungsschäden zu günstigeren
Privatkundenaufträgen", sagt Dr. Erik Eybl, Generali-Manager und
Vorsitzender des Schadenausschusses. Dass Frau und Herr Österreicher
tatsächlich derartige Preise bezahlen müssen, ist für ihn schwer
vorstellbar: "Dieses Ausmaß kann man vielen Privatkunden wirklich
nicht mehr zumuten."
Zum Pfuscher getrieben
Im Kfz-Gewerbe weist man einen derartigen Pauschalverdacht
entschieden zurück. Doch die Problematik der immer weiter
auseinanderklaffenden Schere zwischen dem, was Kunden ausgeben
können, und den tatsächlichen Werkstattpreisen ist vielen
Betriebsinhabern bewusst. Dabei wäre es falsch, die Betrachtung auf
die Stundensätze zu verkürzen: Auch die Teile werden immer teurer.
Blinker in den Scheinwerfern, Parksensoren in den Stoßstangen,
Rückfahrkameras und immer mehr Radargeräte für die automatische
Abstandshaltung: Was im Schauraum beeindruckt, erweist sich im
Schadensfall als teurer Luxus.
Diese von den Autoherstellern vorangetriebene Ausstattungspolitik
(die sich mit einigen Jahren Verzögerung nicht nur auf die
Neuwagenkäufer mit Kaskoversicherung, sondern auch auf die
klassischen "Selbstzahler" auswirkt) hat unterschiedliche Folgen. Am
Land schießen immer mehr Einund Zweimannbetriebe aus dem Boden, die
kurzerhand den Bauernhof zur Werkstätte machen. In den Städten boomen
Kleinschadenreparatur, Schnellservice und -gerade im Migrantenmilieu
-Kleinstfirmen, die es mit der Versteuerung nicht so genau nehmen.
"Wenn es so weitergeht, treibt man die Kunden geradezu zu den
Schwarzarbeitern", sagt Komm-Rat Friedrich Nagl, Bundesinnungsmeister
der Kfz-Techniker. Er nimmt die Politik in die Pflicht: "Je mehr
Auflagen es gibt, desto höher ist der Stundensatz."
Betriebe ohne Spielraum
Neben der Bürokratie machen auch die explodierenden Energiekosten den
Werkstätten zu schaffen. Das gelte vor allem für die Lackierbranche,
in der Strom und fossile Brennstoffe bis zu 40 Prozent der
Gesamtkosten ausmachen würden, meint Arthur Clark als oberster
Karosseriebauer. "Die Betriebe haben in den vergangenen Jahren eher
noch moderat kalkuliert", sieht der Innungsmeister keinen Spielraum:
"Unterm Strich könnte in vielen Fällen weniger übrig geblieben sein."
Die Wirtschaftsdaten der KMU Forschung Austria geben Clark Recht: Im
Bilanzjahr 2009/10 (neuere Zahlen liegen noch nicht vor) wurde im
Reparaturgewerbe lediglich eine recht magere Durchschnittsrendite von
1,5 Prozent erwirtschaftet.
Hersteller in der Verantwortung
Was tun gegen die Preisexplosion? Ein Patentrezept gibt es nicht,
doch ein Blicküber die Grenzen könnte hilfreich sein: In
Deutschland, auch nicht gerade ein Niedriglohnland, sind Reparaturen
laut Versicherungskreisen im Durchschnitt um ein Zehntel günstiger.
Auch in anderen entwickelten Märkte wie Frankreich oder Italien tritt
das Problem nicht in dieser Vehemenz auf. Auffällig: Eine Häufung an
automobilen Glaspalästen, wie sie in Österreich allgegenwärtig sind,
ist in diesen Ländern nicht anzutreffen.
Tatsächlich haben die Hersteller einen wesentlichen Hebel zur
Kostenregulierung in der Hand: einerseits durch ein Überdenken ihrer
Ausstattungspolitik, andererseits -und das ist wesentlich
kurzfristiger möglich -durch einen Bewusstseinswandel bei den
Standards. Diese sind in Markenbetrieben nämlicheiner der
wesentlichen Preistreiber. Vom überteuert einzukaufenden Tester bis
zum Wechsel der Bodenfliesen, vom Großschauraum bis zu den
markenspezifischen Verkaufsteams -was in einzelnen Metropolen
zweifellos der Imagebildung dient, überfordert anderswo Händler und
Kunden.
Kunde trägt die Kosten
Ein Umdenken ist derzeit jedoch nicht in Sicht. Im Gegenteil: Rund um
den Wegfall der Kfz-GVO per Mai 2013 zeichnen sich eher höhere als
niedrigere Belastungen ab. Und so manche günstig positionierte Marke,
die in den vergangenen Jahren mit überschaubaren Standards und einer
Fokussierung auf tatsächliche Kundenbedürfnisse Erfolge gefeiert hat,
träumt von exklusiven Schauräumen und "Flagship-Stores". Wer die
schlussendlich bezahlen muss, ist klar: der Kunde.