Was war ein Auto vor einem Unfall wert? Diese Frage entscheidet oft,
ob ein Auto noch repariert werden kann oder schon als Totalschaden
gilt. Sie entscheidet auchüber die Höhe der Zahlungspflicht der
Versicherungen.
Strittig war häufig, wie die Sonderausstattung zu bewerten ist.
Bisher standen dafür drei Varianten zur Verfügung. Künftig will man
mit einer einzigen vom Versicherungsverband ausgehandelten und im
Sachverständigenprogramm KFZ 5 von Audatex bereitgestellten Formel
das Auslangen finden. Ist dies das Ei des Kolumbus?
Mit der 2002 vom Versicherungsverband eingeführten "Verbandsformel"
wurde das Zubehör in den ersten sechs Monaten gleich um 40 Prozent
abgewertet. Das heißt, ein brandneues Auto um 40.000 Euro und 10.000
Euro Extras war bei einem Unfall allein durch den Wertverlust der
Extras schlagartig nicht mehr 50.000 Euro, sondern nur noch 46.000
EuroWert. Ohne dass es dafür eine plausible Erklärung gab. Danach
wurde dies stufenförmig entsprechend dem Fahrzeugalter weiter
reduziert.
Navi deutlich abgewertet
Das führte zu abstrusen Ergebnissen. Bei einem Mercedes kostete ein
Navi als Zubehör vor 10 Jahren ca. 3.000 Euro. Gleich nach der
Auslieferung war es nur noch 1.800 Euro wert, obwohl der Geschädigte
bei Anschaffung eines Neuwagens dafür noch immer deutlich mehr dafür
zahlen musste. Dafür wird dieses Navi heute noch immer mit einem
gewissen Aufschlag taxiert, obwohl es durch den Preisverfall
praktisch bereits wertlos ist.
Nun haben sich Versicherungsverband, Bundesgremium und Eurotax
geeinigt, die bisherigen Anfangsverluste von 40 Prozent um ca. 15
Prozent zurückzustutzen. Dafür wurde die daran anschließende
Abwertung bei den älteren Fahrzeugen durch höhere Abwertungssätze
ersetzt. Unter dem Strich soll eine realistischere Beurteilung der
serienmäßigen Sonderausstattung herauskommen. Ganz wird diese
formelhafte Berechnung den wahren Wert nie widerspiegeln können.
"Was ist schon die Wahrheit?", gibt sich der scheidende Audatex-Chef
Franz Leitner philosophisch. "Wir als Dienstleister können jeden
Berechnungswunsch mathematisch darstellen", sieht er sich jedoch an
die Vorgaben seiner Auftraggeber gebunden. "Wir erfüllen nur die
Wünsche, die an uns herangetragen werden."
Zielsetzung war es, nur objektive Kriterien zur Wertermittlung der
Sonderausstattung heranzuziehen. Subjektive Wünsche der Autokunden
bleiben dabei unberücksichtigt. Wer viel Geld dafür ausgegeben hat,
um seinen Porsche in Lila geliefert zu bekommen, dem kann auch mit
der neuen Formel nicht geholfen werden. Auch deshalb, da
Liebhaberwerte im Haftpflichtrecht nicht zu berücksichtigen sind.
Diese rare Spezies hat allerdings die Möglichkeit, sich am Kaskoweg
mit Sondervereinbarungen den entsprechenden Versicherungsschutz zu
besorgen.
Schnell an Wert verloren
Im Interesse des Neuwagenhandels lag es, dass die neuen Autos mit
teuren Sonderausstattungen nicht zu schnell an Wert verlieren. Und
die Versicherungen wollten, dass sie das unter dem Strich nichts
kostet. Da allerdings die Häufigkeit der Totalschäden bei den älteren
Fahrzeugen deutlich höher ist, liegt die Vermutung nah, dass sich die
Versicherungen in Summe mit der neuen Verbandskurve wieder einmal ein
schönes Sümmchen ersparen, zumal ja gerade bei dieser Fahrzeuggruppe
die Sonderausstattungsabwertung verschärft wurde.
Es erhebt sich auch die Frage, wie sich die neue Formel im "blauen"
Eurotax-Bereich auswirkt. Da ist es möglicherweise sinnvoller, dass
die Händler auf die realen Werte des Internets zurückgreifen. Was dem
vor zwei Jahren eingeführten "Autopreisspiegel" zusätzlichen Auftrieb
verleihen könnte. Dort wurde nämlich kürzlich ein völlig neues System
für die Extrabewertung implementiert, bei dem zwischen "sinnvollen"
und "sinnlosen" Extras unterschieden werden kann.