1998 bildete sich der oberste Mercedes-Chef Jürgen Schrempp ein, die Daimler Benz AG mit der Chrysler-Gruppe zu fusionieren. Die neu gegründete Daimler Chrysler AG legte ihren Mercedes-Partnern ans Herz, sich künftig auch für die US-Marken zu engagieren, zumal dies ein gutes Geschäft sein werde. In den nächsten Jahren entwickelte sich Chrysler für Daimler aber zum Milliardengrab. 2007 wurde die Notbremse gezogen, die Fusion wurde wieder aufgelöst. Der Finanzinvestor Cerberus übernahm 80,1 Prozent der neuen Chrysler Holding LLC, die neue Daimler Benz AG behielt sich 19,9 Prozent.

Österreichische Vertriebstochter

Von der globalen Bühne nach Österreich: Hier wurde für den Chrysler-,Dodge-und Jeep-Detailhandel am 9. Dezember 1998 die AC Austro Car Handelsgesellschaft mbH&Co OHG (AC) gegründet. Das Gesellschaftskapital von 72.672,83 € wurde zur Gänze von der Chrysler Austria GmbH gehalten. Deren Bilanz wurde bis 2006 mit dem Konzernabschluss der Daimler Chrysler AG in Stuttgart konsolidiert. Finanziert wurde das ganze Geschäft aus Konzernmitteln, und zwar von der Daimler Chrysler AG in Stuttgart und der Daimler Chrysler Financial Services GmbH in Salzburg. Der mit sechs Verkaufsstellen erwirtschaftete Umsatz von 50,7 Millionen Euro (plus 23,8 %) sorgte 2006 für einen Jahresverlust von 1,6 Millionen Euro. Dieser wurde als "Aufwendung für verbundene Unternehmen" bei der Chrysler Austria GmbH verbucht.

Für diese war 2006 auch kein gutes Jahr: Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) verschlechterte sich bei einem Umsatz von 92,1 Millionen Euro von 3,8 Millionen (2005) auf 9,1 Millionen Euro. Dieser hohe Verlust -10 Prozent des Umsatzes -wurde auf den Umsatzrückgang von 5,3 Millionen Euro zurückgeführt, der wiederum in erster Linie mit höheren Stützungen für den Detailhandel erklärt wurde. Dafür verzeichnete man einen Marktanteil von 1,05 Prozent -laut Geschäftsbericht "einer der höchsten in Europa". Mit einer Eigenkapitalquote von 84,6 Prozent und einem Gewinnvortrag von 119,9 Millionen Euro brauchten sich die Manager daher keine grauen Haare wachsen zu lassen.

Wachsende Verluste

2007 hatte die AC bei sinkendem Umsatz ihren Jahresfehlbetrag (EGT) bereits auf 2,9 Millionen Euro gesteigert. Einerseits durch die Schließung des Betriebes in Wien-Penzing, anderseits durch den Ausbau von Wien-Liesing. Der Verlust wurde wieder von Chrysler Austria - zwischenzeitig im Eigentum der "Chrysler Vienna Beteiligungs Ges.m.b.H." in Stuttgart - ausgeglichen, die dank ihrer 100-Prozent-Beteiligung an der Chrysler Management Austria GmbH (CMA) in Graz mit einem Buchwert von 93,7 Millionen Euro und einem Jahresgewinn von 7,7 Millionen Euro (aus den Magna-Aufträgen) für eine positive Bilanz ihrer Mutter sorgte.

"Notwendige Restrukturierungsmaßnahmen zur Verminderung der Verluste" mündeten 2008 im Verkauf der Filiale Graz und der Schließung in Klagenfurt. Unter Berücksichtigung der erforderlichen Abschreibungen kam AC damit bei einem Umsatz von 39,6 Millionen Euro auf einen Jahresverlust von 7,3 Millionen Euro. Mit einer Kapitaleinlage der mütterlichen Chrysler Austria wurde die AC-Bilanz wieder ins Lot gebracht. Die ihrerseits 2008 durch "eine außerplanmäßige Abschreibung des Firmenwertes und die Restrukturierungskosten der AC Austro Car" einen Verlust von 23,8 Millionen Euro auswies. Das waren rund 30 Prozent des Jahresumsatzes von 77,4 Millionen Euro! Eine nachträglich ausgeschüttete "Sonderdividende" der Grazer Chrysler-Tochter CMA in der Höhe der von ihrer Schwester AC verbratenen 10 Millionen Euro führte bei der Import-Mutter laut Geschäftsbericht "zu einer Entlastung der Ergebnissituation".

Kleiner Umsatz, kleiner Verlust

Von den 146 AC-Mitarbeitern des Jahres 2006 sind durch die Restrukturierungen letztlich im Jahr 2009 in drei Filialen nur noch 87 verblieben. Dafür sind die AC-Umsätze zwischenzeitig auf 26,3 Millionen Euro geschrumpft. Kleiner Umsatz- kleiner Verlust: Der konnte auf 1,9 Millionen Euro vermindert werden. Obwohl sich die Konzernmutter Chrysler LLC seit 30. April 2009 in Insolvenz befand, wurde der AC "zur Stärkung der Eigenkapitalstruktur"über die Chrysler Austria im Juni 2010 eine Kapitaleinlage von 9,7 Millionen Euro zugeschossen. Das ist genau jener Betrag, den die Chrysler Management Austria GmbH 2009 aus dem Magna-Geschäft erwirtschaftete. Womit auch für neuerliche "Umstrukturierungen" bei AC - sprich allenfalls Schließungder Filialen - vorgesorgt wurde.

Auf Sparflamme

2010 wurde bei Chrysler Austria das Geschäft - schon im Hinblick auf den Rückzug der Konzernmutter aus Europa - immer mehr auf Sparflamme betrieben. Die Umsätze des Jahres 2007 in der Höhe von 91,6 Millionen Euro hatten sich 2009 bereits auf 46,4 Millionen Euro halbiert. Den Händlern wurde immer noch vorgegaukelt, gute Geschäfte machen zu können. Tatsächlich wurden 2010 nur noch 980 Chrysler, Jeep und Dodge neu zugelassen - ein Minus von 40 Prozent. Dies bei einem Marktanteil von 0,3 Prozent, was laut "Lagebericht" dem Europaschnitt entspricht. "Die Nachfrage des Ersatzteilgeschäftes ist mit 16,6 Millionen Euro auf dem Niveau des Vorjahres geblieben", erreichte Chrysler Austria damit 2010 laut Jahresbilanz vom 14. September 2011 mit einem Neuwagenumsatz von 21,4 Millionen Euro doch noch einen Gesamtumsatz von 38,7 Millionen Euro. Bei AC hatten sich Umsätze und Ergebnis stabilisiert. Die 75 Mitarbeiter kamen in Handelund Werkstätte auf einen Jahresverlust von 1,4 Millionen Euro. Dem standen Erträge der Schwestergesellschaft CMA aus Graz aus dem auslaufenden Magna-Geschäft in Höhe von 8,2 Millionen Euro gegenüber.

Am 31. Mai 2010 erhielt die Chrysler Austria GmbH von ihrer Grazer Tochtergesellschaft noch eine Dividendenzahlung von 79,7 Millionen Euro. Abzüglich der 9,7 Millionen Euro, die sie bereits im Juni 2010 der AC überwiesen hatte, beschloss sie im Juni 2011, ihrer nunmehrigen Muttergesellschaft, der Chrysler Deutschland GmbH, eine Dividende von 70 Millionen Euro ausschütten. Nach "Aufwendungen aus verbundenen Unternehmen" verblieben davonam 14. September 2011 nur noch 34 Millionen Euro. 25 Millionen kamen zur Überweisung, 9 Millionen wurden als Reserve für die Liquidation in Österreich zurück behalten. Am 15. Oktober 2011 wurden im Rahmen eines Asset Deals alle 32 verbliebenen Mitarbeiter von der Fiat Group Automobiles übernommen. Der Unternehmensbereich "Import von Neufahrzeugen" wurde auf die Fiat Group Automobiles Austria übertragen. Die Bankkonten wurden auf null gestellt. Von der Chrysler Austria GmbH blieb ohne operative Tätigkeit nur eine leere Holding-Hülse über.

Verzerrter Wettbewerb

Insgesamt hat Chrysler Austria mit ihrem - die eigenen Vertriebspartner konkurrierenden - Detailgeschäft in den letzten fünf Jahren mehr als 15 Millionen Euro verbraten. Mit Konditionen, bei denen unabhängige Autohäuser wirtschaftlich nicht mithalten konnten. Eine Wettbewerbsverzerrung, die es verständlich macht, dass sich für manche Chrysler-Partner die Lust auf ein weiteres Engagement fürLancia in engen Grenzen gehalten hat.