Es sind spannende Zeiten, nicht nur sondern vor allem auch für Schmierstoffproduzenten: „Unser Konzern geht nach hundert Jahren als reiner Erdölanbieter in die Transformation zum integrierten Energieanbieter“, sagt Gerhard Wolf von Castrol Austria. „Als reiner Schmierstoffhersteller haben wir ein gewisses Ablaufdatum. Aber wir sind durchaus in der Lage für Änderungen.“ Dafür sorgen insgesamt sieben Technologiezentren weltweit, und jenes in Hamburg entsandte Marcel Fassbender zum A&W-Tag, der sich im Bereich der Getriebeölentwicklung aufhält: „Mit passenden Schmiermitteln können wir mehr Kilometer pro Ladeleistung erzielen. In der Entwicklungsphase sind wir also schon auf Effizienz getrimmt.“ Das heißt: Passende Öle sorgen dafür, dass es weniger Abrieb der Mechanik gibt, was nicht nur weniger Verlustleistung ergibt, sondern auch die Betriebsdauer verlängert, „also locker an die 150.000 Kilometer“.
Kühle Visionen
Als Beispiel nannte Fassbender einen e-Golf, der auf dem Prüfstand 2,5 Prozent mehr Reichweite schaffte – nur durch den Wechsel des Getriebeöls. Das alles stimmt im Ansatz zwar auch für Verbrennerautos mit normalen Getrieben. Doch an das Getriebeöl bei BEVs und PHEVs werden ganz andere Anforderungen gestellt. Fassbender: „Es geht nicht nur um die Schmierung, sondern auch ums Herunterkühlen. Das müssen wir in der Entwicklung beachten, ein großer Schwefelanteil etwa geht bei so viel verbautem Kupfer nicht mehr. Da fällt das Getriebe recht schnell aus.“ Dazu kommt die andere Betriebsart. Es wird ja nicht nur nicht mehr geschaltet, „dazu habe ich Drehzahlen bis 15.000 Umdrehungen, das ist auch eine Herausforderung.“
Und dann wäre da noch ein völlig neues Anwendungsfeld, das immens an Bedeutung gewinnen wird: das der Batteriekühlung. Derzeit liegt unter den Akkupacks meist eine Art Kühlbett, was einfach zu realisieren ist, aber den Nachteil hat, dass nie jeder Bereich des teuersten und hochsensiblen Bauteils eines Elektroautos gleichmäßig gekühlt werden kann. Fassbender dazu: „Da sind wir in Kooperation mit den OEMs. Die neueste Entwicklung auf diesem Gebiet ist Immersion Cooling, wo die Batterie zur Gänze in Öl eingetaucht wird.“ Der Vorteil dieser Konstruktion: Es gibt keine Hotspots mehr, weil das Kühlöl jede Stelle erreicht. Vorausgesetzt natürlich, das passende Kühlmittel ist im Kreislauf. „Es gibt einen Temperaturbereich, in dem der Akku am optimalsten funktioniert, und so kriegt man das recht gut hin.“ Für Schmierstoffproduzenten sind es also nicht nur spannende Zeiten. Sie bleiben es auch.