Qualität und Kalkulationslogik stehen einem überhitzten
Umrüstgeschäft gegenüber. Begründete Hoffnung auf ein gutes
Reifen-und Felgenjahr machen sich Spezialisten, die aus
Lieferengpässen resultierende Preissteigerungen für sich behalten
können.
Wer denkt, dass sich die bei Winterreifen starke Einlagerungssaison
heuer auch bei Sommerreifen fortsetzen lässt, der befindet sich
vermutlich auf dem falschen Pfad. Die Nachfrage nach Sommerreifen von
der Industrie an den Handel setzt naturgemäß ab März/April ein, ist
aber von Händlerüberlagern aus dem Vorjahr und schleppender
Kundennachfrage gekennzeichnet.
Die wirtschaftliche Entwicklung 2012 hängt davon ab, wie die
Nachfrage beim Autofahrer von Industrie und Handel dynamisiert werden
kann. Hinsichtlich Preisentwicklung ringen Lieferanten und Handel
jetzt schon mit ihren Dispositionen.
Das Reifengeschäft wird heuer wieder unberechenbarer, der Anteil von
Abverkaufsware aus dem Vorjahr unter Einstandspreisen steigt. Der
Marktnachfrage wird man entgegen den letzten beiden Jahren
industrieseitig heuer gut nachkommen können und die Verlässlichkeit
der Warenverfügbarkeit wird sich stark verbessern, stimmt sich der
Reifen(fach)handel darauf ein, vom Lieferanten wieder hofiert zu
werden. Industrievertreter auf dem hohen Ross reitend, werden von
Angebot und Nachfrage rasch auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
Auf der Agenda vieler im Reifenhandel beteiligten Marktmacher steht
der Ausbau von unterschiedlichen Vermarktungssystemen, damit
verbunden eine noch stärkere Kundenbindung durch mediale Begleitung
ihrer Produkte
Reifen und Service
Die Anbieterschar ist der Meinung, dass immer mehr Autofahrer den
Begriff Reifen und Service nutzen wollen. In Zeiten sinkender
Kilometerleistungen kann ein Kundenbindungsprogramm schon zurÜberlebensfrage werden. Wobei neuerdings der Räderwechsel laut
Studien von Prof. Willi Diez vom Institut für Automobilwirtschaft
(IFA) für Autohäuser unter Beachtung der Kostenwahrheit ein
Verlustbringer sein soll.
Dennoch haben Autohäuser die Chance, durch den Kundenkontakt beim
Umrüsten zweimal im Jahr zusätzliche Produkte und Dienstleistungen
vermarkten zu können. Diez kommt zum Ergebnis, dass dieses Potenzial
bislang unzureichend ausgeschöpft wird. Es ist aber auch Tatsache,
dass sich mehr und mehr Reifenbetriebe dem Kfz-Service widmen und für
Autofahrer attraktive Paketangebote schnüren.
Das Problem ist, dass die Umrüstung nur kurze Zeit boomt und in
dieser Zeit das Servicegeschäft behindert wird und natürlich
umgekehrt. Die Antwort beider Seiten im Reifen-und Servicegeschäft
kann eigentlich nur sein, für Produkt und Dienstleistung ein im Markt
realistisches Preisgefühl zu entwickeln.
Ausblick 2012
Die Reifenbranche erfährt keine grundlegenden Veränderungen im Markt,
aber es gilt zu berücksichtigen, dass das heurige Wintergeschäft
einen entscheidenden Einfluss auf den Gesamtverlauf nehmen wird.
Bedingt durch die großen M+S-Vorordermengen wird der Abverkauf
Händler an Verbraucher sehr entscheidend für das kommende
Frühjahrsgeschäft sein. Der Winter-setzt dem Sommerreifenabsatz
weiter zu und hohe Restbestände machen mangels Lagerkapazität und der
Kapitalbindung die Händler bereits jetzt nervös.
Schwierig bleibe weiterhin das Geschäft mit Nutzfahrzeugreifen, so
der allgemeine Tenor der Branchenspitzen.
EU-Labeling ...
Positive Trends werden dem im November Gesetz werdenden EU-Labeling
zugeschrieben, das eine weitere Stärkung der Premiummarken bringen
soll. Absatzsorgen machen sich in diesem Zusammenhang
Branchenteilnehmer mit ab Herbst nicht "gelabelten" Reifenangeboten,
die vom Käufer aufgrund der dazu einsetzenden Werbung abgelehnt
werden könnten.
Der Reifen(fach)handel hofft, dass die Hersteller mittels geeigneter
Marketing-und Presseaktivitäten sich beim Autofahrer für dieses aus
Handelssicht sensible Thema Gehör verschaffen.
Dem jede Saison dräuenden "Boom" asiatischer Reifenanbieter in
unseren Märkten wird auch heuer wieder das Wort gesprochen und die
pessimistischsten Szenarien werden nicht eintreten. Dennoch wollen
der eine oder andere fremde Anbieter heraus aus der Billigecke und
begeben sich auf Partnersuche. Als Ergänzung zum lokal gängigen
Sortiment als Containerware vielleicht tauglich werden Nonames kaum
nennenswerte Chancen eingeräumt, sich in heimischen Märkten zu
etablieren. Außer der eine oder andere "Chinese" fände den Weg in die
Erstausrüstung.
... und andere Trends
Wenn man einige Trends und Entwicklungen in unserer Wirtschaft
berücksichtigt, kann das Pkw-Reifengeschäft rückläufig eingeschätzt
werden. Dennoch werden heuer wieder diejenigen ihre Bilanzen positiv
schreiben können, die im Reifenbusiness nicht allein zwischen Auto
und Straße eine intelligente Verbindung erblicken, sondern ihren
Geschäftszweck auf Ertragund nicht ausschließlich auf Stückzahlen
auszurichten verstehen. Qualität und Kostenlogik müssen sich die
Waage halten. Wer es anders praktiziert und auf dünner Kapitalbasis
operiert, wird schwierige Geschäftsverhältnisse im Reifenhandel
vorfinden. Elektronische Helferlein, die über Produktneuheiten und
passende Bereifung sowie umweltgerechte Nutzung informieren, sind
zwar trendig, aber für eine stabile Geschäftsentwicklung nach wie vor
von geringem Nutzen. Ein Marketingkanal, um den Endverbraucher auf
diese Weise für bestimmte Markenreifen zu sensibilisieren -mehr ist
das nicht. Den Wetterdienst wird man sich weiter vom lokalen Radio-,
TV und Internetdienst holen bzw. liefern lassen.
"Reifen 2012" in Essen
Als Impulsgeber der vom 5. bis 8. Juni 2012 in Essen anberaumten
weltgrößten Reifenmesse könnten die "grünen Reifen" dienen. Die
steigende Nachfrage nach spritsparenden Reifen, noch dazu durch das
EU-Label unterstützt, steht im Interesse des Fachpublikums.
Man darf zunächst gespannt sein, wie die umweltgerechteren Reifen vom
Handel angenommen werden, zumal neue Kautschukmischungen das "grüne"
Rad für den Endkunden teurer machen. Die Amortisation stellt sich
erst ab 25.000 Kilometer Laufleistung ein, rechnen Experten vor.
Lustig sind wieder die Bemühungen der Industrie, die Reifenwelt
bunter zu gestalten. Bedruckte Pneus sollen die Tuningwelt
beeindrucken.