Wandlung ist nichts Neues

Wandlung ist nichts Neues

Ständig wechselnde Herausforderungen prägen den Menschen, seitdem er denken kann. Wir richten unseren Blick nach China und auf das I-Ging Orakel. Kann der uralte Strichcode heute noch weiterhelfen?

Wir glauben nicht an Horoskope. Aber ebenso wenig an Aktienanalysten, die uns heute weismachen wollen, womit wir morgen reich werden. Beides kann zutreffen, muss aber nicht. Vielleicht zu etwas greifen, das bereits im 3. Jahrtausend vor Christus entstand und Substanz hat? Willkommen in der Welt des I-Ging! Doch bevor die Autobranche das Orakel befragt, wollen wir uns die Hintergründe ansehen.

Computerwelt lässt grüßen
Erst 1950 wurde das „Buch der Wandlungen“ ins Englische und später in andere Sprachen übersetzt. Seitdem dürfen sich auch wir Westler über den ersten Strichcode der Welt freuen, der – die Computerwelt lässt grüßen – ein binärer Code ist, denn das I-Ging kennt bloß den Strich und den durchbrochenen Strich.

Nur in ihrer Kombination ergeben die Striche Sinn. Hier sind wir schon bei den 64 Hexagrammen, also den aus sechs Strichen bestehenden Figuren, die in ihrer Gesamtheit im Bild auf der rechten Seite zu sehen sind. Und nun kommt die Wandlung ins Spiel: Nachdem sich jedes dieser Zeichen im Zuge der Orakel-Legung in ein anderes Zeichen wandeln kann, gibt es 64 x 64 Szenarien. Mit 4.096 Möglichkeiten, wie eine Situation umschlagen kann, haben die Urheber des I-Ging alle Möglichkeiten der Veränderungen in der Welt abgedeckt.

Also, zumindest ­dachten sich das König Wen (11. Jh. v. Chr.) und sein Sohn Zhou, die das ­ursprüngliche Konzept auch noch durch Handlungsanweisungen erweitert haben. Klingt ganz schön kompliziert, aber schauen wir mal, ob die alten Chinesen absehen konnten, was auf die Autobranche in Österreich ab dem Jahr 2020 zukommt.

Fallbeispiel 1 und 2
„Haben Diesel-Pkws eine Zukunft?“ Diese simple Frage beantwortete das Orakel – wir haben verschiedene I-Ging-Seiten im Internet ausprobiert, googeln Sie selbst Ihre Lieblingsseite, schon das verändert sicherlich die Antwort  – philosophisch mit Hexagramm Nummer 23, „die Zersplitterung“. Ein Auszug: „Diesen Zeitverhältnissen lässt sich nicht entgegenwirken. Daher ist es nicht Feigheit, sondern Weisheit, wenn man sich fügt und vermeidet zu handeln.“ Klingt, als ob Diesel-Fans das entsprechende Bashing einfach abwarten sollten.

Das führt uns zu Frage 2: „Ist Elektromobilität das Um und Auf?“ Die simple Antwort ist in Zeichen 58, „das Heitere“, versteckt: „Die fröhliche Stimmung wirkt ansteckend, darum hat sie Erfolg.“ Tja, wenn man sieht, wie Elektromobilität propagiert wird, haben die Chinesen gar nicht so unrecht.

Fallbeispiel 3
Zum Wandel in der Branche zählen nicht nur die neuen Technologien, für jeden Betrieb ist etwa ein Wechsel an der Spitze eine große Veränderung. Wir – aus der Sicht eines familiengeführten Unternehmens – haben das Orakel darum gebeten, uns zu sagen, wie man den richtigen Nachfolger bestimmt. Wir bekamen das Hexagramm 27 serviert, „die Ernährung“. Als Handlungsanweisung dazu (auszugsweise): „Der große Mann nährt und pflegt die Tüchtigen. Wenn man erkennen will, ob einer tüchtig ist oder untüchtig, so braucht man auf nichts anderes zu sehen als darauf, welchen Teil seines Wesens er besonders wichtig nimmt. Wer die geringen Teile seines Wesens pflegt, der ist ein geringer Mensch. Wer die edlen Teile seines Wesens pflegt, der ist ein edler Mensch.“

Aha, das sollte sich in die Tat umsetzen lassen. Beobachten Sie das Wesen der möglichen Kandidaten!

Wie man etwa mit dem Werfen von Münzen seine eigenen Hexagramme erstellt, kann man im Internet schnell erlernen. Wer nur kurz in das I-Ging eintauchen will, lässt das den Algorithmus machen. Die chinesischen Lebensweisheiten als Antworten bieten natürlich einiges an Auslegungsspielraum. Womit wir im Grunde wieder beim Horoskop angelangt sind. Oder den Aktienanalysten.