Ein Zyklus, der uns alle betrifft

Ein Zyklus, der uns alle betrifft

Knapp ein halbes Jahr noch, dann ist der WLTP (kurz für Worldwide Harmonised Light Duty Vehicle Test Procedure) Realität. Er ersetzt den derzeit gebräuchlichen NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus). Höhere Normverbräuche werden vermutlich zu höheren Kosten führen. Was weiß man jetzt schon? Wir haben die Importeure um Antworten auf die wichtigsten Fragen gebeten.

Seien wir ehrlich: Der Buchstabe N im NEFZ war nicht mehr wirklich aktuell. Denn "neu" war dieser Fahrzyklus tatsächlich nicht mehr, stammt die bisher in der EU verwendete Regelung zur Messung des Normverbrauchs bei Pkws doch aus den 1990er-Jahren.

Seither entfernten sich die tatsächlichen Verbräuche immer mehr von den NEFZ-Werten: Um den Kunden realitätsnähere Daten zu liefern, wurde daher der WLTP entwickelt. Hinter dieser Abkürzung versteckt sich der Worldwide Harmonised Light Duty Vehicle Test Cycle. Die Daten, die zum neuen Messverfahren führen, stammen nicht mehrwie bisher aus Europa allein, sondern auch aus den USA und Asien. Jahrelang wurde diskutiert und gemessen, ehe die neue Prozedur standardisiert wurde.

Eingeführt wurde der WLTP für die Typgenehmigung neuer Pkws und leichter Nutzfahrzeuge bereits am 1. September 2017, und ab 1. September dieses Jahres müssen im WLTP gemessene Abgas-und Verbrauchswerte für alle in Europa neu zugelassenen Modelle (Pkws und leichte Nutzfahrzeuge) vorliegen.

Nicht jeder Importeur wollte antworten Eines ist klar: Die Verunsicherung in der Autobranche ist seit Wochen spürbar. Denn niemand weiß so recht, was ab September passieren wird.

Wir haben daher an die 25 größten Automobilimporteure 7 idente Fragen geschickt. Eines vorweg: Nicht alle haben geantwortet -und einige, die dies doch taten, blieben unverbindlich. "Zu früh ", sagten die einen, von einem "sehr heiklen Thema" sprachen die anderen und auch der Hinweis auf die "laufenden Vorbereitungen" kam immer wieder als Ausrede.

Die Antworten, die wir dennoch erhielten, haben wir gekürzt und zusammengefasst:

1. Wie wird sich die WLTP-Einführung auf die CO2-Werte und die NoVA-Berechnung auswirken? Wenn ja, bei welchen Modellen?

Beim VW-Konzern, mit rund 35 Prozent Marktleader inÖsterreich, geht man bei den WLTP-Verbrauchswerten von einer durchschnittlichen Erhöhung von 15 bis 20 Prozent aus, wobei es, in Abhängigkeit von den jeweiligen Motor-Getriebe-Varianten, Abweichungen in beide Richtungen geben wird. "Das heißt, dass es voraussichtlich vereinzelt auch Fahrzeuge geben wird, die im WLTP ähnliche Verbräuche wie im derzeitigen NEFZ aufweisen werden." In puncto NoVA-Berechnung wird sich -aus heutiger Sicht -nichts ändern, da die Bemessungsgrundlage bis 2020 weiterhin der CO2-Wert auf NEFZ-Basis sein wird, der aus dem WLTP-Verbrauchswert auf den NEFZ-Wert "rückgerechnet" und im COCPapier angegeben wird. Der "errechnete" NEFZ-CO2-Wert wird im Mittel bei den VW-Konzernmarken um 2 bis 3 Gramm/km steigen, wodurch sich eine NoVA-Erhöhung von 1 Prozent ergeben kann.

Bei Ford rechnet man ebenfalls mit einem Anstieg: "Zu einzelnen Modellen kann derzeit noch keine Aussage getroffen werden, da zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht alle Homologationsdaten final verfügbar sind." Ähnlicher Meinung ist man bei Fiat: "Ja, WLTP wird sich auf alle CO2-Werte auswirken. Das liegt schon allein daran, dass der neue Messzyklus deutlich länger und anspruchsvoller für alle Motoren ist." Bei Mercedes verweist man auf einen anderen Aspekt: "Bei Elektrofahrzeugen wird sich die Reichweitenangabe reduzieren" und glaubt, dass die NoVA-Berechnung auf den neuen Testzyklus angepasst werden muss. "Soweit wir wissen, ist das allerdings noch nicht final entschieden."

2. Welche Modelle kommen mit neuen Motorisierungen auf den Markt?

"Um für diesen Stichtag gerüstet zu sein, haben wir bereits begonnen, alle Motorisierungen unserer Pkw-Modelle sukzessiv im Rahmen des WLTP- Zyklus neu zu zertifizieren", verlautet von Ford. "Die ersten Fahrzeuge nach WLTP werden im ersten Halbjahr homologiert, ab September 2018 wird unsere gesamte Modellpalette nach WLTP homologiert", heißt es bei Renault und Fiat will die Motorisierungen bei allen Modellen ab Sommer 2018 von Euro 6b auf Euro 6d umstellen. Bei Kia bekommt der Stonic ab Modelljahr 2018 einen neuen Diesel, beim Optima ersetzt ein neuer 1,6 Diesel den 1,7 CRDi: "Die Diesel kommenmit SCR-Kat und die Direkteinspritzer-Benziner mit Partikelfilter."

Unmittelbar nach September 2018 kommen bei Jaguar und Land Rover keine neuen Motoren auf den Markt: "So werden wir in der glücklichen Lage sein, für nahezu alle Modelle die NEFZ-Werte zu haben und damit keine Teuerung weitergeben müssen." Bei Volvo wird die Modell-bzw. Motorenpalette ab dem Modelljahr 2019 (bestellbar ab März 2018) der neuen gesetzlichen Abgasnormen Euro 6d-TEMP entsprechen. Als gänzlich neue Motoren kommen der D3 Dieselmotor (für XC40 und XC60) und die Benzinmotoren T3 und T4 (für XC40) auf den Markt.

Bei Honda hebt man hervor, dass als Teil der "Honda Electric Vision" bis 2025 zwei Drittel aller verkauften Neufahrzeuge der Marke in Europa mit einem elektrifizierten Antrieb ausgestattet werden.

3. Werden die Autos dadurch für die Endkunden teurer? Wenn ja, wie viel? Müssen die Endkunden die gesamten Mehrkosten tragen? "Die Variable bei der österreichischen NoVA ist der CO2-Ausstoß. Durch geforderte realistischere und höhere Werte kann sich die NoVA ab September 2018 voraussichtlich im Durchschnitt um 1 Prozent erhöhen", heißt es im VW-Konzern -und weiter: "Strengere Abgasnormenbedingungen und höhere Entwicklungs-und Bauteilekosten bei der Abgasreinigung werden in letzter Konsequenz auch den Kunden belasten."

Bei Ford schließt man nicht aus, dass "diese Veränderung für einzelne Motor-und Antriebskombinationen in der Höhe signifikant ausfällt". Auch BMW glaubt, dass die CO2-Emissions-Werte bei den meisten Modellen steigen werden. Bei Renault will man SCR-Technologie für Dieselmotoren und Partikelfilter für Benzinaggregate zur Schadstoffreduktion einbauen: "Diese neuen Technologien werden notwendigerweise einen Einfluss auf die Fahrzeugkosten haben, dabei aber gleichzeitig einen positiven Einfluss auf die Schadstoffemissionen haben." Von Fiat ist zu hören, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit die Preise von Dieselversionen mit SCR-Abgasreinigung steigen werden.

Abwartend ist Mazda: "Es ist nicht zu erwarten, dass auf einmal die Preise steigen werden. Denn die Preisgestaltung hängt von vielen Variablen ab, von technischen und Ausstattungs-Updates, vom Markt und Mitbewerb etc." Wenn WLTP-Effekte Bewegung in den Markt bringen, können sich die Preise für den Kunden unter Umständen auch positiv entwickeln. "Zum Beispiel könnten Hersteller die Gunst der Stunde nützen, umsich mit günstigen Tarifen, Sonderangeboten oder Nachlässen preisliche Vorteile gegenüber dem Mitbewerb zu verschaffen."

Bei Honda sind "keine Mehrkosten für unsere Kunden" geplant, bei Subaru ebenfalls nicht.

Hier sind die Antworten der Importeure sehr unterschiedlich. "Einerseits haben wir bereits allgemeine Infos zu WLTP auf unseren Markenhomepages platziert, die neben den Kunden, auch unseren Händler informieren. Darüber hinaus gibt es zahlreiche interne Informationen und zudem sind auch Schulungen in Vorbereitung", kommuniziert man im VW-Konzern. Renault hat für die Händler ein E-Learning Tool entwickelt, das bereits im Einsatz ist und die Verkaufsmannschaft über die neuen WLTP-Bestimmungen detailliert informiert.

Fiat will die Händler zeitgerecht auf die neuen Bestimmungen vorbereiten, sobald alle relevanten Informationen zur Verfügung stehen. Am informativsten ist Mazda: "In erster Linie gehört zur Vorbereitung auf den WLTP-Stichtag, die Produktion der Autos ab Werk richtig zu planen und zu timen. Mazda unterstützt die Handelspartner angefangen bei der Volumenplanung über die Vertriebslogistik bis zur Lagerhaltung. Denn ab 1. September müssen bis auf geringe Ausnahmekontingente alle Neufahrzeuge im Handel nach WLTP homologiert sein. Alte, ausschließlich NEFZ-homologierte Autos können nicht mehr neu zugelassen werden."

Bei Kia ist man, wie man sagt, "noch immer eifrig am Sammeln von Informationen". Und Jaguar/Land Rover?"Im Sinne der Kundenzufriedenheit werden Handelspartner natürlich rechtzeitig informiert, damit diese wiederum ihre potenziellen Kunden informieren können: Ob diese z. B. aufgrund einer drohenden Verteuerung noch schnell besser das aktuelle Modell aus dem Schauraum kaufen sollten." Volvo will, sobald die neuen Verbrauchswerte bestätigt sind, die Händlermit schriftlichem Informationsmaterial versorgen -vermutlich noch im März.

5. Wie werden die neuen Preislisten gestaltet: nach NEFZ-oder WLTP-Werten?

Im VW-Konzern bleiben vorerst bis Ende 2019 die NEFZ-Werte in den Preislisten, da "rückgerechnete" NEFZ-Werte die NoVA-Basis bilden werden. Auch bei Ford werden die auf dem WLTP-Messverfahren basierenden, korrelierten (rückgerechneten) NEFZ-Werte schrittweise in Preislisten, Kataloge und die Fahrzeugauszeichnung eingepflegt. Fiat geht von einem "Sowohl-als-auch" aus: "Für die NoVA ist die NEFZ CO2-Emission ausschlaggebend, die WLTP-Werte werden aber in den technischen Daten angegeben sein." Mazda hat das genaue Timing, wann die NEFZ-Werte aus Preislisten und Datenblättern verschwinden, noch nicht fixiert. "NEFZ neben WLTP auch weiterhin anzugeben, ist durchaus berechtigt-solange nämlich die NoVA existiert, die ja auch auf NEFZ-Basis ermittelt wird." Bei Mercedes werden im Umstellungszeitraum bis zum Herbst 2018 parallel neue Fahrzeuge erhältlich sein, die nach WLTP zertifiziert sind, sowie solche Fahrzeuge, die noch ausschließlich NEFZ-Werte in den Zulassungspapieren eingetragen haben. "Die nach WLTP-zertifizierten Fahrzeuge weisen zusätzlich bis Ende 2020 NEFZ-Werte aus." Jaguar/Land Rover will voraussichtlich beide Werte in Broschüren und Preislisten angeben. Volvo hat alle neuen Preislisten für das Modelljahr 2019 schon mit den neuen NEFZ-korrelierten Verbrauchswerten versehen: "Die echten WLTP-Werte werden ab September 2018 zusätzlich in den Preislisten integriert." Honda und Subaru vertrauen weiterhin auf die NEFZ-Werte.

6. Wird durch die möglichen Preiserhöhungen auch der Markt beeinflusst?

Diese Frage könnte in den kommenden Monaten die Zulassungsstatistik massiv beeinflussen: Im VW-Konzern wird man sehr konkret: "Alle Fahrzeuge, die bis Ende August nicht nach WLTP typisiert worden sind, müssen vorher zugelassen werden. Daher ist mit erhöhten Zulassungen bis Ende August zu rechnen." Abwartenderfällt die Antwort von BMW aus: "Preiserhöhungen haben in fast allen Fällen einen Einfluss auf den Markt."

Der Importeur von Fiat rechnet damit, "dass es im August zu einem stärkeren Anstieg der Zulassungen kommen wird". Ähnliches glaubt man bei Mazda: "Es ist durchaus denkbar, dass unterschiedliche Marken auch mit unterschiedlichen Preisanpassungen und Aktionen reagieren, um sich dadurch Markt-oder auch Ertragsvorteile zu verschaffen." Jaguar/Land Rover bringt einen anderen Aspekt ins Bild: "Der Markt wird langfristig natürlich beeinflusst werden, da die WLTP-Werte höher sind und damit auch die NoVA-Abgabe. Verbrauchsintensive Modelle werden überproportional besteuert, was ja auch immer Ziel der NoVA war, nämlich eine verbrauchsabhängige Kaufsteuer."

7. Wie gehen Sie mit Lagerfahrzeugen um, die noch die alten Emissionsnormen haben? Wird es vor dem Herbst einen Abverkauf dieser Autos geben?

Auch hier gibt es sehr spannende Antworten, beginnend im VW-Konzern: "Grundsätzlich gehen wir von keinem überhöhten Lagerbestand aus." Das sehr gut angelaufene Neuwagengeschäft in diesem Jahr fördere auch den natürlichen Lagerabfluss. "Abgesehen von der Auslaufregel, bei der maximal 10 Prozent an Fahrzeugen gleicher Type, die im Vorjahr zugelassen wurden, noch bis Ende August 2019 zugelassen werden dürfen, werden gegebenenfalls Lagerfahrzeuge ab September 2018 mit einer Zulassung als Gebrauchtwagen verkauft."

Bei Ford wird der Abverkauf von Lagerfahrzeugen, die im Rahmen des bisherigen NEFZ zertifiziert sind, bis zum 1. September 2018 erfolgen. Laut Fiat wird es "selbstverständlich auch hier wieder die Möglichkeit von Ausnahmegenehmigungen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten geben. Damit bleibt Lagerware bis zu einem Jahr länger zulassungsfähig." Mazda habe "früh genug begonnen, darauf zu achten, dass per September keine NEFZ-homologierten Autos mehr auf Lager sind", verlautet aus Klagenfurt: "Eine punktuelle, kurzfristige Abverkaufsaktion wird deswegen nicht nötig sein. Im Gegenteil: Läuft der Verkauf bei Mazda weiterhin so gut wie in den ersten zwei Monaten des Jahres, dann wird es sogar eher eng mit der Verfügbarkeit einzelner Modelle."

Deutlich zurückhaltender ist Mercedes: "Bitte um Verständnis, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage zur zukünftigen Entwicklung unserer Preise oder Verkaufsaktionen machen können." Von Kia hört man, "dass man zusehen müsse, dass unsere Lagerbestände die 10-Prozent-Regel nicht überschreiten". Undvon Jaguar/Land Rover kommt auf diese Frage ein klares "Nein":"Erstens gibt es ein genehmigtes Übergangs-Kontingent (so wie etwa beim Übergang von Euro 5 auf Euro 6 auch), zweitens wird es uns wie gesagt kaum betreffen, da wir für fast alle Modelle die NEFZ-Werte haben werden."

Auch Volvo und Honda planen - zumindest im Augenblick -keinen speziellen Abverkauf.

Subaru hat für Lagerfahrzeuge die noch nicht nach WLTP gemessen wurden, beim BMVIT um eine Ausnahmegenehmigung angesucht. "Als kleiner Importeur verfügen wir nur über geringe Lagerbestände, daher sind hier keine besonderen Abverkaufsaktionen geplant."