Das große Einmaleins des Anschnallens

Wenn Ihr Nachwuchs ins Kindergarten-und Schulalter kommt, erfährt die Kindersicherung eine neue Dimension: Ihr Kind sollte nun selbst darauf achten, korrekt angeschnallt zu sein. Worauf es ankommt, verraten wir hier!

Nein!! Ich will nicht!!!-Über Protest und Widerstand in allen Lebenslagen können Eltern viele Lieder singen. Von Babyalter an begehrt der Nachwuchs in den unterschiedlichsten Situationen und Lebenslagen auf, von der ersten Trotzphase bis hinein in die Pubertät gibt es Dinge, bei denen das Kind prinzipiell einmal dagegenist. Der Sprössling will das nicht essen, jenes nicht anziehen und schon gar nicht lernen. In vielen Bereichen ist es durchaus angebracht, dass das Kind seinen Willen durchsetzt. Es darf und soll ,Nein" sagen lernen und seine eigenen Erfahrungen machen dürfen. Beim Thema Gesundheit und Sicherheitist damit allerdings Schluss, und -konkret beim Anschnallen im Auto -ein Laisser-faire-Stil definitiv fehl am Platz. Ganz abgesehen von gesetzlichen Vorschriften kann es lebensrettend sein, wenn Ihr Kind korrekt angeschnallt ist.

Mit gutem Beispiel

Prinzipiell gilt: Niemals ohne Anschnallen bzw. Sicherung fahren, nicht einmal "nur ums Eck" - unabhängig davon, ob das nun den Sitz oder das Kind im Sitz betrifft! Bereits bei einem Aufprall von nur 30 km/h wirken Verzögerungskräfte, die dem 17-Fachen des eigenen Körpergewichtes entsprechen!

Zumeist ist das Anschnallen eine Frage konsequenter Erziehung und das positive Vorbild der Erwachsenen dafür überaus wichtig. Setzen Sie "Anschnallen oder nicht" einfach mit "Bei roter Ampel über die Straße oder nicht" gleich -dann wird klar, dass dies nicht verhandelbar ist.

Sollte es dennoch zu Rebellion und Renitenz kommen, haben wir auf Seite 68 einige Tipps gesammelt, die für jedes Lebensalter gelten und zum Teil bereits vor dem Kauf zu beherzigen sind -damit die Autositzfrage auch sicher sitzt.

Von Schnuller bis Schulranzen

Im Babyalter hält sich potenzieller Widerstand beim Anschnallen meist noch in Grenzen, doch bereits im Kleinkindalter kann es zu heftigen Protestaktionen kommen. Die "Ich-will-selber-machen"-Phase ist angebrochen, in der man für Aktivitäten wie Schuhe zubinden oder eben im Autositz anschnallen am besten die doppelte Zeit wie bisher einplant.

Spätestes im Volksschulalter erfährt die Kindersicherung tatsächlich eine neue Dimension. Der Nachwuchs "möchte" nicht nur alles selber machen, sondern sollte es auch großteils tun. Wenn der Sprössling beispielsweise mit den Eltern eines Freundes oder den Großeltern unterwegs ist, ist es nichtnur sinnvoll, sondern auch beruhigend zu wissen, wenn das Kind nicht nur weiß, DASS sondern auch WIE es sich korrekt anschnallt und im Idealfall darauf besteht (selbstverständlich entbindet das den Lenker nicht von dessen prinzipieller Verantwortung!).

So schnallst du"s

Damit das Kind ordnungsgemäß und sicher angeschnallt ist, braucht es zuerst den passenden Sitz und den entsprechenden Einbau im Auto (bei Fragen wenden Sie sich bitte an die Experten bzw. finden Sie wertvolle Informationen auf der Seite www.autokindersitz.at).

Wer nun glaubt, dass es mit "Kind in den Sitz -Gurtschloss schließen -festzurren" getan ist, der irrt. Auf Nummer sicher gehen Sie und Ihr Kind, wenn Sie anhand der folgenden Checkliste vorgehen:

Setzen Sie das Kind (bzw. es sich selbst) so gerade und aufrecht wie möglich auf und in den Sitz hinein, eventuell den Popo gerade rücken. Denn wenn das Kind schief sitzt, könnten die Gurte ungleich lang und somit nicht sicher sein. Schlampig sitzende Kinder riskieren - ebenso wie Erwachsene -eher ein Durchrutschen unter dem Beckengurt (Submarining =bedeutet, dassder Körper bei einem Frontalunfall mit einem Kraftfahrzeug unter dem Hüftgurt hindurchrutscht. Dadurch können schwere bis tödliche Verletzungen an Bauch, Brust oder Hals entstehen.) und damit verbunden ein Eindringen des Beckengurtes in den weichen Bauchraum.

Legen Sie die Gurte flach und straff am Körper an. Fühlen Sie besonders auf der Seite (neben den Oberschenkeln sieht man sie nicht gut) nach, dass der Gurt (bis auf ein wenig Drehung, die in den diversen Systemen nicht zu vermeiden ist) nicht verdreht ist!

Bei Sitzkissen achten Sie auf einen korrekten Verlauf des Gurtes vor allem im Beckenbereich und auch darauf, dass beide Gurtbänder unterhalb der Gurtführungen (seitliche Gurthaken) verlaufen.

Nach dem Schließen des Gurtschlosses die Gurte nochmals nachstraffen -sowohl Brust als auch Beckengurt.

Der Gurt liegt dann straff an, wenn man unter den Oberschenkeln nur mehr mühsam einen Finger unter den Gurt schieben kann

Auf gut gekleidet kommt"s an

Kaum zu glauben, aber auch dicke Kleidung kann die Sicherheit beeinträchtigen. Wattierte und gepolsterte Kleidung behindert den sauberen und straffen Gurtverlauf direkt am Körper. Der Gurt wird somit lockerer und das Kind kann durch-oder herausrutschen. In der kalten Jahreszeit daher bitte vor dem Anschnallen die Jacken/Mäntel zumindest öffnen, sodass der Gurt vorn körpernah platziert werden kann, oder die Jacke ausziehen und nach dem Anschnallen mit der Jacke oder auch einer fix im Fahrzeug platzierten Decke zudecken. So ist dem Kind warm und es ist dennoch gut angeschnallt.

Im Sommer kann es sein, dass bei Trägerkleidern oder kurzen Hosen die Gurte drücken. Im Sitz sollte man deswegen darauf achten, dass kein direkter Kontakt zwischen Gurt und Haut ist, also unter dem Gurt Stoff am Kind ist, so dass es sich nicht scheuern kann.

Wenn der Nachwuchs dennoch streikt

Beim Kleinkind, das die Gefahren im Verkehr nicht versteht, helfen neben Ruhe, Geduld und Konsequenz mitunter kleine Tricks, damit das Anschnallen und Angeschnallt-Bleiben zur freudigen Selbstverständlichkeit werden. Zum Beispiel schnallt man das Lieblings-Kuscheltier oder die favorisierte Puppe mit einem eigenen Gurt ebenfalls an. Konsequenz ist in jedem Fall der Schlüssel zum Erfolg. Wenn sich ein » Kind partout aus dem Kindersitz herauswindet, dann ist eben eine Zeit lang Schluss mit Autofahren. Selbst wenn es für die Eltern ungemein einschränkend ist, auf gemeinsame Ausfahrten zu verzichten: Das Kind lernt schnell, dass hier die Grenze erreicht ist. Wer nicht brav angeschnallt bleibt, bleibt daheim.

Das größere Kind

Machen Sie Ihrem größeren Kind klar, was passieren kann, wenn man nicht angeschnallt ist. Hier hilft ein Vergleich mit der Sprunghöhe, den Kinder leichter begreifen. Der Anprall bei 50 km/h ohne Gurt entspricht 10 Meter Fallhöhe (das ist etwa der dritte Stock). Wer allerdings angeschnallt ist, der springt zwar auch aus dem dritten, für den spannt die Feuerwehr aber ein Sprungtuch!

Falls andere Kinder ihren eigenen erzählen, dass sie ungesichert fahren und es "nicht cool" ist, immer noch in einem "Babysitz" zu sitzen, thematisieren Sie das sowohl mit den Eltern jener Kinder als auch mit Lehrern.

Ist es wirklich Sturheit?

Manchmal verweigert das Kind nicht aus Trotz, sondern hat Angst.Überlegen Sie: Ist das Kind früher einmal schlafend im Auto zurückgelassen worden, allein aufgewacht und hat unter Umständen Angst bekommen? Hier helfen neben Ruhe und Geduld ebenfalls einige der Tipps&Tricks aus unserer nebenstehenden Liste.

Selten, aber doch wird Kindern beim Autofahrenübel -und Sie verweigern aus diesem Grund das Anschnallen. Hier helfen eventuell frische Luft, kein Essen vor Fahrantritt, homöopathische Reisetropfen.

Zu guter Letzt

Bitte denken Sie daran, dass trotz allem SIE als Fahrzeuglenker für Kinder bis zum Alter von 14 Jahren verantwortlich sind und diese sichern müssen (§ 106 Kraftfahrzeuggesetz). Wer diese gesetzlichen Vorschriften missachtet, gefährdet nicht nur das Leben des Kindes, sondern riskiert neben einer Geldstrafe bei der Verkehrskontrolle eine Eintragung ins Führerscheinregister und bei mehrfachen Verstößen auch den Führerscheinentzug. Bei einem Realunfall kann es zu einem Versicherungsregress kommen: Wenn nachgewiesen wird, dass die Unfallfolgen durch den korrekten Einsatz eines Kindersitzes hätten gemildert werden können, dann droht dem Beklagten nichtnur eine gerichtliche Strafe, sondern die beteiligten Versicherungen (Sozial-wie auch Haftpflichtversicherungen) verlangen sämtliche geleisteten Zahlungen vom verurteilten Lenker zurück. Das ist in den meisten Fällen existenzbedrohend. Daher: Anschnallen, bitte! n

TIPPS&TRICKS

Das hilft, wenn die Knirpse&Knilche protestieren:

Lassen Sie das Kind beim Sitzkauf mitentscheiden. Natürlich gilt: Sicherheit geht vor, aber besser Farbe und Design des Bezugs gefallen dem Kind als es passt zum Auto -im Idealfall geht sich sogar beides aus.

Achten Sie darauf, dass der Sitz bzw. der Bezug leicht zu reinigen und waschbar ist. Je mehr Spaß der Kindersitz macht und auch mal schmutzig werden darf, desto besser.

Lassen Sie nicht nur sich, sondern auch dem Kind das korrekte Anschnallen sowieÖffnen und Schließen des Gurtschlosses vom Verkaufsexperten zeigen.

Stellen Sie den Sitz bei dauerhaftem Widerstand immer wieder in den Wohnraum bzw. das Kinderzimmer -so wird er zum selbstverständlichen Gegenstand und somit auch das Anschnallen "ganz normal".

Öffnet das Kind während der Fahrt den Gurt, fahren Sie an den Straßenrand und erklären ihm in Ruhe, dass Sie erst dann die Fahrt fortsetzen, wenn es wieder angeschnallt ist. Wenn das Abschnallenspiel nicht aufhört, bleibt das Kind für einige Tage daheim.

Gehen Sie IMMER mit gutem Beispiel voran und gurten Sie sich IMMER an, auch auf den allerkürzesten Strecken.

Denken Sie daran, dass ein Kindersitz weit weniger Bewegungsfreiheit bietet als ein Autositz für Erwachsene und vor allem längere Fahrten unbequem werden. Legen Sie daher regelmäßig Pausen ein und lassen den Nachwuchs austoben.