"Es gibt Länder, die falsch geplant haben!"

Die Lieferverzögerungen beim Ioniq seien nicht zuletzt auch die Folge der falschen Planungen in einigen Ländern, sagt der Österreicher Thomas Schmid, Europachef von Hyundai.

A&W: Hyundai hat angekündigt, in einigen Jahren zum stärksten asiatischen Hersteller in Europa zu werden. Wie geht es Ihnen dabei?

Thomas Schmid: Wir brauchen pro Jahr noch 140.000 bis 150.000 Stück mehr als derzeit. Unser Ziel für heuer waren ursprünglich 515.000 Einheiten. Ich gehe aber mittlerweile davon aus, dass wir heuer europaweit 540.000 bis 545.000 Neuwagen machen werden.

Das hängt auch damit zusammen, dass Hyundai einige wichtige Modelle neu gebracht hat.

Schmid: Ja. Der Tucson ist mit rund 130.000 Stück das stärkste Modell. Dahinter folgen drei Fahrzeuge, die mit jeweils 90.000 bis 100.000 Einheiten ziemlich gleichauf sind -der i30, i10 und i20.

Auf der IAA in Frankfurt wurde mit dem Kona ein neues, kleineres SUV gezeigt. Besteht nicht die Gefahr, dass es innerhalb der doch recht umfangreichen Palette zu einer Kannibalisierung mit bestehenden Modellen kommt?

Schmid: Nicht wirklich, denn wir wollen mit den Modellen, die wir jetzt schon haben, bei den Stückzahlen gleich bleiben und mit den neuen Angeboten wachsen. Insgesamt erwarten wir vom Kona nächstes Jahr, wenn auch die Mehrheit der Länder damit startet, etwa 55.000 bis 70.000 Einheiten. Das ist auch das Maximum, was wir von diesem Auto vom Werk bekommen können, das ja ab Mitte 2018 auch als batterieelektrische Version auf den Markt kommt.

In den vergangenen Jahren hat Hyundai stark auf alternative Antriebe gesetzt: Doch bei den Auslieferungen des Ioniq gibt es zum Teil monatelange Verzögerungen. Was sind die Gründe dafür?

Schmid: Es stimmt, wir sind mit diesen Modellen am Puls der Zeit: Der Ioniq ist in 3 Versionen zu bestellen, dazu kommen nächstes Jahr der elektrische Kona und das SUV mit Brennstoffzellenantrieb. Doch die Nachfrage ist beim Ioniq doppelt so hoch wie die Auslieferungen: Es gibt Länder, die falsch geplant haben. Wenn sie dann über Nacht das Doppelte der Planungen haben wollen, kann das kein Werk bewerkstelligen. Dochseit Sommer haben wir eine höhere Kapazität, es wird also besser.

Welche der drei Versionen des Ioniq verkauft sich europaweit am besten?

Schmid: Wir sollten Norwegen ausklammern, wo wegen der hohen Incentives der Regierung 54 Prozent der Neuwagen auf elektrifizierte Autos entfallen. Ansonsten ist der Hybrid führend, wobei hier Großbritannien und Spanien führend sind. Dann folgt der batterieelektrische Ioniq, wo Frankreich und die Niederlande am stärksten sind. Doch der Plug-in ist ganz stark im Kommen, vor allem in Frankreich, den Niederlanden, Dänemark und in den skandinavischen Ländern.

Bei der Brennstoffzelle war Hyundai schon vor einigen Jahren ein Vorreiter. Was sind die Ziele mit dem neuen Modell?

Schmid: Wir sind in diesem Bereich europaweit führend und mit 600 Autos in 14 Ländern mit Abstand Nummer 1. Für das neue Modell gibt es jede Menge Vorbestellungen, doch das größte Problem ist die Infrastruktur. In Norwegen, Schweden und Dänemark ist sie okay, auch in einzelnen Bereichen Deutschlands relativ gut. Europapremiere ist in Genfim März 2018.

In welchen Ländern Europas werden die meisten Hyundai verkauft?

Schmid: Nummer 1 ist Deutschland, ganz knapp gefolgt von Großbritannien. Hier geht der Markt wegen des Brexits und des schwachen Pfunds schon seit 6 Monaten zurück, wobei wir auf die Wirkung eines neu eingeführten Verschrottungsbonus für Dieselautos hoffen.

Wie geht es Hyundai mit dem Händlernetz in Europa? Wächst es oder schrumpft es?

Schmid: Wir haben derzeit etwa 1.600 Haupthändler mit 2.100 Outlets. Wir wollen das Netz stärken, aber nicht weiter ausbauen. Wahrscheinlich wird man in Zukunft weniger Händler brauchen. Wichtig ist aber eine gewisse Werkstattdichte, solange es Verbrennungsmotoren gibt.

Hyundai hat immer wieder Verkäufe über das Internet gestartet: Was sind Ihre Pläne?

Schmid: In Großbritannien gibt es einen Digital Store, gemeinsam mit Rockar. Ähnliche Dinge haben wir auch in Oslo und in Madrid, wo der Sohn eines Hyundai-Händlers auf diesem Gebiet aktiv ist. Das hilft uns herauszufinden, ob man konventionelle Händler in den digitalen Bereich transferieren kann. Außerdem gibt es in Finnland eine Mischung aus Online-Verkauf und Social Media.

Wie läuft das Online-Geschäft in Großbritannien?

Schmid: Es heißt "Click to Buy" und läuft gemeinsam mit den Händlern. Der Kunde entscheidet, ob die Auslieferung durch den Händler erfolgt oder ob er das Auto lieber vor der Haustür übernehmen will. Wir haben binnen weniger Wochen mehr als 100 Autos verkauft und ausgeliefert.

Welche Modelle kann man auf diese Weise bestellen? Sind nur Sondermodelle zu haben?

Schmid: Alle. Der Kunde kann sie auch konfigurieren, ganz wie beim Händler. Hingegen ist ein Projekt, das wir gemeinsam mit Amazon in den USA gestartet haben, nicht wirklich eine Erfolgsstory.

Wäre so etwas auch in anderen Märkten denkbar?

Schmid: Wenn das jeweilige Land Interesse hat, ja. Wir haben jedenfalls großes Interesse daran, die Händler zu digitalisieren.

Was meinen Sie damit?

Wichtig ist, die Servicequalität gegenüber dem Kunden wesentlich zu verbessern. Das betrifft zum Beispiel die "Workshop Automation", wo wir seit rund einem Jahr ein Projekt in Irland laufen haben: Der Kunde gibt beim Service den Schlüssel ab und erhält ein Leihauto. Was beim Auto gefunden wurde, wird aufs Mobiltelefon gesprochen. Dieses Projekt wird auf ganz Europa ausgerollt.

Wie ist der Zeitpunkt dafür in Österreich?

InÖsterreich ist das relativ einfach, weil viele Händler einheitliche Systeme haben und mit Motiondata arbeiten. Aber es gibt noch keinen fixen Zeitpunkt.